Schwarz
Drogen das letzte Mal überprüft worden ist? Wohl kaum. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Drogen Kara gehören, ist genauso groß wie bei jedem anderen Hotelgast, der in dem Zimmer übernachtet hat. Und Kara hat keinerlei Drogenvorstrafen. Der Staatsanwalt würde die Sache wahrscheinlich nicht einmal vor Gericht bringen.«
»Kannst du mir garantieren, dass dieses Bild … vergessen wird?«, fragte Ukkola und hielt das Nacktfoto hoch, das Kati Soisalo ihm gegeben hatte.
»Ohne weiteres«, antwortete Kati Soisalo.
»Na gut, ich lasse mir etwas einfallen. Aber Kara muss auf jeden Fall verhört werden, bevor er das Land verlassen kann. Finnland ist schließlich ein Rechtsstaat, und die Beamten können nicht einfach die Buchstaben des Gesetzes übergehen.«
»Ach nein? Dein Verhalten besagt da allerdings etwas ganz anderes. Und im Übrigen habe ich dieses Gespräch aufgezeichnet«, erwiderte Kara trocken und hielt sein Handy hoch.
Ukkola verließ die Kanzlei und überlegte, wann er das letzte Malsolch einen Hass empfunden hatte. Soisalo und Kara würden dafür zahlen, und zwar mit Zinsen. Kati zu drangsalieren war stets ein Leichtes. Und um das Leben ihrer Eltern zu ruinieren, hatte ein Anruf in der Chefetage der Bank und einer bei den Vertretern von Sibirtek in St. Petersburg genügt. Er würde erneut zum Telefon greifen, sobald er wieder festen Boden unter den Füßen hatte.
Die frische Brise und der Sonnenschein draußen auf der Straße dämpften den Hass, nur die Rachgier blieb. Dieses Gefühl würde er hegen und pflegen wie ein Tigerjunges, er würde es füttern und warm halten und in aller Ruhe zum Killer heranwachsen lassen. Die Zeit der Rache käme jedoch erst später, derzeit gab es für ihn keine Alternative, er musste sich der Erpressung beugen.
***
Kati Soisalo parkte ihr Auto auf der Westendintie in Espoo. Das war garantiert der merkwürdigste Tag in ihrem Leben. Sie hatte tatsächlich vor, die Fährte von Sibirtek weiter zu verfolgen, und das war angesichts der Ereignisse dieses Tages schon erstaunlich. Natürlich wollte sie vorsichtig sein, immer nur eine Karte ziehen und aus dem Spiel aussteigen, sobald die Gefahr zu groß würde. Doch ein Gespräch mit Henri Pohjalas Witwe würde ihre Position wohl kaum verschlechtern. Und wer sonst sollte das in Finnland nun erledigen, da Kara vorhatte, nach Wien zurückzukehren.
Sie öffnete ihre Handtasche und überflog noch einmal das von Paranoid zusammengestellte Profil. Henri Pohjala, geboren 1945 in Hollola, Technische Hochschule, Jobs bei Valmet und Rauma-Repola, ab 1997 Geschäftsführender Direktor der Finnsteel AG und ab 1999 Generaldirektor. 1963 Gründungsmitglied des Zentralverbandes der Sozialdemokratischen Studentenjugend, Sekretär der Freundschaftsgesellschaft Finnland-Sowjetunion … Verheiratet und ein Kind, Dutzende ehrenamtliche Funktionen, viele Orden und ein Hobby: Reisen.
Sein einziges Hobby wurde Pohjala zum Verhängnis. Weihnachten 2007 war er mit seiner Familie zu einem zweiwöchigen Safariurlaub ins südliche Afrika gereist, durch einen Unfall in Botswana ums Leben gekommen und eingeäschert worden. Seine Asche hatte manim südafrikanischen Kapstadt auf dem Tafelberg in der Luft verstreut. Nicht übel, diese Art des Abgangs, fand Kati Soisalo. Sie war alles andere als hoffnungsvoll, es wäre äußerst unwahrscheinlich, dass Pohjalas Witwe etwas wusste, was ihr weiterhelfen würde. Aber Pohjala hatte den Kooperationsvertrag zwischen seinem Unternehmen und Sibirtek unterschrieben. Kati Soisalo wollte zumindest den Versuch unternehmen. Die Aufklärung des Falles Sibirtek würde schließlich bedeuten, dass Jukka Ukkola ins Gefängnis wanderte. Das durfte sie nie vergessen.
Das Frühlingswetter und das Zwitschern der Vögel munterten sie auf, als sie zum Eingang des Eigenheims der Pohjalas ging. Das bunkerartige Haus sah aus wie eine Perle der Architektur aus den siebziger Jahren. Das Schloss am Tor schnappte auf, als sie die Klingel drückte, und Salme Pohjala öffnete die Haustür schon, als sie noch durch den Garten ging. Die großgewachsene grauhaarige Frau lächelte nervös.
»Willkommen. Das ist schon eine Weile her, dass sich jemand für Henris Angelegenheiten interessiert hat. So schnell wird selbst ein wichtiger Mensch vergessen, da reichen ein paar Jahre.«
»Danke, dass Sie zu diesem Treffen bereit waren. Wie ich bereits am Telefon erwähnt habe, bemühe ich mich im Auftrag eines meiner Mandanten, die Tätigkeit einer
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