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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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sah über mich hinweg. Im ersten Moment wusste ich nicht, sollte ich lachen oder weinen. Meine Mutter würde es in jedem Fall falsch verstehen. Ich stand auf und sagte zu meinem Vater gewandt: „Ivan interessiert mich überhaupt nicht, ihr seid wohl alle verrückt geworden?“
    Meine Mutter ging auf den Tresen zu und zeigte auf einen Strauß roter Rosen. „Und was ist das?“, fragte sie mit einem gefährlichen Unterton in der Stimme. Ich zuckte die Schultern. „Keine Ahnung“, sagte ich vorsichtig. Sie nahm ein Kuvert aus den Rosen und las laut vor:
    „Geliebte Arven, ich hätte gerne noch mit dir gesprochen. Nach dieser Tournee werde ich in Berlin bleiben. Ich denke pausenlos an dich!“ Die Unterschrift war nicht zu entziffern.
    Meine Mutter warf den Brief zornig auf den Tisch.
    „Aber das ist doch nicht von Ivan, das ist von Marek!“, rief ich überglücklich. Meine Eltern sahen sich an. „Marek?“, fragte mein Vater, „Wer ist Marek?“
    Ich nahm den Brief an mich und las ihn noch einmal. Die Unterschrift war wirklich unlesbar. Aber dieser Brief musste von Marek sein. Es gab keine andere Erklärung. Die Rosen waren vor einer Stunde von einem Blumenladen abgegeben worden. Frau Koch hatte sie für mich in Empfang genommen.
    „Seit wann lest ihr meine Post?“, sagte ich zornig. Meine Mutter sah noch immer ärgerlich drein. Sie hatte sich zu meinem Vater gesetzt und von seinem Whiskey getrunken.
    „Du warst verschwunden“, sagte sie. Wir hatten keine Ahnung, warum du nach München gefahren bist. Frau Koch hat nur etwas von einem Konzert erzählt. Da haben wir uns eben vorgestellt, dass du zu Ivans Konzert gefahren bist. Seit wir in Deutschland sind, geht es hier drunter und drüber.“
    Ich sah meine Mutter an und sagte: „Es ist auch nicht nötig, dass ihr immer genau wisst, wo ich bin und mit wem ich zusammen bin. Ich bin erwachsen und ich fühle mich hier wohl!“ Sie mussten endlich begreifen, dass ich kein Kind mehr war und mein eigenes Leben führen wollte. Ich stand auf und ließ meine Eltern in der Lobby sitzen. Ich ging in mein Häuschen und öffnete erst alle Fenster, um frische Luft herein zu lassen. Dann ging ich nach oben, um meine Tasche wieder auszupacken. Den Rosenstrauß hatte ich auf den Tisch gelegt.
    Als ich mir in der Küche etwas zu essen machte, klingelte das Telefon. Ich nahm den Hörer ab und sagte: „Ja, bitte?“. „Hallo Arven“, bist du schon wieder in Berlin?“
    Es war Ivan. Ich holte tief Luft und antwortete: „Dich hätte ich jetzt nicht erwartet.“
    Ivan antwortete: „Hast du meine Nachricht erhalten?“
    „Welche Nachricht?“, fragte ich uninteressiert.
    „Na, die Blumen und das Kuvert.“, sagte er triumphierend.
    „Du meinst die Rosen?“, fragte ich ungläubig, „die waren von Dir?“ Ich musste mich hin setzen. „Danke“, sagte ich tonlos.
    „Du freust dich ja gar nicht“, sagte er enttäuscht. „Du bist in München so schnell verschwunden, dass ich gar keine Gelegenheit mehr bekam, mich mit dir zu unterhalten. Ich habe gedacht, dass ich dir damit eine Freude machen kann, um dich über Marek hinwegzutrösten.“
    „So leicht bin ich nicht zu trösten“, antwortete ich.
    „Schade“, sagte Ivan. „Aber das bekommen wir schon in den Griff!“, und er fügte hinzu: „Nächstes Wochenende bin ich wieder in Berlin, dann gehen wir zusammen aus!“
    „Ja, vielleicht“, antwortete ich niedergeschlagen.
    Ich wollte es nicht glauben, die Rosen waren tatsächlich von Ivan und meine Eltern hatten Recht. Ivan war hartnäckiger, als ich geglaubt hatte. Warum gab er sich so viel Mühe mit mir? Er wusste doch, dass ich Marek liebte und nicht ihn.
    Obwohl ich nicht wirklich froh darüber war, dass wenigstens er sich um mich kümmerte, konnte ich ihm keine Vorwürfe machen. Wenn alles stimmte, was er mir über Marek erzählt hatte, benahm er sich vorbildlich und auch meine Eltern hatten keinen Grund, mich vor ihm zu warnen, ging es mir durch den Kopf. Meine Trauer über Mareks Verschwinden war zu groß, als dass ich weiter über dieses Problem nachdenken konnte. Meine Gedanken drehten sich seit meinem Aufenthalt in München nur im Kreis.
    Mein Studium nahm mich in den folgenden Wochen so in Anspruch, dass ich keine Zeit fand, Nachforschungen anzustellen. Außerdem gab es immer wieder Arbeiten im Hotel, die von mir erledigt werden mussten. Eigentlich wäre ich damit voll ausgelastet gewesen. Ivan war in dieser Zeit immer zur Stelle, wenn ich ihn brauchte. Ich

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