Schwarz
dabei versagte.
Das dürfte die letzte Warnung gewesen sein.
22
Mittwoch, 6. Mai
Die neunundzwanzig Mitarbeiter des Shield-Krisenstabs, der seinen Sitz im Südwesten der Londoner City unter der Adresse 85 Albert Embankment hatte, wussten nicht, dass es draußen nieselte und ein heftiger Wind wehte, der die Themse Gischt an ihre Ufer sprühen ließ. Man hatte die Shield-Operationszentrale in den Lageraum in der dritten unterirdischen Etage von Legoland, dem Hauptquartier des SIS, verlegt. Die Shield-Mitglieder arbeiteten allein oder in kleinen Gruppen, das Surren der elektronischen Geräte und der Klimaanlage vermischte sich mit dem Stimmengewirr zu einem gleichmäßigen Hintergrundgeräusch.
Der Leiter des Krisenstabs Clive Grover warf einen Blick auf die roten Ziffern der elektronischen Anzeigetafel, er schaute nicht auf die Uhrzeit, sondern auf die Gnadenfrist, die ihnen blieb. Grover fühlte sich erschöpft, unter den Achseln des pinkfarbenen Hemdes sah man dunkle Flecken, die prächtige Löwenmähne war zusammengefallen und nur noch ein verschwitzter, fettiger Haarschopf.
Grover stand auf, ging in die Mitte des Raumes und bat um Ruhe. »Die nächste Rakete wird in vier Tagen und zweiundzwanzig Stunden abgefeuert«, sagte er und eröffnete damit die Besprechung.
»Ich nenne den Ermittlungskomplex, und die jeweils verantwortliche Person gibt eine knappe Zusammenfassung. Beginnen wir mit der Rakete von Gigiri.«
»Die Kooperation mit allen Ländern, die Ortungs- und Aufklärungssatelliten besitzen, funktioniert gut«, berichtete die Frau im Range eines Majors vom Aufklärungsregiment SRR. »Als Abschussort der Rakete konnte die libysche Wüste ermittelt werden, dort, wo die nordöstliche Ecke des Tschad und die nordwestliche des Sudan und der südöstliche Winkel Libyens aufeinanderstoßen, die Distanzbis zur Südwestspitze Ägyptens beträgt ein paar hundert Kilometer. In der Gegend gibt es keine dauerhafte Besiedlung, die nächsten Dörfer liegen Hunderte von Kilometern entfernt. Es ist nicht möglich, aus dem Abschussort Schlüsse zu ziehen, wer die Rakete abgefeuert hat.«
»Und die Teile der Rakete von Gigiri?«, fragte Grover.
»Alle Materialien sind jetzt analysiert«, fuhr die Frau fort. »Anhand der Metalllegierungen und der Bruchstücke von Komponenten ist man nicht weitergekommen, sie wurden alle in konventionellen Betrieben in verschiedenen Teilen der Welt produziert. Den Hersteller eines extrem leichten und beständigen Metallkompositwerkstoffs versucht man allerdings immer noch zu identifizieren.«
Grover dirigierte die Besprechung. »Als Nächstes zum Witwenmacher Ruslan Sokolow und zu den Ereignissen im Sudan.«
Der Leiter der Abteilung für Unterstützungsprozesse des SIS schien erfreut. »Wir sind alle Waffengeschäfte durchgegangen, die der Witwenmacher in den letzten fünf Jahren abgewickelt hat, und wir haben viele dem Globeguide-Steuerungssystem vergleichbare Warenlieferungen aus Tschechien, Bulgarien, Österreich und Deutschland gefunden. Also in den Sudan gelieferte Waren, von denen man weiß, dass der Witwenmacher sie nicht weiterverkauft hat. Es sieht so aus, als wären diese Waren genau wie Globeguide in Khartoum geblieben. Auch dabei könnte es sich um Raketenteile handeln. Wir kennen jetzt neben dem Hersteller von Globeguide auch etliche andere mögliche Verbindungen zu dem, der die Rakete zusammengebaut hat.«
»Eine ausgezeichnete Nachricht«, sagte Grover begeistert. »Und Globeguide und die Situation in Finnland?«
»Ich bin noch nicht fertig«, rief der Abteilungsleiter. »Die sudanesischen Behörden scheinen im Fall der Morde an dem Mitarbeiter des UNODC und am Witwenmacher nichts herauszufinden. Und der Herr Hofman, der den UN vor dem Anschlag von Kenia einen Hinweis auf das Raketenprojekt gegeben hatte, ist nirgendwo zu finden, nicht einmal mit Hilfe von Fotos. Es gibt also einen neuen unbekannten Akteur auf dem Spielfeld. Am wichtigsten ist, dass Hofman,wie wir über das UNODC erfuhren, möglicherweise auch etwas mit Sibirtek zu tun hat, das die Herstellung der Raketenteile finanziert hat. Hofman muss gefunden werden.«
Grover hob den Zeigefinger wie einen Taktstock. »Eine Zusatzfrage. Wird der Abschussort der Rakete in der libyschen Wüste immer noch gesucht? Dort könnte sich nämlich auch die Abschussrampe finden. Wenn auch die finnischer Bauart ist, nimmt zumindest meiner Ansicht nach das Bild von einer Kooperation zwischen Hofman, Sibirtek, finnischen
Weitere Kostenlose Bücher