Schwarz
Merisatamaranta nur ein paar Spaziergänger und etwa fünfzig schreiende Möwen herum. Leo Kara war die zweihundert Meter zwischen dem Café Carusel und dem Meritori schon etliche Male auf und ab gegangen, aber von Pertti Forslund, dem ehemaligen Chef des Wartsala-Konzerns, war weit und breit nichts zu sehen, und der Herr Generaldirektor a. D. machte sich auch nicht die Mühe, an sein Telefon zu gehen.
Kara blieb im gleißenden Sonnenlicht stehen, kniff die Augen zusammen und schaute auf die Boote, die sich am Landungssteg wiegten, und ein Segelschiff, das vor der Insel Sirpalesaari kreuzte. Plötzlich ertönte das Nebelhorn eines großen Schiffes. Der Wind war abgeflaut und hatte sich schließlich ganz gelegt. Das Meer war nicht mehr vereist, also schaukelten die Kähne der ungeduldigsten Bootsführer schon auf den Wellen. Kati Soisalo war in ihrer Kanzlei geblieben, weil Forslund sich geweigert hatte, wie er es formulierte, »eine Juristin zu treffen, die den Laufburschen für Kleinkriminelle spielte«. Der wirkliche Grund bestand nach Kati Soisalos Ansicht jedoch darin, dass sie dem stockbesoffenen Forslund vor Jahren auf irgendeiner Party unsanft einen Korb verpasst hatte.
Nun bereute es Kara, dass er Kati Soisalo nichts von den Metamphetamin-Anschuldigungen gesagt hatte. Fürchtete er, sie könnte ihre Zusammenarbeit beenden, wenn sie davon erfuhr? Allmählich wuchsen ihm die Widrigkeiten und Probleme über den Kopf, und er wusste, wie er reagierte, wenn er zu sehr in die Enge getrieben wurde – dumm und aggressiv. Sicherheitshalber hatte er zwei Dialar genommen, um bei dem Gespräch mit dem Herrn Generaldirektor a. D. ruhig zu bleiben. Der Mann war laut Kati Soisalo ein Großkotz der übelsten Sorte. Kara fragte sich verärgert, was er für einHundeleben führte; ohne Medikamente konnte er nicht einmal für das, was er tat, die Garantie übernehmen.
Plötzlich rief jemand laut seinen Namen. Er legte die Hand über die Augen, durchkämmte mit seinem Blick die Fußgängerpromenade und hörte den Ruf noch einmal, er kam aus Richtung des Anlegestegs. Pertti Forslund stand an Deck einer gewaltigen Luxusjacht und winkte ihm einladend zu.
»Hast du nicht kapiert, dass ich auf meinem Boot bin? Deswegen wollte ich mich doch hier am Ufer treffen. Ich habe eine lange Fahrt hinter mir, ich war in meinem Ferienhaus in den Schären von Hiittinen und bin erst gestern am späten Abend zurückgekommen, jetzt muss ich ein bisschen sauber machen«, erklärte Forslund ungehalten, er hob die weiße Kapitänsmütze hoch und fuhr sich durch sein schütteres Haar.
Kara bemerkte den Schnapsgeruch, das Gesicht des Generaldirektors war gerötet, und die Nase sah wegen der geplatzten Äderchen bläulich aus. »Ist das nicht eher ein Schiff als ein Boot?«, fragte Kara.
Forslund grinste. »Ein Sunseeker Portofino 53. Gut siebzehn Meter lang, neunzehn Tonnen schwer, zwei Motoren, Caterpillar C12, mit siebenhundertzehn PS und einer Höchstgeschwindigkeit von fünfunddreißig Knoten. Ja, das kann man wohl schon als Schiff bezeichnen«, prahlte der Generaldirektor a. D.
Er führte Kara in den Speisesalon der Jacht, forderte ihn auf, Platz zu nehmen, und griff zur Kognakflasche, er schwenkte sie und schaute seinen Gast dabei fragend an, der nickte.
»Kati Soisalo wolltest du nicht treffen?«, fragte Kara.
»Nein«, antwortete Forslund. »Ich erinnere mich noch zu gut an diese Frau. Wir haben einmal einen Vertrag zusammen mit Fennica ausgehandelt, und sie hat sich mit ihren Unterlagen derart aufgespielt und furchtbar wichtig gemacht, vermutlich hat sie geglaubt, dass sie die ganze Show leitet. Dabei war sie bloß eine Gehilfin.«
Kara ordnete Forslund für sich in die Kategorie »Vollidioten« ein, er konnte sich nicht einmal über diese Bemerkungen aufregen. Allerdings hatte er das vermutlich auch dem Beruhigungsmittel zu verdanken.
»Du hast am Telefon erklärt, dass du mit mir über die Zusammenarbeitvon Wartsala und Fennica reden willst«, sagte der ehemalige Generaldirektor. »Du weißt ja wohl, dass ich seit kurzem pensioniert bin? Es hat sich halt im Geldbeutel etwas angesammelt, und da wollte ich das Leben eben noch ein bisschen genießen, bevor die Leber den Geist aufgibt.«
»Du hast doch als Aufsichtsratsvorsitzender von Wartsala-Tech immer noch die Fäden in der Hand. Und du sitzt im Vorstand von zwei börsennotierten Unternehmen«, erwiderte Kara und beobachtete, wie Forslund das Kristallglas ansetzte und in einem Zug
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