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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Waswusste sie denn, wo Henri Pohjala sein Brot und seine Wurst besorgte, vielleicht ließ er es sich nach Hause liefern? Doch sie selbst und Kara waren übereinstimmend der Auffassung gewesen, dass sie nun auch die letzte Seite der Geschichte von Sibirtek aufschlagen mussten, nachdem sie der Wahrheit so nahe gekommen waren.
    Sie holte aus der Tasche ihres Blazers einen Stapel Fotos von Henri Pohjala hervor und betrachtete sie zum vielleicht zwanzigsten Mal. Ein kahler Fleck auf dem Kopf in der Form einer Badekappe, eine platte Nase, milchweiße Augenbrauen und grau-blaue Augen – ein echter Herr Puntila. Zumindest würde es ihr keine Schwierigkeiten bereiten, Pohjala zu erkennen. Jussi Ketonen, der ehemalige SUPO-Chef, hatte behauptet, dass Henri Pohjala alles über Sibirtek wusste. War Pohjala der Chef von Sibirtek in Finnland? Oder der Gründer?
    Im selben Moment blieb ihr Blick am Werbeschild eines Spielzeugladens hängen, und der unwiderstehliche Wunsch, für Vilma Geschenke zu kaufen, überkam sie. Wurde sie jetzt langsam verrückt? Warum wollte sie sich selbst unnötigen Schmerz zufügen? Inzwischen hatte ihre chronische Sehnsucht vermutlich längst krankhafte Züge.

31
    Sonntag, 10. Mai
    Auch in der Luft kann man seekrank werden. Das wusste Leo Kara, nachdem er die drei Stunden von Kairo nach El Obeid auf dem Metallsitz einer Transportmaschine des Welternährungsprogramms WFP, einer viermotorigen Iljuschin-76, gesessen hatte. Jetzt näherte sich die Maschine, die heftig vibrierte und einen höllischen Lärm machte, endlich dem Flugplatz. Kara sah durchs Fenster das Logistikzentrum und Lager der UN und den Tower des bescheidenen Gebäudes der Flugsicherung. Es war kurz vor zwölf Uhr mittags. In seinem Bauch rumorte es ungefähr genauso wie vor zwei Jahren in Djakarta, kurz bevor er krank wurde und mit der schlimmsten Magengeschichte seines Lebens flachgelegen hatte. Diesmal kamen die krampfartigen Schmerzen zum einen von dem holprigen Flug und zum anderen von der Anspannung. Würde er in dem Fabrikgebäude etwas finden? Beweise gegen Hofman, für die Beteiligung von Sibirtek an dem Raketenanschlag … Würde es ihm gelingen, rechtzeitig wieder auf dem Flugplatz zu sein und die Abendmaschine des WFP zu besteigen, bevor sein alter Bekannter Oberst Abu Baabas Wind von seiner Rückkehr in den Sudan bekam?
    »Fünf Minuten bis zur Landung!«, dröhnte die Stimme des Flugkapitäns aus den Lautsprechern, und Kara schnallte sich an. Vor knapp zwei Wochen hatte er auf dem Flugplatz von El Obeid geschworen, nie wieder einen Fuß auf sudanesischen Boden zu setzen, aber nun war er doch wieder da. Im unangenehm heißen, staubigen und gefährlichen Sudan. Kara holte seinen Rucksack unter dem Sitz hervor, nahm ein paar von den Dialar-Pillen, die er in Wien gekauft hatte, aus der Dose und steckte sie in seine Tasche. Er fürchtete, es könnte sich herausstellen, dass die ganze Reise für die Katz war. Was bildete er sich denn ein in der Fabrik zu finden? Die Fachleute vom SAS hatten sie doch bereits durchsucht.
    Das Flugzeug schaukelte im Seitenwind, landete weich auf dem schwarzen Asphaltband, das den roten Sand durchschnitt, und rollte bis vor das Lager des WFP. Die Türen des Frachtraumes öffneten sich quietschend, und schwüle Luft strömte in die Maschine. Kara schaltete sein Handy ein, das sofort den Eingang einer SMS signalisierte. Er las Bethas Nachricht.
    »Leo, bleib auf dem Flughafen von El Obeid. Wir haben die von uns gesuchte Person gefunden. Im Sudan kann es bald unruhig werden!!!«
    Kara trat über die Verladebrücke hinaus ins grelle Licht und dachte, dass der Anblick vom Flugplatz aus irgendwie an die Schlussszene des Films »Unheimliche Begegnung der dritten Art« erinnerte, in der Piloten des Zweiten Weltkriegs nach jahrzehntelanger Gefangenschaft aus einem Raumschiff freigelassen werden.
    Er hob die Hand über die Augen. Die Gabelstapler und Lastkraftwagen, die am Rande des Flugplatzes gewartet hatten, fuhren schon an die Maschine heran. Vor dem Logistikzentrum der UN stand auch ein grüner Armeejeep, die Fahrzeuge des WFP und der UN waren aber weiß. Beunruhigt schaute Kara genauer hin: Der Mann auf dem Vordersitz des grünen Jeeps hielt doch nicht etwa den Kopf schief?
    Kara brachte sich in Deckung hinter dem nächsten Gabelstapler, als er Oberst Abu Baabas erkannte. Wie zum Teufel war es möglich, dass Baabas von seiner Ankunft wusste? Er musste sich verstecken, bevor dieser Gabelstapler an der Reihe

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