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Schwarz

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Titel: Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf der Kaisaniemenkatu floss ruhig dahin. Er beschloss, die zwei Kilometer vom Hotel bis zu Kati Soisalos Anwaltskanzlei in Hietalahti zu laufen. Nach dem Gelage und der Schlemmerei vom Ersten Mai spürte er noch eine gewisse Schwere, aber das war eine Lappalie verglichen mit den Qualen, die nun, da der Alltag wieder Einzug hielt, all jene erleiden mussten, die besonders ausschweifend gefeiert hatten. Wie zur Bestätigung dessen erblickte Kara zwei mit Luftballons und Papierschlangen ausstaffierte Studenten in Overalls, die vor dem Bahnhof herumtorkelten, als würde der Trubel vom Vorabend des Ersten Mai gerade erst beginnen.
    Sein Telefon klingelte, als er die Mannerheimintie überquerte, er freute sich, die Stimme von Katarina Kraus zu hören. Endlich. Ein SUV kam mit quietschenden Reifen etwa zwanzig Zentimeter vor ihm zum Stehen, Kara drohte dem Fahrer mit der Faust, aber der Mann starrte auf sein GPS-Navigationsgerät, das aus dem Armaturenbrett herausragte.
    »Dreimal darfst du raten, ob ich versucht habe, dich zu erreichen. Ich habe zigmal angerufen und immer wieder um einen Rückruf gebeten«, sagte Kara unwirsch auf Deutsch und rannte zum Bürgersteig, als er bemerkte, dass die Ampel auf Rot sprang.
    »Entschuldige, dass ich nicht früher angerufen habe. Die auf Kenia abgeschossene Rakete sorgt, vorsichtig ausgedrückt, auch bei mir für Hektik.«
    Kara versuchte seine Verärgerung zu zügeln. Am Einkaufszentrum »Forum« blieb er stehen. »Hast du Hofman getroffen? Hater etwas Neues im Zusammenhang mit dem Mord an Ewan gesagt?«
    »Ich habe heute Morgen mit ihm am Telefon gesprochen, deswegen rufe ich eigentlich auch an. Bist du immer noch in Khartoum?«
    »Ich bin in Helsinki und will klären, wie das Steuerungssystem Globeguide in die Rakete von Kenia gelangt ist. Das schien mir die einzige Möglichkeit zu sein, Ewans Ermittlungen weiterzuführen, da ich von dir und Hofman nichts gehört habe.«
    »Das ist gut so«, sagte Katarina Kraus erfreut. »Hofman will nämlich Anfang der Woche nach St. Petersburg reisen, da könntet ihr euch vielleicht treffen. Ich versuche das zu organisieren. Hast du in Finnland etwas erreicht?«
    Kara überlegte, wie viel er Kraus verraten sollte, und drückte das Handy fester ans Ohr, da sich in dem Moment zwei entsetzlich ratternde Straßenbahnen auf der Mannerheimintie begegneten. »Ich habe mit dem Direktor von Fennica und den finnischen Behörden gesprochen. Es sieht so aus, als sei ich hier an der richtigen Stelle. Globeguide hängt mit irgendeiner größeren Sache zusammen, wenn ich herausfinde, was das ist, könnte ich dem Käufer der Raketen auf die Spur kommen. Als Nächstes treffe ich mich mit den ehemaligen Chefs von Fennica.«
    In der Leitung herrschte für einen Augenblick Stille. »Leo, hör mir jetzt genau zu. Hofman wollte dir das selbst sagen, wenn ihr euch trefft, aber mir scheint, das kann nun nicht mehr warten. Du bist möglicherweise in Gefahr, wenn du weiter in dieser Sache herumstocherst. Warte wenigstens, bist du mit Hofman gesprochen hast.«
    Kara warf einen Blick auf seine Uhr und setzte sich in Bewegung, er wollte sich bei dem Treffen mit Kati Soisalo nicht verspäten. »Melde dich sofort, wenn du etwas von Hofman hörst. Ich erledige inzwischen noch zwei bereits vereinbarte Gespräche. Die werden wohl kaum gefährlich sein.«
    ***
    Leo Kara fand Kati Soisalos Anwaltskanzlei in einem prächtigen alten Haus an der Ecke Tehtaankatu und Telakkakatu, ganz in derNähe der Bucht Hietalahti und der Insel Hernesaari. Auch die Büroeinrichtung war eindrucksvoll: Die Poster an der Wand machten sofort klar, was für Fälle Kati Soisalo übernahm oder zumindest gern übernommen hätte: Unicef – »Stoppt den illegalen Kinderhandel«, Zentralverband der Kinderschutzvereine – »Schlagt keine Kinder«, ECPAT – »Ein Kind ist kein Soldat« und Amnesty International – »Kinderrechte?« Abscheuliche Bilder tauchten aus Karas Erinnerung auf, als er vom Sofa aus das Poster von Amnesty betrachtete, auf dem in eine enge Zelle gepferchte, bedauernswerte Jungen durch die Gitter in die Kamera starrten.
    Kati Soisalo war ein paar Jahre auf der besseren Seite der dreißig, hatte ein schönes Gesicht und eine gute Figur und wirkte nicht wie eine Juristin. Das Hemd, die Hose, das ungeschminkte Gesicht, das jungenhaft kurze Haar und der gestresste Gesichtsausdruck ließen sie hart, ja sogar bedrohlich aussehen. Garantiert würden sich nicht viele Männer trauen, Kati

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