Schwarz
packte ihn am Kinn und hob seinen Kopf. Die Augen öffneten sich einen Spalt, er wurde von Krämpfen geschüttelt. »Der Generator scheint genug Strom zu liefern. Jetzt ist die zweite Frage an der Reihe. Rashid Osmans Hubschrauber wurde gestern über der Sahara abgeschossen. Die Briten kamen Osman offenbar auf die Spur, weil ich ihm deine Informationen weitergegeben habe. War das deine Absicht?«
Kara zitterte immer noch von der Wucht des Elektroschocks. Er schaute Baabas an und schätzte die Lage ein: Seine andere Hand war frei, und Baabas stand einen Meter entfernt. Was hatte er denn noch zu verlieren? Er warf sich auf Baabas, die Kette der Handschellen spannte sich klirrend, aber er erreichte die Pistole und riss sie Baabas aus der Hand. Dann richtete er den Lauf der Waffe auf ihn und drückte ab. Sie war nicht entsichert.
Kara schaffte es nicht mehr, den Daumen zu bewegen, Baabas drückte bereits das Elektrokabel an seine Brust, und um ihn herum wurde es dunkel.
***
Rashid Osman saß in der Zelle des Flugzeugträgers »Ark Royal« und schaute auf seine Uhr, die Rakete würde in einer halben Stunde starten. Er hatte es geschafft. Das »Waterboarding« hatte er zweimal durchgestanden und die letzte Folter auch, bei der sein Kopf immer für zehn Sekunden in ein Wasserfass getaucht worden war. Er hatte nicht kapituliert und das Ziel der Rakete nicht verraten. Rashid Osmans Motiv war so unerschütterlich wie ein Fels: Er wollte Zeuge sein, wie der UN-Generalsekretär starb, das war der verdiente Lohn für zwanzig Jahre Warten.
Die Stahltür schepperte unter der Wucht seiner Schläge, es dauerte nur einen Augenblick, da erschien der junge Unterleutnant an der Tür.
»Ich bin bereit, zu verraten … zu sagen, was ihr wissen wollt. Aber ich rede nur mit dem Kapitän des Schiffs, ich bin schließlich der Zweite Vizepräsident des Sudan und …«
Der Unterleutnant entfernte sich, während er noch sprach, und kehrte zwanzig Sekunden später mit roten Wangen und aufgeregter Miene zurück.
Neben ihm lief Osman Hunderte Meter durch die schmalen Gänge des Schiffs und wich den Entgegenkommenden aus, die ihn mit neugierigen Blicken bombardierten. Dann blieb der Unterleutnant endlich vor der Kapitänskajüte stehen, klopfte an, erhielt die Erlaubnis einzutreten und stellte Rashid Osman dem Kapitän John Flint vor. Der Kapitän gab dem Gefangenen genauso höflich die Hand wie jedem anderen Gast. Die Kajüte bestand aus dem Arbeitszimmer mit Telefonen, Computern und einem Schreibtisch sowie dem privaten Bereich. Durch den Türspalt sah man ein schmales Bett und einen Nachttisch.
»Sie haben noch einen Augenblick Zeit, mir das Ziel des Raketenanschlags zu nennen. Morgen werden Sie verlegt und an einem anderen Ort verhört, und ich befürchte, Ihre Behandlung wird sich nicht wirklich verbessern«, sagte Flint.
Osman lächelte. »Sie werden sicher verstehen, dass ich Ihnen jedes beliebige Ziel nennen könnte. Sie verfügen nicht über die Mittel, meine Aussage zu überprüfen.«
»Sind Sie sich eigentlich über Ihre Lage im Klaren? Ihr Hubschrauberwurde in der libyschen Wüste so perfekt zerstört, dass niemand nach Ihrer Leiche fragen wird. Offiziell sind Sie gestern gestorben, aber in Wirklichkeit werden Sie Ihr restliches Leben dort fristen, wo man Sie nach einer entsprechenden Entscheidung der britischen Sicherheitsbehörden verstecken wird. Guantánamo ist nicht das einzige Spezialgefängnis für Terroristen in der Welt. Wenn Sie sich uns gegenüber kooperativ zeigen, wird das sicher honoriert werden. Also nennen Sie mir das Ziel des Raketenanschlags.«
Die Worte des Kapitäns schockierten Osman so sehr, dass er sich setzen musste. Bluffte der Mann, oder beabsichtigten die Briten tatsächlich, ihn, den sudanesischen Vizepräsidenten, in irgendeinem ihrer geheimen Gefängnisse einzusperren? Er dachte fieberhaft nach. Den Verzicht auf seine Rache zog er nicht einmal in Erwägung. Er musste sich etwas anderes einfallen lassen … Osman schaute auf seine Uhr und hatte eine Idee. Er würde noch einen Augenblick auf Zeit spielen. Wenn er das Ziel des Anschlags erst im allerletzten Moment verriet, konnte das Haus E der UNO-City nicht mehr rechtzeitig evakuiert werden, der UN-Generalsekretär würde sterben. Und er sammelte vielleicht trotzdem bei den Briten ein paar Sympathiepunkte. Wer weiß, vielleicht wären die letzten Augenblicke im Leben des Generalsekretärs noch entsetzlicher, wenn die Evakuierung Tausender Menschen
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