Schwarz
betreten«, rief seine Sekretärin an der Tür. Birou sprang auf und eilte zum Spiegel. Den obersten Westenknopf geschlossen und die Krawatte geradegerückt, die Cartier lässigauf halber Nasenhöhe und die mit C.A.R.-Pomade von Truefitts abgedunkelten Schläfenhaare auf den Millimeter genau gelegt … Er war furchtbar aufgeregt. Ganz gegen seine sonstigen Gewohnheiten beabsichtigte er heute, aktiv zu werden. Diese Gelegenheit musste er nutzen, die Raketenkrise könnte gut zum Höhepunkt seiner Karriere werden.
Birou stand mit ausgestreckter Hand an der Tür des Besprechungsraums, als der Generalsekretär mit angespannter Miene eintrat, gefolgt von der korpulenten Ronibala Kumari aus Sri Lanka. Die drei setzten sich an den großen ovalen Beratungstisch, der Generalsekretär nahm den Platz des Vorsitzenden für sich in Anspruch, obwohl sie sich in den Räumen des UNODC befanden.
»Die Situation ist wirklich nervenzehrend«, begann der Generalsekretär, der noch schmächtiger als sonst wirkte. »Es erweist sich als unmöglich, Informationen über die Ermittlungen des SIS zur Raketendrohung zu erhalten. Die Briten liefern dem Sicherheitsrat oberflächliche Zusammenfassungen, weil sie nicht allen Ratsmitgliedern vertrauen. Ihre NATO-Verbündeten unterrichten sie bestimmt genau über die Lage und nutzen dabei inoffizielle Kanäle, die USA haben angeblich sogar einen Vertreter im Shield-Krisenstab. Ich habe versucht, mittels inoffizieller Treffen etwas über den Stand der Ermittlungen zu erfahren, aber niemand scheint irgendetwas zu wissen. Man verhängt eine Nachrichtensperre gegen mich, obwohl die erste Rakete der Terroristen auf Gebäude der UN abgefeuert wurde und obwohl wir auch künftig zu den Bedrohten gehören«, fasste der Generalsekretär zusammen und wirkte dabei sehr erregt, was für ihn ganz untypisch war.
Ronibala Kumari stimmte in sein Klagelied ein. »Juristisch sind uns die Hände gebunden. Der Sicherheitsrat hat die Ermittlungen durch einstimmigen Beschluss dem britischen SIS übertragen. In dem Dokument hätte festgelegt werden müssen, wie der SIS den Sicherheitsrat und die Leitung der UN zu informieren hat.« Sie warf dem Generalsekretär einen vorwurfsvollen Blick zu.
»Sollen wir die Hände in den Schoß legen und abwarten, was am 11. Mai passiert?« Die Stimme des Generalsekretärs wurde lauter. »Wollen wir schweigend zuschauen, wenn Hunderte oder TausendeMitarbeiter der UNO, des IWF und der Weltbank am 11. Mai zur Arbeit und in den Tod gehen?«
Birou beugte sich mit ernster Miene zum Generalsekretär hin. »Es ist mir gelungen, ein paar kleine Informationen über den Stand der Ermittlungen zu beschaffen. Das UNODC beschäftigt sich mit der Kriminalität, deshalb haben wir in den UN natürlich die besten Verbindungen zu den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten.«
Der Generalsekretär, der krumm dagesessen hatte, richtete sich ungeduldig auf, und auch Ronibala Kumari hörte aufmerksam zu.
»Es muss angenommen werden, dass Russland irgendwie in das Raketenprojekt verwickelt ist, oder zumindest ein russischer Investor«, begann Birou. »Eine Organisation namens Sibirtek ist aktiv an der Entwicklung sowohl des Steuerungssystems der Rakete von Kenia als auch … anderer finnischer Raketentechnologien beteiligt. Die Behörden haben sogar einen Verdächtigen, im Moment ist es nur ein Name, aber immerhin. Sie tappen nicht mehr ganz im Dunkeln.«
»Eine russische Organisation, das fehlte noch«, erwiderte Ronibala Kumari und schnaufte. »Bis zum nächsten Raketenabschuss bleiben nur noch knapp fünf Tage Zeit. Die Namen derjenigen, die diese Erpressung geplant haben, müssten jetzt aber bald bekannt sein, wenn man die neuen Anschläge überhaupt noch rechtzeitig verhindern will. Wir müssen …«
Der Generalsekretär brachte Kumari mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Was hast du sonst noch herausbekommen?«
Birou bemühte sich, seine Genugtuung zu verbergen, der Generalsekretär fraß ihm ja aus der Hand. Anscheinend glaubte der Mann wirklich, er, Birou, habe angestrengt gearbeitet. »Es scheint so, dass die Behörden mit ihren Ermittlungen gegen Sibirtek auf der richtigen Spur sind. Die Chefs von zwei finnischen Unternehmen, die mit der Organisation Geschäfte gemacht haben, sind in den letzten Tagen in Helsinki gestorben.«
»Ausgezeichnete Arbeit, Birou, woher hast du deine Informationen?«, fragte der Generalsekretär.
»Über Mittelsmänner von den finnischen Behörden«,
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