Schwarzbuch Scientology
Eltern Hilfestellungen zu geben haben, aber immer nach dem Prinzip, eigentlich habt ihr kein Kind vor euch, sondern einen Thetan im kleinen Körper. Diesen gilt es heranwachsen zu lassen. Der Ideologie folgend ist dann auch schlüssig, dass die Entwicklung eines Kindes, dessen Phantasie, Kreativität und die sich daraus vielleicht entwickelnden eigenen Bilder als störend eingestuft werden. Denn eines muss dem Erziehungspersonal wohl von Anfang an sehr deutlich gemacht werden, das Prinzip Scientology und das Leben im System sind das Maß aller Dinge, eine Abweichen davon kann als krankhaft gewertet werden, und dieses beginnt bei den Kindern: So findet Hubbard es »nicht überraschend, dass Kinder Ähnlichkeit mit Psychotikern und Schizophrenen zu haben scheinen«. Das
Kind habe »eine blühende Phantasie, und als Ergebnis davon wirkt es in einigen seiner Phantasie-Schöpfungen wie ein Psychotiker.« (Caberta, Ursula; Träger, Gunther: »Scientology greift an«. Düsseldorf, 1997, S. 265) Das immer wiederkehrende Muster, wer im Denken und Handeln abweicht, kann als psychisch krank angesehen werden. Eine der schlimmsten »Diagnosen« für ein Mitglied der Organisation.
Um den Werdegang des scientologischen Nachwuchses, wenn irgend möglich, nicht durch Störungen der Außenwelt zu gefährden, ist das Betreuungsangebot für die scientologischen Eltern von der Schwangerenbetreuung bis zum Hubbard’schen Bildungssystem und wahrscheinlich dem Traum vieler aktiver Eltern, der Eliteeinheit, die Sea-Org, durchorganisiert.
Das Angebot, mit Ausnahme der Sea-Org-Erziehung, wird allerdings auch genutzt, in die nichtscientologische Welt zu verkünden, dass einzig und allein L. Ron Hubbard die Lehre erforscht hat, die zur Freiheit im Leben führt.
»Happy Kids«?
Ich war entsetzt. In einem halbdunklen Souterrain hatte man die Kinder abgeladen, kein auch nur halbwegs vernünftiges Spielzeug war für sie da, überall lag Dreck herum, die Teppiche waren abgewetzt, außerdem schienen sich die Betreuer nicht sonderlich um das Wohl der Kinder zu kümmern.
(Caberta, Ursula;Träger, Gunther: »Scientology greift an«.
Düsseldorf, 1997, S. 145)
Die Aussage eines ehemaligen Scientologen über den in Hamburg von der Organisation eingerichteten Kindergarten für die Mitarbeiter/innen der so genannten Kirche. Kinderbetreuung nach Art von Scientology. Die scientologische Ehefrau war schwanger, und so informierte man sich schon einmal über die Betreuungsangebote für den kleinen Thetan, der das Licht der scientologischen Welt erblicken sollte. Die Entscheidung dieses damals scientologischen Ehepaares war klar: In diese Betreuungseinrichtung würden sie ihr Kind nicht geben. Dieser Einblick hatte für die Organisation auch noch andere Folgen. Gab doch die Perspektive für das noch ungeborene Kind mit den Ausschlag, endgültig mit der Organisation zu brechen. Diese Einsicht, sich für das Wohlergehen des Kindes und gegen die Organisation zu entscheiden, ist im scientologischen Alltag selten.
Welche Rolle die Erziehung für sein System spielt, legte Hubbard bereits früh dar. In einer Veröffentlichung der Hubbard Association of Scientologists, Inc. aus dem April 1953 mit der Überschrift »Child Scientology« ist der erste Satz bereits unmissverständlich: Save the child and you save the nation (Rette das Kind und du rettest die Nation). Danach folgt bereits im ersten Absatz die Zielvorgabe: »If, in the course of the next fifteen years, Scientologists were to specialize in the Group Processing of children, it might well follow that all of the goals of Scientology would thereby be realized.« (Wenn in den nächsten 15 Jahren sich auf die Kinder konzentriert wird, werden die Ziele der Scientology erreicht werden können.) Die Sicherung des Systems durch die Heranbildung von Nachwuchs. Keine neue Idee, eine Ideologie zu sichern.
Wo diese Kinder zu finden sind, ist 1953 - auf die USA - bezogen von Hubbard auch schon angegeben: in Schulen, Krankenhäusern, in Jungen- und Mädchenorganisationen. Hubbard nennt dann explizit beispielhaft boy scouts oder die YMCA’s (Young Men’s Christian Associations) und natürlich die Sonntagsschulen.
1953 beginnt damit das Programm der Erziehung und Rekrutierung von Kindern. Dieses bedeutet für die allermeisten der Kinder mit scientologischen Eltern, dass sie von Anfang an den internen Regeln unterworfen sind. Im Jahr 1992 erfährt ein in die Organisation »hineingeborener«, inzwischen
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