Ukkola es immer noch, sie zu überraschen. Hatte er schon während ihrer Ehe Pornovideos von Teenagern gesammelt und sich mit Gymnasiastinnen getroffen? Höchstwahrscheinlich. Der Parfümgeruch seiner Hemden und sein Gesäusel, wenn er mit jemandem telefonierte, legten nahe, dass er schon damals seine Bedürfnisse nicht zu Hause, sondern anderswo befriedigt hatte. Kein Wunder, dass er sich nie beklagt hatte, obwohl ihre Bereitwilligkeit im Bett immer mehr abnahm, je länger ihre Beziehung währte. Nachdem Ukkolas krankhafte Charakterzüge offensichtlich wurden, war es ihr gelungen, den Großteil seiner Initiativen zu untergraben, indem sie ihre Regel, Rückenschmerzen und alles mögliche andere vorschob.
Ihr Blick war schon ganz starr, und ihre Schultern taten weh, sie saß bereits seit Stunden am Computer. Aber sie musste eine Waffe gegen Ukkola finden. Die Dateien auf dem Computer, den er zu Hause nutzte, mussten jetzt durchsucht werden, da er seinen Laptop eingeschaltet hatte. Paranoids Programm
Sparta300
hatte die Festplatten von Ukkolas Computer bei der KRP und dem zu Hause immer noch nicht ganz kopiert.
Sie kam mit der Prüfung der Dateien quälend langsam voran, weil sie gezwungen war, in jedem Dokument jede Zeile zu lesen. Außerdem müsste sie sich bald mit der Situation der Firma ihrer Eltern beschäftigen. Auch das war keine einfache Aufgabe: In den Kredit-und Vertragsunterlagen, die sie bisher gelesen hatte, fand sich nichts, womit man sich gegen die Bank oder die Warenhauskette aus St. Petersburg hätte wehren können. Und zu alledem machte ihr Leo Karas Verschwinden Sorgen. Sie wollten zusammen Mittag essen, aber von ihm war weit und breit nichts zu sehen oder zu hören. Und der Herr geruhte auch nicht, sich an seinem Telefon zu melden. Vor Stress beschleunigte sich ihr Puls, der Text auf dem Bildschirm verschwamm, jetzt musste sie eine Pause einlegen.
Kaltes Wasser ins Gesicht, eine große Tasse Espresso und wieder an die Arbeit, beschloss Kati Soisalo. Gedacht, getan, und einige Minuten später saß sie wieder an ihrem Computer und Ukkolas Dateien. Die Hoffnung war nicht sehr groß, auch hier würden sich kaum große Geheimnisse finden, in den Jahren ihres Zusammenlebens hatte sie es nur ein paarmal erlebt, dass Ukkola seinen Laptop benutzte. Meist kam er nur nach Hause, um zu schlafen und sie wegen irgendetwas zu beschimpfen. Tief in ihr saß immer noch der Verdacht, dass Ukkola etwas mit den schlechten Nachrichten zu tun hatte, die ihre Eltern betrafen.
Natürlich könnte sie dafür sorgen, dass Ukkola Schwierigkeiten bekam, wenn sie wegen der Bilder und Videos auf seinem Computer etwa bei der Kriminalpolizei in Helsinki Anzeige erstattete, aber würde das genügen? Die Mädchen sahen zwar jung aus, konnten aber dennoch über sechzehn Jahre alt sein. Und wenn sie die Bilder der Polizei vorlegte, machte Ukkola sich möglicherweise Gedanken, ob sein Computer noch sicher war. Sie brauchte handfeste Beweise, solche, die, wenn es drauf ankam, vor Gericht Bestand hätten.
Kati Soisalo sank vor Enttäuschung in sich zusammen, als sie auch das letzte Dokument von Ukkolas
Eigenen Ordnern
gelesen hatte. Wie sie befürchtet hatte, fand sich nichts, was mit der Arbeit zusammenhing, nur einige Briefe an Versicherungen und Banken, Reisekostenabrechnungen, Versammlungsprotokolle der Hausbesitzergemeinschaft … Jetzt musste sie noch seine E-Mails durchgehen, auch wenn es nicht sonderlich verlockend war, weitere Nachrichten des »netten Onkels« zu lesen.
»… sportlich, jünger aussehend und abstinent …«
»… Jurist, in hoher Position, mit gutem Einkommen, und ich verstehe es auch, Geld auszugeben …«
»… meine Hobbys außer Dir sind japanische Waffen, Sudokus, die Pflege meines Eigenheims …«
Kati Soisalo wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Oh diese Bedauernswerten, die auf so eine Liturgie hereinfielen. Im Ordner der Posteingänge fand sich immerhin eine interessante E-Mail von der Adresse
[email protected]:
»Liebe Freunde,
in aller Eile teile ich mit, dass die Monatsversammlung morgen nicht stattfindet. Ihr wisst, warum.«
Die Unterschrift fehlte, und Kati Soisalo konnte im Internet nicht ein Unternehmen mit dem Namen PGW entdecken. »Ihr wisst, warum«, sagte sie mehrmals vor sich hin. Nach ihrer Kenntnis war Ukkola nicht Mitglied irgendeiner Organisation, Gesellschaft oder eines Männervereins, die sich regelmäßig trafen. Sie ging die restlichen E-Mails in