Schwarzbuch Scientology
wird durch den abgelegten Verhaltenskodex für denjenigen auch bindend, dass er nun bei Streitigkeiten kein Gericht anrufen kann, sondern dem Rechtssystem Hubbards folgend, das WISE Charter Komitee zur Lösung der Probleme einzuschalten hat. Don Drader, zur damaligen Zeit internationaler WISE-Chef, stellt es in einem Interview so dar, dass es bei Unkenntnis der Wortdefinitionen in Scientology und deren Bedeutung im System so klingt, als wäre es eine ganz normale Schlichtung zwischen Vertragspartnern.
»Was ist ein WISE-Charter-Committee?« Drader: »Das ist ein Komitee aus Mitgliedern, die darüber wachen, dass alle WISE-Angehörigen ihre aus der Mitgliedschaft erwachsenden ethischen Verpflichtungen einhalten. Bricht zum Beispiel zwischen zwei Mitgliedern ein Konflikt aus, dann liegt das in der Regel daran, dass jemand die Verwaltungstechnologie nicht richtig angewandt hat. Ein Vertreter des ›Charter Committee‹ wird dann - unter Anwendung von Hubbards Technologie auf ethischer, rechtlicher und kommunikativer Ebene - die Kontrahenten dazu bringen, sich zu einigen.« »Dürfen WISE-Mitglieder einander vor ordentlichen Gerichten verklagen?« Drader: »Nein, sie willigen ein, ihre Meinungsverschiedenheiten über das Charter Committee zu lösen.«
(Kruchem,Thomas: »Staatsfeind Scientology?«. München, 1999, S. 171)
Wie weit es eine Firma in die Abwärtsspirale treiben kann und wie es zugeht, wenn ein Mitarbeiter nach den Prinzipien Hubbards geführten Unternehmen nicht mit ansehen will, dass die Firma in den Ruin getrieben wird und auf die scientologische Ethik setzt, verdeutlicht folgende Darstellung:
Paul Nager ist verzweifelt, fühlt sich in einer ausweglosen Lage. Er muss mit ansehen, wie Gelder aus der Firma, in der er arbeitet, abgezogen werden und zu Scientology fließen. Die Firma vertuscht und verschleiert diese so genannten Spenden in Millionenhöhe, Bilanzen werden gefälscht, Schmiergelder gezahlt. Paul Nager ist Scientologe, er arbeitet in der Firma des Scientologen Marker. Nagers Versuche, die Angelegenheit »Scientology-intern« zu regeln, scheitern. So sieht er nur noch die
Möglichkeit, bei der Kriminalpolizei Anzeige zu erstatten. Nager scheint nicht zu wissen, dass er allein dadurch schon ein nicht mehr gutzumachendes scientologisches Schwerverbrechen begangen hat.Wer außerhalb von Scientology Gerichte anruft oder nichtscientologischen Behörden Beweismaterial übergibt, wird zum Verbrecher (suppressive person) erklärt. Nager scheint auch nicht zu begreifen, dass dies ein prinzipieller und »ethischer« Grundsatz der von ihm immer noch geschätzten Scientology-Organisation ist und nicht etwa eine Anordnung der derzeitigen Führung.
(Kemming, Sabine; Potthoff, Norbert: »Scientology Schicksale. Eine Organisation wird zum sozialen Störfall«. Bergisch-Gladbach, 1998, S. 138)
Dokumentiert wird an diesem Schicksal von Menschen und Firma auch die Verzweiflung des scientologischen Chefs von Nager, denn auch dieser ist ja überzeugt, einem ehrenwerten System anzugehören und den besten Weg für sich und seine Firma gewählt zu haben. Seine Verzweiflung, nicht seine Zweifel, wird in dem Bericht deutlich, den er an die Organisation schreibt. Er nennt diesen Bericht »Dinge, die nicht sein sollten«. Er schreibt:
1989 startete ich bei Scientology. Ich bin ein »Patron Meritrious« (Auszeichnung für eine Geldspende an die IAS von 250.000 US-Dollar, d.Verf.) und »Clear«. Ich tat alles, was möglich war, um die Verbreitung von Scientology auf dem Planeten mit all dem Geld, das ich besaß, und meiner Arbeit während meiner Zeit als Sea-Org-Mitglied zu unterstützen. Ich habe eine Menge Fehler gemacht, aber dahinter war immer die Absicht zu helfen. Jetzt befindet sich meine Firma in einer aussichtslosen Lage,
und mir wird gedroht, dass ich aus Scientology hinausgeworfen werde. Das ist nicht in Ordnung.
(Kemming, Sabine; Potthoff, Norbert: »Scientology-Schicksale. Eine Organisation wird zum sozialen Störfall«. Bergisch-Gladbach, 1998, S. 139f.)
Ethik- und Rechtssystem sind anwendbar. Probleme treten also auch dann auf, wenn es außer der Hubbard’schen Richtlinie andere Vorstellungen gibt, denn Fremd- und Gegenabsichten zur Lehre sind unethisch. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, wer von den Kontrahenten vor einem Komitee dieser Art den Kürzeren zieht, wohl der, dem irgendein Abweichen von den Linien der Technologie nachweisbar ist.
Im Leben erfolgreich
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