Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
der politische Gegner (wie nicht anders zu erwarten), sondern auch ein nicht unbeträchtlicher und einflussreicher Teil der eigenen Parteien gegen ihn. Wie der Guttenberg-Nachfolger de Maizière mit dieser Situation umgeht, bleibt abzuwarten.
Und da haben wir es dann wieder, das inzwischen sattsam bekannte politische Spiel um Macht, Geltung, Aufmerksamkeit, bei dem die Bedürfnisse der Bundeswehr und die Interessen der Soldaten wie gewohnt auf der Strecke bleiben:
• Die Oppositionsparteien gehen natürlich sofort auf die Barrikaden und fragen, wie es denn sein kann, dass man einerseits bei den Waffensystemen nur das Neueste und Beste anschaffen, auf der anderen Seite aber sparen wolle. Wie seriös könne ein Minister sein, der zugleich das eine wie auch das Gegenteil davon fordere? Interessant nur, dass fast die komplette heutige Opposition mit Ausnahme der Linken bis vor nicht allzu langer Zeit selbst mit an der Regierung war und vieles von dem mit beschlossen hat, was heute nicht mehr richtig sein soll.
• Die Koalitionsparteien sagen nichts, denn sie wissen sehr wohl, dass gespart werden muss und dass dies mit dem geringsten Gegenwind bei den Soldaten realisiert werden kann. Denn bei einer Ausrüstungskürzung würde sich die Rüstungsindustrie querstellen und bei Standortschließungen die Lokalpolitiker aus den eigenen Reihen auf Konfrontationskurs gehen. Also ist Schweigen Gold und Reden noch nicht einmal Blech.
• Nicht anders handelt wie gewohnt die Bundeskanzlerin, die zwar die Öffentlichkeit bittet, unsere Soldaten in schwieriger Situation zu unterstützen, aber selbst keine definitive Erklärung dazu abgibt, wie ihre Position zu den in der eigenen Regierung und Partei kontrovers diskutierten Plänen ist.
Wie so oft wird eine Expertenkommission gegründet, diesmal »Strukturkommission« genannt, um die Einsparungen zu rechtfertigen und nach ausgiebiger Prüfung eine Empfehlung auszusprechen oder verschiedene Modelle zu entwickeln, aus denen dann von den Verantwortlichen das richtige ausgewählt werden soll. Aber es existieren doch bereits ausgewiesene Fachleute, zuständige Ausschüsse und kompetente Gremien en masse , die man ohne Zusatzkosten zur Entscheidungsfindung hätte heranziehen können: die Staatssekretäre im Verteidigungsministerium, den Generalinspekteur, den Verteidigungsausschuss, den Wehrbeauftragten, den Bundeswehrverband. Aber nein, wieder einmal spielen zusätzliche Kosten keine Rolle, und gehandelt wird nach dem Motto: Willst du Ruhe im Karton, gründe eine Strukturkommission.
Diese Kommission, geleitet vom Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise (daher Weise-Kommission genannt), bekanntermaßen ein weiterer intimer Kenner von Bundeswehrbedürfnissen, empfiehlt im Konsens mit dem Verteidigungsminister ein »Modell 4«:
• Die Wehrpflicht bleibt im Grundgesetz verankert, es gibt aber keine verpflichtenden Einberufungen mehr. Im Januar 2011 wurden bereits die letzten Wehrpflichtigen einberufen, ab März 2011 gibt es nur noch Freiwillige und Berufssoldaten.
• Die freiwilligen Wehrdienstleistenden sollen zwölf bis dreiundzwanzig Monate bei der Bundeswehr bleiben – mit einer Probezeit, aber auch mit der Option, in Auslandseinsätze zu gehen. Dieser Dienst steht auch Frauen offen.
• Statt 250 000 Soldaten wie derzeit sollen nur noch etwa 160 000 – davon 7500 freiwillig Wehrdienstleistende sein.
• In der neuen Struktur hat die Streitkräftebasis künftig 34 500 Soldaten, die Luftwaffe 20 500, die Marine 11 500 und das Heer 54 500.
• Vor allen die Personalstärke des Heeres wird stark reduziert: Nach bisherigen Planungen soll die Zahl der Panzerbataillone auf drei, die der Panzerartilleriebataillone auf nur zwei sinken. Damit würde das Heer um 40 000 Soldaten reduziert werden. Das Heeresführungskommando und das Einsatzführungskommando werden zum »Kommando Land-Operationen« zusammengelegt.
Geplant ist, den Umbau des Ministeriums binnen zwei Jahren abzuschließen, die Reform der gesamten Bundeswehr in fünf bis acht Jahren. Eine weitere Empfehlung sieht vor, dass sich die Zahl der Soldaten, die gleichzeitig in den Einsatz entsandt werden können, auf 15 000 verdoppelt. Dem Unverständnis der NATO -Partner, dass Deutschland eine Armee mit über 250 000 Soldaten unterhält, aber nur 7000 von ihnen zum Einsatz kommen, wird hier Rechnung getragen.
Die Kommission spricht von katastrophalen Entscheidungen bei der Rüstungsbeschaffung für die Bundeswehr in der
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