Schwarzbuch ÖBB
Koralm verbaut werden, obwohl fast alle Argumente dagegen sprechen. Noch dazu in einer angespannten staatlichen Budgetsituation, in der der Schuldenstand immer höher wird und unseren Haushalt auf Jahrzehnte hinaus belastet.
Der Brenner-Basistunnel
Warum wird der Brenner-Basistunnel gebaut? Lassen wir dazu den Betreiber des Projekts, die Brenner-Basistunnel Gesellschaft ( BBT ), selbst zu Wort kommen: »Der Brenner-Basistunnel ist das Kernstück der 2200 Kilometer langen, von der Europäischen Union als vorrangig eingestuften Eisenbahnachse Berlin–Palermo. Sollen nicht nur die ebenen Gebiete, sondern auch die Alpen mit einer Hochgeschwindigkeitsbahn durchquerbar sein, ist ein Basistunnel die einzige Lösung.« Kurz gesagt: Die EU will es so.
Und die nationale Politik erklärt: Wir brauchen den Tunnel, um die Bevölkerung vom Verkehr zu entlasten. Schiene statt Straße, heißt das vordergründige Argument.
Transitverkehr um jeden Preis
Bei den Projekten der EU geht es immer um den Transitverkehr von einem Land zum anderen. Das ist aber genau jener Verkehr, der in Österreich nur zusätzliche Kosten verursacht und am meisten Schaden anrichtet. Denn was haben wir davon, wenn nordeuropäische Warenströme möglichst billig und hoch subventioniert nach Italien oder in die umgekehrte Richtung fließen? Im Großen und Ganzen nur Nachteile.
Jedenfalls findet man für Geld immer Wissenschaftler, die bereit sind, erwünschte Ergebnisse zu liefern. Da heißt es dann: Diesen Tunnel oder diese Hochgeschwindigkeitsstrecke brauchen wir, sonst bricht der Verkehr zusammen.
Wer den Transitverkehr fördert, setzt folgende Spirale in Gang:
1.
Wir ziehen Verkehr an, der für uns keinen Nutzen hat.
2.
Wir können trotz EU -Subvention die Kosten für den Bau der Strecke nicht so ohne weiteres bezahlen und müssen dafür Kredite aufnehmen.
3.
Wir müssen die vorhandene Streckenkapazität mit dem Transitverkehr teilen und bereits bei geringer Zunahme des Binnenverkehrs Einschränkungen in Kauf nehmen oder mit teuren Ausbaumaßnahmen beginnen.
4.
Die Schienenmaut ist meist so niedrig, dass weder die Betriebskosten noch die Instandhaltungskosten voll gedeckt werden. Deshalb muss der Staat regelmäßig Geld zuschießen. Das steht so in §42 des österreichischen Bundesbahngesetzes. Würde die Schienenmaut die tatsächlichen Kosten abdecken, würde der Transitverkehr auf die Straße ausweichen.
5.
Mehr Verkehr durch Transit bedeutet mehr Lärm und mehr Umweltbelastung. Irgendwann schreit die Bevölkerung um Hilfe. Dann werden Lärmschutzwände gebaut. Da zahlt der Bund die eine Hälfte, das Bundesland und die betroffene Gemeinde die andere Hälfte.
Wem nützt es?
Die gewiss nicht wirtschaftsfeindliche deutsche Tageszeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb 2007 über den Brenner-Basistunnel: »Dass so vehement am bestehenden Konzept festgehalten wird, hängt auch mit dem großen finanziellen Nutzen für eine Vielzahl von Unternehmen zusammen. Die Planungsgesellschaft beschäftigt inzwischen vier Dutzend Mitarbeiter, deren Interesse es zweifellos ist, ihre Zukunft als Bau- und Betriebsgesellschaft zu sichern. Nicht von der Hand zu weisen ist ebenso, dass die Bauwirtschaft in Österreich und Italien große finanzielle Anreize in diesem riskanten Mammutprojekt sieht.«
Wer sich durch die Berge von Daten und Argumenten wühlt, die sowohl Befürworter als auch Gegner zusammengetragen haben, kommt am Ende zu dem Schluss, dass sich die Verkehrssituation durch den Brenner-Basistunnel und ähnliche Projekte kaum verbessern wird.
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Der Brenner-Basistunnel
Ältere Eisenbahner, die am Brenner tätig waren, erzählen, dass der Basistunnel bereits in den 1960er Jahren durch Tiroler Gehirne geisterte. Wenn es darum ging, die etwas vernachlässigte Strecke besser instand zu halten, hieß es höhnisch: »Brauch ma net, kummt eh der Basistunnel!« Wer auf bedrohlich wackelnde Weichen aufmerksam machte, erhielt zur Antwort: »Machen wir nimmer, kommt eh der Basistunnel.«
Nun soll er tatsächlich kommen. Er wird eine Länge von 55 Kilometern haben, mit zwei eingleisigen Tunnelröhren und unterirdischen Bahnhöfen. Da in Italien auf der Bahn links gefahren wird, in Österreich aber rechts, müssen die Züge unterirdisch das Gleis wechseln. Vorgesehen ist ein Mischverkehr mit schnellen Personenzügen und langsamen Güterzügen. Die alte Brennerstrecke soll auch nach Fertigstellung des Tunnels für den Regional- und
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