Schwarz
Araber. Die gegenwärtige goldene Ära des Geschäfts mit Sklaven begann nach derMachtübernahme von Präsident al-Bashir 1989. Die Regierung verschloss die Augen vor dem Menschenhandel, das Streben nach einem multikulturellen Sudan wurde durch die Islamisierung und die Stärkung der Herrschaft der Araber ersetzt, und die Versklavung der nichtarabischen Völker wurde zu einem Mittel der Politik. Diese Entwicklung ging auch heute weiter, und das konnte Baabas nur recht sein. Er leitete die vielleicht effizienteste Sklavenmarktmaschinerie der Welt; einen Sklaven konnte man im Sudan fast genauso einfach kaufen wie ein Auto. Dank der Kriege in den letzten Jahrzehnten hatten die arabischen Soldaten aus den von ihnen zerstörten Dörfern unendlich viele Menschen entführen können. Ein Teil von ihnen wurde als Haussklaven für die Arbeit im Haushalt verkauft, andere als Feldsklaven, die das Vieh versorgten und die Felder bestellten, und wieder andere als Sexsklaven. Den Rest verkaufte man in die Nachbarländer, in andere arabische Staaten und auch in weiter entfernte Länder.
Solch eine Begierde hatte Baabas schon lange nicht mehr verspürt, es war ein Wunder, dass er es am Vorabend geschafft hatte, sich zu beherrschen, aber er wollte die Vorfreude auf die Belohnung genießen, die er heute erhalten würde. Außerdem musste die Ausbildung eines neuen Mädchens vorsichtig begonnen werden. Anfangs durfte man nicht zu viel Interesse zeigen, sonst bildete sich das Mädchen womöglich ein, etwas wert zu sein.
»… auf dem als Mordwaffe verwendeten Messer konnten keine Fingerabdrücke gefunden werden, das System der Überwachungskameras hatte jemand vor dem Mord ausgeschaltet, und in der Nachbarschaft ist niemandem etwas aufgefallen, bevor die Villa in Flammen stand. Im Arbeitszimmer des Witwenmachers fand sich nur sein Blut und das von Leo Kara, und auf den wenigen Unterlagen, die nicht verbrannt sind, haben wir nichts entdeckt, was zur Aufklärung des Verbrechens beitragen könnte. Der Witwenmacher hat Waffen an unzählige Abnehmer verkauft, es würde eine Ewigkeit dauern, all seine Kundenkontakte durchzugehen.«
Der Bericht interessierte Baabas kaum, er hörte vor allem deshalb zu, weil er hoffte, dass die Ermittlungsgruppe auf irgendein Beweisstück gestoßen war, das er gegen Leo Kara verwenden könnte. Erselbst hatte Kara wegen der Morde an Taylor und am Witwenmacher schon schuldig gesprochen, nichts dürfte mehr verhindern, dass der Mann auch von einem Gericht verurteilt wurde. Wenn es irgendjemand verdiente, in Khartoum gehängt zu werden, dann Kara.
Er stand auf, ging ans Fenster und schaute hinaus auf den Friedhof Farough. Die Umgebung passte perfekt zum Hauptquartier der Nachrichtendienste. Wie viele Feinde des Sudan hatte er im Laufe der Jahre unter diese Erde gebracht? Nicht genug jedenfalls, es konnten gar nicht genug Weiße sein, sie wollten den Sudan wie auch alle anderen Völker mit ihrer Scheindemokratie und ihren anderen Mantras unterjochen.
»Immerhin eine interessante Entdeckung haben wir aber gemacht«, schloss der Hauptmann, und zum ersten Mal hörte Oberst Baabas ihm mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu. »Von der Al-Baraka-Bank wurden nur ein paar Stunden nach dem Mord am Witwenmacher dreißigtausend Euro auf Leo Karas Konto überwiesen.«
Baabas lächelte. »Da sind wir wohl gezwungen, Kara noch einmal zu verhören.«
***
Leo Kara hatte die Nummer auf der Visitenkarte von Katarina Kraus zigmal angerufen und ihr außerdem mehrere E-Mails mit Ausrufezeichen geschickt. Er hatte alles versucht, sie zu erreichen, denn er wollte Khartoum nicht verlassen, ohne zu wissen, ob ihr Kunde Herr Hofman ihm bei der Suche nach Ewans Mörder helfen konnte und wollte. Die Zeit wurde langsam knapp, und er stand noch mehr unter Druck als sonst; heute zwang ihn seine innere Unruhe, aktiv zu sein, und manchmal lähmte sie ihn vollkommen. Er war nicht im allerbesten Zustand, das wusste er genau.
Vielleicht kannte man in der Zentrale Katarina Kraus oder ihren Arbeitgeber, möglicherweise hatten sie die Rufnummer des Büros oder den Namen des Hotels, hoffte Kara und verließ sein Zimmer.
In der Telefonzentrale des Khartoumer UN-Hauptquartiers saßen zwei gelangweilte Wachmänner in den hellblauen Hemden der UN. Der eine starrte auf die Monitore mit den Bildern der Überwachungskameras, und der andere sprach mit ruhiger Stimme am Telefon.Kara wartete darauf, dass der Mann auflegte. Unterdessen warf er einen Blick auf die
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