Schwarz wie Samt
Kaffee trinken gehen.“ Die Cafeteria war klein und gemütlich. Ich betrachtete die Karten, die ich am Infostand gekauft hatte. Ich hätte so gerne auch Bilder gemalt, denn in meinem Kopf gab es viele Ideen dafür. Doch nie hatte ich Zeit gehabt, meine Wünsche auszuleben. Es gab immer viel zu viele Pflichten. Ich sah Salman an, der bedächtig in seinem Kaffee rührte.
„Vielleicht sollte ich auch zu malen anfangen“, sagte ich zu ihm und brachte ein schiefes Grinsen zustande.
Er blickte auf und antwortete: „Wenn du glaubst, dass es dir Spaß machen würde, können wir gleich einkaufen gehen.“
Ich schüttelte den Kopf: „Wahrscheinlich habe ich dafür gar keine Zeit mehr.“, sagte ich niedergeschlagen.
Doch Salman nahm meine Hand und sah mir in die Augen: „Du musst daran glauben, dass du wieder gesund wirst“, sagte er. „Schließlich gibt es viele Medikamente und wenn nötig auch noch eine Chemobehandlung. Doch du selbst musst daran glauben und mitarbeiten.“
Aber auch dieser gutgemeinte Rat half mir nicht weiter, denn meine Gedanken drehten sich schon seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus nur noch im Kreis. Die Schmerzen waren einfach da und auch die Medikamente halfen nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte das Gefühl, dass diese Krankheit mich völlig im Griff hatte und es kein Entkommen gab. Alle versuchten mir Mut zu machen, aber in meinem Innersten befürchtete ich, dass es keinen Sinn hatte. Die Hoffnung, die immer wieder in mir aufkeimte, ging genauso schnell wieder verloren. Ich fühlte auch so etwas wie Schuld an meiner Krankheit. Warum hatte ich nie auf die Ärzte gehört, die mir gesagt hatten, dass ein Eingriff nötig war, um eine Ausbreitung zu verhindern. Ich hatte das immer für übertrieben gehalten und mir wieder einen anderen Arzt gesucht in der Hoffnung, er würde etwas anderes diagnostizieren.
Schließlich war mein Wunsch nach einem Kind nicht zu erfüllen, wenn man mir die Gebärmutter herausnahm oder daran herum schnitt. Es war immer auf das Gleiche hinausgelaufen. Die ernsten Gesichter der unterschiedlichen Ärzte kamen mir immer wieder in den Sinn, wie sie eindringlich auf mich einredeten, mir Therapien vorschlugen, Operationen, „kleine Eingriffe“, wie sie es nannten. Doch meine Angst, dadurch unfruchtbar zu werden, konnten sie mir nicht nehmen.
Salman stand auf. Er hielt mir seine Hand hin und sagte: „Lass uns wieder nach Hause gehen. Ich glaube für heute sind wir genug gelaufen.“ Ich war ihm dankbar, dass er so viel Rücksicht auf mich nahm, denn meine Rückenschmerzen waren inzwischen wieder da und die Morphium Tablette hatte mich nur benommen gemacht. Wahrscheinlich musste ich die Dosis erhöhen, um den Schmerz zu unterdrücken.
Salman rief ein Taxi, das uns zum Alexanderplatz brachte. Dann stiege wir wieder in mein Auto um. Er fuhr noch bei einem Supermarkt vorbei und kaufte Schokolade und neue Pralinen. Er grinste mich an, als er wieder einstieg und sagte: „Da werden wir ein süßes Wochenende verbringen.“
Ich bat Salman, mein Bett auf die Couch ins Erdgeschoss zu bringen, damit ich nicht allein oben bleiben musste. Kaum hatte ich mich hingelegt, klopfte es an der Türe. Salman ging um zu öffnen und Marek kam mit einem Packen Bücher unter dem Arm herein. Er grüßte Salman nur mit einem Kopfnicken und kam zu mir, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. Er zog einen Sessel heran und setzte sich zu mir. „Ich habe dir ein paar wichtige Bücher mitgebracht, die du unbedingt lesen musst.“, sagte er und zeigte auf den Stapel, den er am Fußboden abgelegt hatte.
Mein Dank fiel etwas kläglich aus, denn im Augenblick hatte ich überhaupt keine Lust, irgendwelche Bücher zu lesen. Doch Marek ließ sich nicht beirren.
Er sagte: „Jetzt hast du Zeit, diesen dicken Schmöker von Thomas Mann zu lesen.“ Er zeigte auf den 'Zauberberg', „und wenn du noch weitere Bücher brauchst, kann ich dir alles besorgen, was du willst.“
„Danke, Marek“, sagte ich matt, „ich glaube mir läuft die Zeit davon.“
„Sag doch nicht solchen Unsinn“, antwortete er und blickte zuerst mich und dann Salman an. Salman hatte nicht verstanden, was Marek mit mir sprach, er verstand ja kein Deutsch. Er sah mich nur fragend an. Er bot Marek eine Flasche Bier an und die beiden gingen hinaus, um zu rauchen.
Ich sah, wie Salman gestikulierend auf Marek einredete. Marek sprach nicht gerade gut Englisch und die Unterhaltung der beiden war dadurch recht
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