Schwarz
verhindern. Hatte Hofman ein Telefon? Kara tastete widerwillig die Taschen des toten Riesen ab, als hinter ihm eine Stimme erklang, die er jetzt am allerwenigsten hören wollte.
»Suchst du das?«, fragte Oberst Abu Baabas und hielt Hofmans Pistole hoch. Neben ihm stand ein sudanesischer Soldat, ein Kerl wie ein Schrank.
Kara begriff die Alternativen sofort: Entweder er floh oder er starb. Er machte zwei schnelle Schritte in Richtung Tür, schrie auf, als der Schmerz ins Fußgelenk schnitt, nahm Anlauf und rammte den Kopf gegen Baabas’ Brustkorb. Die beiden wurden auf den Soldaten geschleudert. Die Waffe fiel Baabas aus der Hand, und Kara konnte sie nicht mehr sehen. Er kam auf die Knie und sah, wie Baabas etwas aus seinem Hosenbund zog und der Soldat die Hand nach der Waffe auf dem Fußboden ausstreckte. Kara verpasste dem Soldaten mit aller Kraft einen Faustschlag auf den Hinterkopf und konnte sich noch Baabas zuwenden, doch da traf das Stahlrohr seinen Oberarm mit solcher Wucht, dass scheinbar der Knochen brach.
Kara fiel auf den Rücken und stieß mit seinem gesunden Fuß die Waffe näher zu sich heran. Dann wälzte er sich auf den Bauch, schlug die Hand auf Hofmans Pistole und spürte, wie ihm die Luft aus der Lunge gepresst wurde, als Baabas sich auf ihn fallen ließ. Der Griff der Waffe lag in seiner Hand, aber er konnte sich nicht bewegen, seine Kräfte reichten einfach nicht. Das Stahlrohr krachte auf seine Finger, und die Waffe entglitt ihm.
Baabas nahm die Pistole, stand auf und stieß die Leiche mit einem Fußtritt vom Stuhl. Dann setzte er sich auf genau diesen Stuhl und hielt Hofmans Waffe hoch.
»Das ist eine wichtige Pistole. In dem Magazin stecken die gleichen Black-Talon-Geschosse, mit denen Ewan Taylor und der Witwenmacher Ruslan Sokolow getötet wurden. Und jetzt finden sich auf der Waffe auch deine Fingerabdrücke. Das ist sehr praktisch, so kann ich dir ohne Mühe auch Hofmans Tod in die Schuhe schieben«, sagte Baabas, während der Soldat aufstand und sich das Genick rieb.
Kara drehte sich auf den Rücken und pumpte Luft in seine Lungen. Er spürte seinen Herzschlag im Fußgelenk, und eine Hand war gefühllos. Warum hatte er nicht sofort nach dem Aufwachen Betha die Koordinaten durchgegeben?
»Die UN werden unabhängige Ermittlungen zu meinem Tod verlangen. Schon allein die Untersuchung der Schmauchspuren wird beweisen, dass ich Hofman nicht erschossen habe«, krächzte Kara.
»Du vergisst, wo wir sind. Hier im Sudan lässt sich die Rechtsprechung leicht … steuern. Von Hofman oder dir wird man keine einzige Probe nehmen.«
»Wieso wusstest du, dass du mich hier findest? In der Fabrik?«, fragte Kara.
»Ich musste dieselbe Person anrufen, die mir den Tipp gegeben hat, dass du in den Sudan zurückkehrst. Ich verstehe gut, warum dein Vorgesetzter Birou dich loswerden will.« Baabas nickte dem Soldaten zu, der Kara den Lauf seiner Waffe zwischen die Schulterblätter drückte und ihn in die Fabrikhalle schubste. Er wurde auf einen Stuhl neben einem riesigen Dreiphasengenerator gedrückt. Baabas riss ihm das Hemd herunter und fesselte ihn mit Handschellen an die Maschine.
»Du kannst mir glauben, dass ich auf diesen Augenblick sehnlichst gewartet habe. Seit unserer ersten Begegnung«, sagte Baabas. »Ich würde dich lieber in den Räumen von
Al-amn al-ijabi
verhören, wir haben dort gute Instrumente. Aber wir kriegen auch hier etwas zustande.«
Baabas entfernte mit dem Messer eines Universalwerkzeugs dieIsolierung am Ende eines Stromkabels und befestigte es am Generator. Das andere Ende des Kabels hielt er in der Hand. Als er den grünen Knopf drückte, startete das Gerät mit beträchtlichem Lärm. Ganz offenkundig genoss der Oberst die Situation.
»Ein Dieselaggregat. Ich habe keine Ahnung, was für eine Amperezahl damit erreicht wird, aber das wird sich herausstellen, wenn man es ausprobiert. Du bist sicher schon für die erste Frage bereit. Wusstest du, dass Rashid Osman der Schöpfer des Raketenplans war? Dass er Nazir gewesen ist? Wusstest du, dass die Briten ihn überwacht haben?«
»Das waren schon ziemlich viele Fra . . .« Kara brach mitten im Wort ab, als Baabas das Kabelende an seine Brustwarze hielt. Es war wie ein heftiger Tritt aufs Zwerchfell, dann spannte ein eisiger, metallischer Schmerz den ganzen Körper. Die Muskeln brannten, auf der Zunge spürte er den Geschmack von Stahl … Kara sackte zusammen wie eine Stoffpuppe, als der Stromschlag aufhörte.
Baabas
Weitere Kostenlose Bücher