Schwarz
Einfluss von Aufputschmitteln zu stehen. Die zwei kauften in der Apotheke ein wie auf Shoppingtour im Warenhaus und gaben der Pharmazeutin dann einen Stapel Rezepte, der so dick war wie ein Lyrikband. Kara hörte, wie jemand eine Zahlungsanweisung der »Tante vom Sozialamt« erwähnte.
»Kara!«, rief ihn die Pharmazeutin auf. Er bezahlte, verließ die Apotheke und atmete draußen gierig die frische Luft ein. Es tat gut, die Gesellschaft der Problemfälle verlassen zu können. Einmal mehr kam er sich vor wie der Glöckner von Notre-Dame.
***
Kati Soisalos Wohnung in West-Herttoniemi befand sich in der Mäyrätie, sieben Kilometer vom Stadtzentrum Helsinki und zweihundert Meter von der Meeresbucht Vanhankaupunginlahti entfernt, direkt am Rand eines Naturschutzgebiets. Nachdem Kati Soisalo Kara die Umgebung und ihre Dreizimmerwohnung vorgestelltund für ihren Gast eine Zitronen-Spinat-Pasta zubereitet hatte, gab sie ihm die E-Mails zu Sibirtek und die Nachrichten mit den Fotos der Mädchen zu lesen, die Paranoid auf Ukkolas Computer gefunden hatte.
Sie hatte das Geschirr in den Spüler gestellt und füllte den Wasserbehälter der Espressomaschine, als sie ihre Neugier nicht mehr beherrschen konnte und zu Kara ins Wohnzimmer marschierte. »Weshalb willst du mir nicht von diesem Metamphetamin erzählen? Und davon, dass du unter Verdacht stehst, eine Straftat begangen zu haben?«
Kara sah aus wie ein Sportler, den man beim Doping erwischt hat. »Ich habe mit diesem Stoff nichts zu tun. Die Polizei hat Drogen im Spülkasten der Toilette in meinem Hotelzimmer gefunden.«
Kati Soisalo dachte einen Augenblick nach. »Jukka Ukkola wäre imstande, es so zu inszenieren, dass du als Schuldiger dastehst. Dieser Verrückte droht mir ab und zu, brüstet sich damit, dass er sich an meiner Familie rächen wird, wenn ich nicht tue, was er will. Heute ist er in der Kanzlei aufgetaucht, hat von deiner Metamphetamin-Geschichte erzählt und gebrüllt, dass ich nun bald dran bin. Und meine Eltern haben heute katastrophale Nachrichten erhalten. Sie besitzen ein Familienunternehmen in Hämeenlinna, das fast hundert Jahre alte ›Hämeen Valo‹. Es ist in großen Schwierigkeiten. Da kommt einem zwangsläufig in den Sinn, dass Ukkola eine Art Rachekampagne gestartet hat …«
»Der Mann müsste ausgeschaltet werden«, sagte Kara und kostete seinen Rotwein.
Keiner von beiden nahm den Faden auf. Kara studierte weiter die Ausdrucke, die auf dem Couchtisch lagen. »Ukkola erwähnt Sibirtek in vielen dieser E-Mails, aber immer nur in Andeutungen. Mal geht es um die Zukunft von Sibirtek, dann um Leistungen dank des Vermögens von Sibirtek, oder es heißt, der Vertreter von Sibirtek sagte dies oder das. Er nennt im Zusammenhang mit Sibirtek nichts, was auf Straftaten verweisen würde, und keinen einzigen Namen, weder den Hofmans noch irgendeiner anderen Person.«
Kati Soisalo schlang in ihrem Sessel die Beine in die Lotusstellung. »Paranoid geht gerade die Adressen der E-Mails durch, die mitSibirtek zusammenhängen, vielleicht findet er Menschen oder Unternehmen, die dahinterstecken. Und auch die Nachrichten allein genügen als Beweis dafür, dass Ukkola irgendwie in die Aktivitäten von Sibirtek verstrickt ist. Er erwähnt Sibirtek das erste Mal 2005, lange bevor der Prototyp von Globeguide und die Abschussrampe von Wartsala verschwunden sind.«
»Das stimmt. Aber es ist kein Verbrechen, den Namen einer russischen Firma zu erwähnen. Auf der Grundlage dieser Nachrichten würde sich die Polizei höchstens für Ukkolas Treiben interessieren, aber das genügt nicht. Wir können nicht monatelang warten. Du musst eine anonyme Anzeige wegen dieser minderjährigen Mädchen erstatten«, verlangte Kara, dessen Gesicht vom Wein leicht gerötet war.
Kati Soisalo breitete einige Fotos auf dem Couchtisch aus. »Jasmine ist sechzehn und Emilia achtzehn. Bis jetzt hat Paranoid nur bei diesen beiden Mädchen das Alter ermitteln können. Im Prinzip belügt Ukkola die Mädchen in keiner seiner Mails, er erzählt nur nicht viel von sich. Und auch sein Alter gibt er immer richtig an. Er bietet den Mädchen kein Geld oder irgendein anderes … Honorar an.«
»Es ist ja wohl egal, was Ukkola den Mädchen erzählt, das ist Verführung Minderjähriger«, erwiderte Kara, der sich für den Gedanken immer mehr erwärmte. »Zumindest bei der Sechzehnjährigen. Ukkola angelt sich minderjährige Mädchen in den Chatforen wie irgend so ein ›netter
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