Schwarz
begrüßte Kati Soisalo erfreut und hätte sich im Überschwang der Gefühle um ein Haar den Kaffee auf die Uniform gekippt.
»Ich möchte zu den Räumen von Etuvartio, aber …«
»Na, dort ist aber heute ein Betrieb. Erst kommt wochenlang niemand, und dann tauchen am selben Tag gleich mehrere Leute auf. Habt ihr dort irgendeine Feier, bin ich auch eingeladen?«, scherzte der Wachmann und präsentierte Kati Soisalo sein schönstes Lächeln, dem nur der linke Eckzahn unten abging. Das Lächeln gefror ihm jedoch auf den Lippen, als Sakke Tirkkonen auftauchte. Ein Kerl wie ein Schrank, der jedem Respekt einflößte, er trug eine Jeansjacke und eine Lederweste, und seine Wange zierte ein Tribaltattoo so groß wie eine Untertasse.
Kati Soisalo wechselte noch ein paar Worte mit dem Wachmann, erhielt eine Karte des Industriegeländes und ging gefolgt von Tirkkonen zum Gebäude der Druckschliffherstellung. Angst erfasste sie.Sibirtek, das möglicherweise sowohl für den Tod von Mettälä und Forslund als auch für den Mordanschlag auf Kara verantwortlich war, hatte etwas mit diesen Räumen zu tun. Doch am helllichten Tage mitten in einem Industriegelände, in dem viele Firmen arbeiteten, würde man ihr und Tirkkonen ja wohl kaum etwas antun, sagte sich Kati Soisalo immer wieder.
Die Druckschliffherstellung war ein großes, hoch aufragendes Durcheinander aus Stahl und Beton. Kati Soisalo versuchte vergeblich ein Schild von Etuvartio zu finden. Es gab nur eine Tür. Sie klingelte, wartete und zog dann an der Klinke. »Das geht alles zu leicht«, dachte sie, als sich die Tür öffnete und den Blick auf eine halbleere, schmutzige und düstere Industriehalle freigab. Der größte Teil der Maschinen war mit Planen abgedeckt. Warum hörte man mitten in der Halle ein lautes Zischen?
»Hier stinkt es nach Schweißgas«, sagte Tirkkonen und marschierte in die Richtung, aus der das Geräusch kam, bis er den Metallbehälter erblickte, der rot glühte, wo die Flammen von drei Schweißbrennern auftrafen. »Was für eine Scheiße ist …«
Kati Soisalo zog Tirkkonen am Ärmel und zeigte auf ein Licht am Ende der Halle. Nebeneinander gingen sie auf die Lichtquelle zu, sahen den Kontrollraum und dann eine Gestalt, die sich auf einen Tisch lehnte. Tirkkonen zog aus seiner Lederweste eine Beretta 92 und bedeutete Soisalo mit einer Handbewegung, hinter ihm zu bleiben.
Etwa zwei Meter vor den Fenstern des Kontrollraums blieb Kati Soisalo stehen. Sie hob die Hände vors Gesicht und versuchte zu entscheiden, ob sie ihren Augen trauen sollte: Der Kopf der Frau sah verformt aus, auf dem Tisch war Blut und … Sie wandte den Blick von der Leiche ab und schnappte nach Luft.
»Verdammt, in was bist du da eigentlich hineingeraten?«, schimpfte Tirkkonen, während er aus dem Kontrollraum herauskam. »Es ist am besten, wir verschwinden hier, und zwar sofort. Diese Frau wurde eben erst umgebracht, das Blut ist noch nicht mal geronnen.«
»Hörst du das?«, rief Soisalo, als es laut polterte, das Geräusch kam aus dem kugelförmigen Metallbehälter. Sie trat näher heran und blieb vor der rotglühenden Wand stehen. Plötzlich klopfte jemandvon innen so laut, dass sie zusammenfuhr. Der Killer würde sich kaum in dem Behälter versteckt haben, sagte sie sich.
»Ich öffne die Luke.«
»Das hört sich an wie eine verdammt schlechte Idee«, flüsterte Tirkkonen, der seine Waffe mit beiden Händen hielt.
Soisalo zog ihre Jacke aus, legte sie auf den glühend heißen Griff und zögerte einen Moment. Dann drückte sie die Klinke nach unten, öffnete die Luke und sah zwei Beine, die in der Luft hin und her pendelten.
»Die Schuhsohlen schmelzen, ihr seid im letzten Moment gekommen«, krächzte Kara und setzte die Füße auf den Lukenrand. »Ich hätte mich nur noch ein paar Minuten an der Strebe halten können.«
Kara schlüpfte durch die Luke hinaus, setzte sich auf den Betonboden und zog sein schweißdurchtränktes Hemd aus. Er kniff die Augen zusammen und schnaufte, sein Gesicht war hochrot wie bei einem Saunawettbewerb.
Es dauerte eine Weile, bis Kati Soisalo die Sprache wiedergefunden hatte. »Was zum Teufel machst du denn hier, du solltest doch im Krankenhaus liegen?«
»Ruf die 112 an«, sagte Kara und streckte sich auf dem Boden aus.
26
Freitag, 8. Mai
Leo Kara saß im Restaurant der Raststätte »Pukaron Paroni«, vierzig Kilometer von der Papierfabrik Voikkaa entfernt, und schob sich mit zitternder Hand das letzte Stück eines
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