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Schwarz

Schwarz

Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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schaute mit klopfendem Herzen in den Rückspiegel. Der Oberst und seine Männer blieben stehen – er hatte Glück gehabt! Aber was würde Górski tun, wenn ihm klar wurde, dass er aus dem Sudan fliehen wollte? Würde er es Baabas sagen? Wohl kaum, der Pole musste doch, genau wie er selbst, Birou und dem Chef der Sudan-Operation gehorchen. Dennoch könnte Baabas auf den Hauptzufahrtswegen Khartoums Straßensperren errichten lassen.
    Diese Bedenken machten Kara weiter zu schaffen und legten sich auch nicht, obwohl die Fahrt genauso ruhig verlief, wie es der Fuhrparkchef versprochen hatte. Der Asphalt flimmerte, die Landschaft wurde vom rötlichen Sand beherrscht, nur manchmal sah man kleine Geröllhaufen, einzelne Büsche und Akazien, und zuweilen kam ihm ein Kamel entgegen, das seinen Reiter träge wiegte. Gott sei Dank hatte das Auto eine Klimaanlage. Er fuhr auf der fast leeren Landstraße hundertzwanzig und wäre auch noch schneller gewesen, hätte er nicht Angst vor Schlaglöchern gehabt. Würde Helen weiter Kontakt zu ihm halten, nun, da Ewan tot war? Der Gedanke kam ihm ganz unerwartet. Wenn die Verbindung zur Familie Taylor verlorenginge, gäbe es in seinem Leben ein großes schwarzes Loch. Für ihn war Ewans Familie fast wie seine eigene, an allen Familienfeiern der Taylors hatte er teilgenommen und auch die Feiertage ohne Ausnahme entweder bei den Taylors oder bei Betha Gilmartin verbracht.
    Kurz vor der Stadt Kusti, nach knapp dreihundert Kilometern, passierte genau das, was Kara befürchtet hatte: Hinter einer scharfen Kurve tauchte eine Straßensperre auf. Er trat auf die Bremse, begriff aber im selben Moment, dass er schon zu nahe an der Sperre war, zum Umkehren war es zu spät. Jetzt musste ihm irgendetwas einfallen.
    Zwei dunkelhäutige Soldaten näherten sich Karas Geländewagen, und neben der Schranke standen noch drei Bewaffnete und ein Geländewagen der Armee. Einer der beiden richtete sein Sturmgewehr auf den Jeep, und der andere ging um den Wagen herum, um zu kontrollieren, was sich auf der offenen Ladefläche befand. Die Männersahen eher wie Rap-Künstler aus und nicht wie Soldaten: Ihre Barette trugen sie, wie es ihnen gerade einfiel, fast auf dem Ohr oder auf dem Hinterkopf, und die offenen Tarnjacken waren viel zu groß und hingen an ihnen wie Zeltplanen. Im Mundwinkel steckte eine brennende Zigarette.
    Karas Gehirn ratterte auf Hochtouren, war die Straßensperre seinetwegen errichtet worden? Baabas selbst konnte auf keinen Fall an der Schranke auf ihn warten, niemand hatte ihn auf der Fahrt von Khartoum bis hierher überholt. Hatten die Männer ein Foto von ihm? Sollte er versuchen …
    Der Soldat klopfte mit dem Gewehrlauf an die Scheibe des UN-Jeeps. Rasch öffnete Kara sie und sah das Weiße im Auge des Soldaten gelblich schimmern. Man roch, dass der Mann etwas anderes rauchte als Tabak. Kara grüßte freundlich auf Arabisch, und der Soldat verlangte den Pass und den Passierschein.
    Kara reichte ihm die vom Fuhrparkchef ausgefertigten Dokumente und suchte dann etwas in seinen Taschen, fand es aber nicht und begann mit besorgter Miene in den Fächern der Tasche zu wühlen, die auf dem Vordersitz lag. Schließlich gab er dem Mann mit dem Gewehr die Ausweiskarte, die er sich am vergangenen Freitag von einem kroatischen UN-Polizisten geliehen hatte. »Meinen Pass habe ich anscheinend in El Obeid gelassen, ich war nur auf einen Sprung in Khartoum und habe Material ins Hauptquartier gebracht.«
    Kara bekam allmählich Platzangst, er saß hier drin angeschnallt und wartete, während der Soldat über seine Zukunft entschied. Sah er dem Kroaten ähnlich? Sie waren beide blond und hatten einen Igelschnitt, aber der UN-Polizist war pausbäckig und braunäugig. Wenn sie die Straßensperre seinetwegen errichtet hatten, würden die Soldaten seine Dokumente garantiert genau in Augenschein nehmen und sich von dem Ausweis nicht täuschen lassen. Ein Angriff auf die Männer kam nicht in Frage, dazu waren es zu viele. Der Schweiß perlte auf seiner Stirn, jetzt durfte er nicht nervös wirken, er musste …
    »Ohne Pass darf man den Kontrollpunkt nicht passieren«, sagte der Soldat, nachdem er Karas Papiere kaum eines Blickes gewürdigt hatte. Er rührte sich nicht von der Stelle.
    Kara verstand die Situation nicht: Seine Dokumente schienen den Soldaten nicht im Geringsten zu interessieren. Warum forderte er ihn nicht auf auszusteigen, weshalb starrte er ihn nur mit verärgerter und zugleich

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