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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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werden, muss geklärt sein, wer mit »Kirche« in diesem Zusammenhang eigentlich gemeint ist. Die Außenseite der Kirche, wie sie dem unbedarften Fernsehzuschauer etwa zu Ostern oder an Weihnachten bei der Übertragung des päpstlichen Segens erscheint, sieht einfach aus: An der Spitze steht der Papst, dann etliche tausend Bischöfe in Bistümern, die alle Gebiete der Erde erfassen, darunter dann Pfarrer mit ihren Schäflein in den Pfarrgemeinden, alles in allem sollen es 1 , 2 Milliarden Menschen sein, die zur Kirche zählen. Genau weiß es keiner außer Gott (und in Deutschland das Finanzamt), eine zentrale Mitgliederkartei gibt es nicht. Mit Erich Fromm ließe sich vielleicht diese Betrachtungsweise von Kirche als diejenige des »Seins« bezeichnen.
    Hier geht es dagegen um die Ebene des »Habens« – und diese Ebene ist erheblich komplexer. »Die« Kirche gibt es auf dieser Ebene nicht, wir haben es mit einer mindestens sechsstelligen Zahl von »Rechtsträgern« zu tun, von Institutionen, Stiftungen, Körperschaften, Vereinigungen und Unternehmen, die nach kirchlichem und/oder weltlichem Recht organisiert sind. Da die Kirche sich aus guten und auch aus schlechten Gründen angewöhnt hat, über ihre Finanzen und die damit verbundenen Fragen einen Mantel des Schweigens zu legen, sind Transparenz und Publizität hier Fremdwörter geblieben. Es gibt also nirgends veröffentlichte Übersichten der finanziellen und der wirtschaftlichen Aktivitäten und Verflechtungen oder Listen der speziellen Finanzinstitutionen in Kirchenbesitz. Manche Bistümer veröffentlichen immerhin seit einigen Jahren ihre Haushaltspläne, wenngleich diese nur sehr grob gegliedert sind und keine Vermögensübersicht enthalten.
    Man kann nur auf Umwegen versuchen, in das Dickicht eine Bresche zu schlagen, und ganz gelegentlich hilft ein kleiner oder großer Skandal, ein wenig Licht in das Dunkel dringen zu lassen. Überhaupt keine brauchbaren Ergebnisse bringen pauschale »Berechnungen«, veröffentlicht von manchen Kirchenkritikern, die einfach die geschätzten Werte von kirchlichem Grundvermögen, Besitz an Aktien und anderen Geldanlagen und von Kunstschätzen in Kirchen und Museen addieren und daraus etwa ableiten, die Kirche besitze mindestens 270 Milliarden Euro Vermögen, das sie am besten den Armen stiften solle. So etwas ist blanke Polemik, der Kirchenbesitz als solcher ist nicht das Problem, und die Kunstschätze waren in Kirchenhand allemal besser aufgehoben als in jeder weltlichen Institution.
     
    Wer also sind diese vielen Rechtsträger, die das Kirchengeld einsammeln und wieder ausgeben? Beginnen wir in Rom. Der jeweilige Papst besetzt den »Heiligen Stuhl«. Damit ist weniger der goldene Thronsessel im Petersdom gemeint, sondern eine rechtliche Klammer, die Funktionen und Rechte des Papstes in sich vereint; Juristen nennen das »Rechtssubjekt«. Da der Heilige Stuhl von den meisten Staaten der Welt als gleichrangige Organisation anerkannt ist, ist er auch »Völkerrechtssubjekt« und unterhält mit 180 Staaten diplomatische Beziehungen. Der Heilige Stuhl verwaltet eine andere wichtige Größe, den Staat der Vatikanstadt. Das ist ein zwar winziges, aber völkerrechtlich von den meisten anderen Staaten anerkanntes Staatswesen. Weiterhin ist der Papst auch noch Bischof der Diözese Rom; diese ist wie jede andere Diözese Träger eigenen Vermögens und hat, wie viele Diözesen auch, ein Domkapitel. Dabei handelt es sich – extrem vereinfachend formuliert – um eine Art Verein wichtiger Priester, der eigene Rechte besitzt. Nicht nur ein Domkapitel, auch die Dignitäten, also die besonderen Ämter innerhalb eines Kapitels, können eigenes Vermögen besitzen. Von all diesen Ebenen können Stiftungen abhängen, also Vermögensmassen, die einem besonderen Zweck dienen (sollen). Das sind häufig Stiftungen, die die laufenden Kosten einer Pfarrei oder einer anderen Einrichtung bestreiten müssen, aber es existieren auch rein wohltätige Stiftungen oder solche, die zu ganz anderen Zwecken gegründet wurden, oft schon vor Jahrhunderten.
    Die Pfarreien, also die untere Ebene der Seelsorge, sofern ihr Vermögen nicht in einer eigenen Stiftung organisiert ist, verfügen ebenfalls über eigenen Besitz. In Deutschland gibt es 27 Diözesen und ein gewissermaßen virtuelles Bistum für die Militärseelsorge. Ihrer Größe und finanziellen Potenz nach ist die absolute Nummer eins das Erzbistum Köln, das sich etwas prahlerisch »weltweit zu den

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