Schwarz wie Samt
Ich wünschte es vor allem meinem Vater, für den die intakte Familie immer so wichtig war.
Als ich wieder in meinem Haus war, beschloss ich, Marek anzurufen. Ich musste unbedingt wissen, warum er sich bei mir nicht mehr gemeldet hatte, bevor ich nach Kairo ging. Ich kramte in meinem Adressbuch und fand seine Telefonnummer. Meine Hände zitterten, als ich seine Nummer wählte. Zu meiner Überraschung meldete sich am anderen Ende eine dünne Frauenstimme mit dem Namen Kretschmar. Ich fragte nach Marek.
Die Stimme am Telefon schwieg für einen langen Augenblick, dann sagte sie: „Meinen Sie Marcel?“ Jetzt fiel es mir wieder ein: Marek war nicht sein richtiger Name, das hatte mir Ivan irgendwann einmal gesagt. Doch an „Marcel“ konnte ich mich nicht erinnern. Ich sagte deshalb vorsichtig: „Ja, Entschuldigung, ich habe die Namen verwechselt, ich meinte natürlich Marcel.
Die Frauenstimme sagte leise: „Er ist noch im Studio, er kommt erst später.“
„Ich melde mich noch einmal“, sagte ich enttäuscht und legte schnell auf, bevor mich die Frau nach meinem Namen oder meiner Nummer fragen konnte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Ivan die Wahrheit gesagt hatte: Marek, oder Marcel hatte eine Frau, die in Polen lebte. Hatte er sie mit nach Berlin gebracht? Ich war sehr verunsichert. Ich meinte einen polnischen Akzent erkannt zu haben. Aber vielleicht bildete ich es mir nur ein. Ich wollte ihn später noch einmal anrufen.
Inzwischen hatte es an meiner Türe geläutet. Es war Marnie. Sie brachte mir die versprochenen Bücher vorbei, die Professor Albrecht für mich besorgt hatte. Sie kam herein und sah sich neugierig um. Schließlich fragte sie: „Ist Salman nicht da?“ „Nein, der ist bereits nach Kairo abgereist. Er ist früher geflogen, wegen seiner Prüfungen. Du hast Glück, dass du mich noch antriffst, eigentlich sollte ich auch bereits dort sein.“, sagte ich, indem ich die Bücher auf dem Schreibtisch aufstapelte. „Danke, dass du an mich gedacht hast“, fügte ich hinzu.
Marnie hatte sich auf die Couch gesetzt und sah mich herausfordernd an. Dann sagte sie mit unverholenem Spott in der Stimme: „Grüße ihn recht lieb von mir, wenn du in Kairo bist. Ich hätte mich gerne noch persönlich von ihm verabschiedet.“, fügte sie hinzu. Ich sah sie sprachlos an. Was wollte mir Marnie damit vermitteln? Sie hatte Salman doch nur an unserem Hochzeitsfest gesehen.
Doch sie sagte, wie um meine gedachte Frage zu beantworten: „Wir haben uns vorgestern in der U-Bahn getroffen und Salman ist auf einen Kaffee mit zu mir gegangen.“ Ich hatte das Gefühl, als würde sich die Erde auftun, um mich zu verschlingen. Marnies Gesichtsausdruck zeigte jenes zufriedene Lächeln, das nur Frauen aufsetzen, die exakt das bekommen hatten, was sie wollten. Und was Marnie wollte, war mir durchaus klar. Sie wollte Salman. Einen Moment überlegte ich mir, sie einfach vor die Tür zu setzen, um ihren Triumph nicht zu verlängern, doch dann hatte ich eine bessere Idee.
Ich sagte: „Ich weiß, Salman hat mir erzählt, dass er dich getroffen hat und dass ihm jetzt klar ist, welche Art Frau du bist.“ Marnie sprang vom Sofa auf und rief: „Das hat er nicht! Du lügst!“ Mein Gefühl trog mich also nicht: Marnie hatte Salman verführt und sie hatte geglaubt, ihn hier wieder zu sehen. Das erklärte mir auch Salmans voreiliges Kofferpacken und Schweigen bei seiner Abreise. Für den Moment wusste ich genug.
Doch Marnie geriet erst richtig in Fahrt: „Er hat dich nur geheiratet, weil du so viel Geld hast und er dich nicht aushalten muss“, das hat er mir gesagt und außerdem fand er den Sex mit mir viel aufregender und erotischer!“ Ich bat sie zu gehen und nie mehr wieder zu kommen. Im Hinausgehen rief sie noch: „Er liebt dich nicht, du langweilst ihn zu Tode!“
Wie in Trance ging ich in die Küche, um den Geschirrspüler einzuräumen. Was hatte da Marnie gesagt: „Du langweilst ihn zu Tode?“ Dieser boshafte Satz machte mir am meisten zu schaffen. Was zwischen den beiden wirklich vorgefallen war würde ich vielleicht nie erfahren, aber dass mich Salman als langweilig bezeichnen würde, konnte ich nicht glauben. Überhaupt, dieser Auftritt von Marnie gehörte in die Klamottenkiste. Selbst wenn Salman mit ihr geschlafen hatte, er würde mich nie wegen ihr verlassen, das war unmöglich. Seine Zärtlichkeiten, die vielen Stunden, die wir gemeinsam verbracht hatten. Das konnte doch nicht nur meiner Fantasie
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