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Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -

Titel: Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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nicht nur auf die Anti-Piraterie-Einsätze am Horn von Afrika bezog oder beziehen wollte?
    Auffällig ist bei beiden Aussagen, dass die Einsätze der Bundeswehr nicht mehr mit einem Schutz der deutschen Bevölkerung oder mit direkter Bedrohung des deutschen Staatsgebiets legitimiert werden – was mit dem Völkerrecht vereinbar wäre, da solche Militäreinsätze als Verteidigungskriege einzustufen wären –, sondern der »Wahrung« von Interessen dienen sollen, die erklärtermaßen im Bereich Wirtschaft liegen.
    Als Alleingang ist Horst Köhlers Aussage zur strategischen Neuausrichtung der Bundeswehr also sicher nicht zu werten – und doch ging es ihm nach seinem Interview wie schon vielen vor ihm, die nur das äußerten, was zwar in Fachkreisen, nicht aber in der Öffentlichkeit zum Thema gemacht werden darf. Er schade der Akzeptanz der Auslandseinsätze, bemängelten die einen, endlich sage mal einer die Wahrheit, lobten andere, die dies aber auch nur deswegen begrüßten, weil ihr politischer Gegner es nicht begrüßte; wieder andere hielten es nur für einen missglückten, eines Bundespräsidenten unwürdigen Ausrutscher – und die Kanzlerin hatte mal wieder gar keine, zumindest keine öffentlich geäußerte eigene Meinung, denn für sie war es stets von Vorteil gewesen, keine zu haben.
    Und der, um den es in dieser Auseinandersetzung eigentlich ging? Er sah sich nicht nur durch die immer respektlosere Kritik in seiner Autorität beschädigt, er verließ die Bühne, ohne abzuwarten, wie das Schauspiel – und nichts anderes als eine Inszenierung war es – um seine Positionen weitergehen würde. Wirklich geklärt wurde in der öffentlich geführten Debatte über diese zentralen Rechtfertigungen für Bundeswehreinsätze gar nichts. Es ging in aller Uneindeutigkeit weiter wie zuvor; wieder einmal war ein Opfer im Zusammenhang mit Aussagen zur Bundeswehr, mit den Machtspielen der Politiker und dem Geltungsdrang der Medien zu beklagen. Diesmal ein Opfer im höchsten Staatsamt, das Deutschland zu vergeben hat. Vielleicht käme eine solche Debatte auch viel zu spät, denn die Bundeswehr hat sich längst durch ihre Einsätze von einer Truppe zur Landesverteidigung zu einer Interventionsarmee entwickelt, beziehungsweise ist sie konsequent in diese Richtung entwickelt worden.
    Nachgeholt wurden im Weißbuch und mit den Worten Horst Köhlers nur die Begründung und Festschreibung jener Bestandteile der neuen Strategie, die nicht mehr oder noch nicht zur neuen Bundeswehr passten: Ihre innere Organisation, ihre Kommandostrukturen, ihre Bewaffnung und ihre Personalstärke trugen und tragen noch immer zu großen Teilen die Merkmale einer reinen Verteidigungsarmee.
    2.2 Wirtschaftskriege als militärischer Auftrag?
    Was ein Bundespräsident offenbar nicht darf, ohne dafür vernichtend kritisiert zu werden, darf ein Verteidigungsminister, der ja nicht weniger an Recht und Gesetz (hier vor allem das Grundgesetz) gebunden ist, sehr wohl. Während das Weißbuch 2006 noch relativ zurückhaltend von »militärischer Versorgungssicherung« spricht, wurden die Verteidigungsminister, allen voran Franz Josef Jung, bei den Rechtfertigungen für einen Bundeswehreinsatz schon deutlicher: Es sei eine zentrale Aufgabe der Bundeswehr, mit militärischen Mitteln für die Kontrolle der Rohstoffzufuhr zu sorgen. Doch im Grunde nimmt auch das Weißbuch nicht das sprichwörtliche ein Blatt vor den Mund: »Deutschland, dessen wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb der Gedanken, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen.«
    Übersetzt heißt das: Friedlich geht es allenfalls beim Wettbewerb der Gedanken zu, der Welthandel hat offen und die Transportwege haben frei zu sein. Dafür ist zu sorgen, wenn nötig, auch mit militärischen Mitteln, damit die deutsche Wirtschaft weiter florieren kann.
    Denn unsere Wirtschaft ist »… in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen im globalen Maßstab abhängig …«, und »… von strategischer Bedeutung für die Zukunft Deutschlands und Europas ist eine sichere, nachhaltige und wettbewerbsfähige Energieversorgung …«, weshalb »… die Sicherheit der Energieinfrastruktur gewährleistet werden« muss.
    Diese im Weißbuch 2006 formulierte, ausschließlich ökonomische Zielsetzung der Bundesregierung steht für eine neue Militärdoktrin. Zentrale

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