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Schwarz

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Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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des Wahnsinns, in die Scheidung, auf die Couch von Psychotherapeuten getrieben … Schließlich hatte er beschlossen, herauszufinden, wer aufgrund seiner Feigheit das Leben verloren hatte. Das UNHCR führte zwar Buch über die in den Lagern verstorbenen Menschen, aber die Angaben waren nur summarisch; vor allem die außerhalb des Lagers gestorbenen Flüchtlinge oder das, was die Aasfresser von ihnen übrig ließen, wurden meist erst Tage oder Wochen nach ihrem Tod gefunden, wenn überhaupt. Er war alle Flüchtlinge durchgegangen, die in dem Lager innerhalb eines Monats nach seinem Besuch gestorben waren. Tausende Namen, Tausende traurige Geschichten.
    Alles völlig vergebens. Er musste damit leben, dass durch seine Feigheit im Wald von Itang mindestens ein, vielleicht sogar vier Menschen ums Leben gekommen waren. Er hatte versucht, seine Tat nicht nur mit seiner Arbeit in der UNO, sondern auch dadurch wiedergutzumachen, dass er einen großen Teil seiner Einkünfte anderen Kinderhilfsorganisationen spendete. Alles Mögliche hatte er getan, um die Stimme seines Gewissens zum Schweigen zu bringen.
    »Die Ankunft des Flugzeugträgers ›Ark Royal‹ der britischen Flotte im Golf von Aden bestätigt Gerüchte, wonach eine umfangreiche Militäroperation vorbereitet wird. Nach Aussage eines Vertreters des britischen Außenministeriums, der ungenannt bleiben wollte, hängen die Vorbereitungen mit dem Anschlag auf das Hauptquartier der UN in Kenia vor zwei Wochen zusammen«, berichtete der BBC-Re porter .
    Der Generalsekretär verstand sehr gut, was Unmenschen hervorbrachte, die bereit waren, eben auch die UN mit Raketen anzugreifen. Wer wusste schon, was aus dem Jungen geworden war, den er in Itang im Stich gelassen hatte? Falls es ihm gelungen war, den Soldaten der SPLA zu entkommen. Was würde der Mann wohl jetzt von ihm denken, von einem Ausländer, einem UN-Mitarbeiter, der geflohen war und ihn mitsamt seiner Familie dem Tod überlassen hatte. Bestimmt hasste er sowohl ihn als auch die UN so sehr, dass er zu allem bereit wäre.
    Der Generalsekretär schaute kurz auf seine Armbanduhr. Der Marschflugkörper würde in drei Minuten starten, und mit keiner Waffe der Welt könnte man ihn noch aufhalten, wenn er erst in der Luft wäre.
    ***
    Rashid Osmans Wunsch war erfüllt worden, der Zweite Vizepräsident des Sudan stand auf der Kommandobrücke des Flugzeugträgers »Ark Royal« neben dem ledernen Thron des Kapitäns und schaute durch die großen Fenster zu, wie das Katapult ein Jagdflugzeug vom Typ Harrier GR7 hinausschleuderte, das innerhalb weniger Sekunden eine Geschwindigkeit von zweihundertsechzig Stundenkilometern erreichte. Die Rakete würde in drei Minuten gestartet. Dutzende Bildschirme auf der Brücke lieferten eine Fülle von Informationen: die Position des Flugzeugträgers, Radaraufnahmen, Kommunikationsverkehr und Wetterdaten, Standorte der Flugzeuge auf dem Schiff und taktische Informationen. Man spürte die Anspannung der Offiziere.
    Kapitän Flint hatte die Warterei satt. »Zum letzten Mal, Herr Osman: das Ziel des Anschlags.«
    Rashid Osman schaute kurz auf seine Uhr, er hatte erfolgreich auf Zeit gespielt und wollte dem Kapitän erst etwas antworten, wenn er dazu gezwungen war. Hauptsache, er durfte auf der Brücke bleiben, um Augenzeuge seines Triumphs zu werden: der Zerstörung des Hauses E mitsamt dem Generalsekretär.
    »Kapitän«, sagte der Erste Steuermann und reichte ihm das Telefon.
    Der Kapitän hörte schweigend zu und kritzelte gleichzeitig etwas auf einen Zettel.
    »Der SIS kennt die Koordinaten des Raketenstandorts. Suchen Sie ihn auf den Satellitenbildern, hier sind die Daten«, erklärte der Kapitän und reichte dem Ersten Steuermann seinen Zettel. »Ein ›Trafalgar‹-U-Boot hat eben zwei ›Tomahawks‹ auf den Standort der Rakete abgefeuert.«
    Rashid Osman lächelte, er verstand nicht, was Kapitän Flint damit bezweckte, die Briten konnten auf gar keinen Fall wissen, wo sich die Rakete befand. Das war unmöglich.
    Er schaute gebannt auf das Satellitenbild, das auf einem großen LCD-Bildschirm erschien, immer mehr vergrößert wurde und schließlich eine weiße Kontur in Zigarrenform enthüllte: Das war seine Rakete in ihrer ganzen Pracht. Osman bekam eine Gänsehaut, als er die Krönung seines Plans betrachtete. Die Rampe hob sie schon in Abschussposition. Osmans Fingernägel drangen tief ins Fleisch ein, als er die Faust ballte.
    Seufzer und Flüche erklangen auf der Kommandobrücke

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