Schwarzbuch ÖBB
Tochterfirma Wellcon. Ein bisserl Sport, ein bisserl Ergonomie, ein bisserl Beratung für Auslandsreisen, Kunstevents und viel Gesundheitsblabla – diesen Eindruck vermittelt die Homepage der Firma. Gegründet wurde sie 1997 von den ÖBB und der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau, als »Gesellschaft für Prävention und Arbeitsmedizin«. War das vielleicht ein Versuch, präventiv gegen die weitverbreitete ÖBB -Krankheit »Frühpensionitis« vorzugehen?
Liest man den im Jänner 2013 erschienen Prüfungsbericht des Rechnungshofes über die Wellcon, hat man den Eindruck, die wichtigste Aufgabe der Firma liege darin, sich präventiv um die Bedürfnisse der eigenen Mitarbeiter zu kümmern; vor allem in Sachen Bezahlung.
Hohe Zusatzkosten
Der Rechnungshof kritisiert, dass es in sechs Jahren fünf Geschäftsführer gab, deren vorzeitige Ablösung »mit hohen Zusatzkosten verbunden war«.
Beispielsweise eine Medizinerin, die im Mai 2007 »aufgrund wesentlicher Mängel« ihren Job als Geschäftsführerin zurücklegen musste und herabgestuft wurde auf »ärztliche Leiterin«. Trotzdem kassierte sie noch ein halbes Jahr ein zusätzliches Gehalt als Geschäftsführerin. Mehrkosten für die Firma Wellcon: rund 24.000 Euro.
Der Rechnungshof äußert aber nicht nur Kritik an der Geschäftsführung, sondern an fast allen Geschäftsbereichen, die geprüft wurden.
Fragen über Fragen
Zum Beispiel gab es bei der Wellcon eine Kundenbefragung. Man will ja schließlich wissen, ob das, was man tut, irgendeinen Sinn hat. Ergebnis:
Die Online-Befragung von 22 Personen zog sich von 2009 bis 2012 und kostete 12.950 Euro. Pro Person gab man dafür also knapp 600 Euro aus.
Und was wurde gefragt? Nach der Zufriedenheit der Kunden – was auch immer das bedeutet.
Im Bereich der Arbeitsmedizin lautete beispielsweise eine Frage, ob sich die Rückenbeschwerden durch das Wellcon-Angebot besserten. Achtzehn Prozent bejahten.
Nur achtzehn Prozent? Offenbar gilt das bei Wellcon als Beleg für Erfolg. Und das, obwohl es gängiges medizinisches Wissen ist, dass gerade bei der Behandlung von Rückenschmerzen der Placebo-Faktor eine sehr große Rolle spielt. In vierzig Prozent aller Fälle bessern sich die Beschwerden, egal, womit sie behandelt werden oder ob sie überhaupt behandelt werden.
Der Rechnungshof kritisiert auch, dass es bei Wellcon im Bereich Arbeitsmedizin keine Erfolgskontrolle gibt. Anders ausgedrückt: Es ist nicht sicher, ob Wellcon überhaupt einen Nutzen für die Kunden hat.
Viel Geld für nichts
Vielleicht wäre es am sinnvollsten, die Wellcon einfach zuzusperren. Damit könnten Gewerkschaft und ÖBB viel Geld sparen – rund acht Millionen Euro pro Jahr. Allein schon für externe Beraterleistungen zahlt Wellcon jährlich zwischen 115.000 und 450.000 Euro. Zu manchen Beratungsleistungen fand der Rechnungshof überhaupt keine Unterlagen.
Insgesamt scheint der Betrieb ein ziemlicher Sauhaufen gewesen zu sein. Verträge für Beraterleistungen, Werkverträge für Ärzte und Dienstverträge für die Mitarbeiter fehlten. Ohne vertragliche Vereinbarung wurden Extravergütungen an Ärzte bezahlt. Häufig wurden Extravergütungen an Mitarbeiter bezahlt, ohne zu prüfen, ob sie überhaupt Anspruch darauf hatten. Es wurde auch nicht geprüft, ob verrechnete Leistungen überhaupt durchgeführt wurden. Und es wurden Rechnungen bezahlt, für die es keine vertraglichen Voraussetzungen gab. Offenbar wurde das Betriebsziel »Prävention« auch bei den Ausgaben angewandt, in Form von präventiv bezahlten Prämien und Honoraren.
Millionen-Anwälte
2002 schloss der damalige ÖBB -Generaldirektor Rüdiger vorm Walde einen Pauschalvertrag mit dem SPÖ -nahen Anwalt Gabriel Lansky beziehungsweise seiner Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner – LGP ) über ein Honorar von insgesamt 15,6 Millionen Euro. Die Frage, ob der Vertrag zwischen Lansky persönlich oder der Kanzlei LGP geschlossen wurde, wollte Lansky Ende Juni 2013 nicht beantworten: Über Beziehungen zu Klienten gebe man grundsätzlich keine Auskunft.
Jedenfalls wurde dieser Vertrag 2006 vom österreichischen Rechnungshof geprüft. Der Folgendes feststellte: Das Stundenhonorar der Kanzlei liege bis zu 79 Prozent über den bisher für Rechtsberatung bezahlten Durchschnittshonoraren. Und: »Unabhängig vom tatsächlichen Leistungsumfang« sei »für die laufende rechtliche Beratung« des ÖBB -Vorstands ein Pauschalhonorar von 25.000 Euro monatlich vereinbart worden, »obwohl
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