Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
zu vertuschen oder leugnen, nicht erfolgreich durchgehalten werden konnte.
Immer noch werden über Nacht sogar Schlüsselereignisse, die für den Glauben an die Wahrheit bisher als besonders bedeutsam herausgestellt und teilweise über Jahrzehnte gepredigt wurden, verworfen und durch neue Erkenntnisse, neue „Lichter“ ersetzt.
Beweise, erklärende Worte oder gar Eingeständnisse von Irrtümern gibt es im Regelfall nicht. Ganz entsprechend der zweiten beschriebenen Methode zur Ausräumung von Widersprüchen.
Wie schon seit den Anfängen der Organisation wird nicht an den Verstand appelliert, sondern an die Sehfähigkeit des geistigen Auges:
„Wenn das nun wahr ist, was wir … dargetan haben, nämlich, dass wir jetzt in den ‚Tagen des Menschensohnes‘ leben, und dass seine Gegenwart seit dem Herbst des Jahres 1874 datiert, so müssen wir auch glauben, dass die Auferstehung der ‚entschlafenen‘ Heiligen kurz nach der Ankunft des Herrn an der Zeit war und stattfinden musste.
Wir sind in der Lage, nach der Heiligen Schrift mit ziemlicher Gewissheit ein gewisses Datum anzunehmen, obwohl die ganze Sache für das natürliche Auge unsichtbar ist und nur mit dem Auge des Glaubens und beim Lampenschein des göttlichen Wortes gesehen werden kann.“ 37
Ein genialer Schachzug des Erfinders des sechsten Sinnesorgans, Charles Taze Russell. Er hatte erkannt, wie er aus der Tatsache, dass die von ihm formulierten Ereignisse mit den menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbar waren, den größtmöglichen Nutzen ziehen konnte.
Nur mit dem Auge des Glaubens und im Lampenschein des göttlichen Wortes konnten sie nach seiner und der noch immer gültigen Meinung der WTG sichtbar gemacht werden. Aber eben nur für den gläubigen Mitverbundenen oder Mitläufer.
Wie weit kann man eigentlich mit einer derartigen Zumutung an den menschlichen Verstand gehen und damit auch die biblischen Aussagen, die mit dem eigenen Verständnis im Widerspruch stehen, ad absurdum führen?
Wie kann man etwa selbst die von der Bibel verheißene Auferstehung der „entschlafenen Heiligen“ zu einem Vorgang erklären, der bereits stattgefunden haben soll?
Sowohl das Thema der Thronbesteigung von Jesus Christus als auch das der Auferstehung der Heiligen haben mit dem, von der WTG beschworene Ende dieses Systems der Dinge, eines gemeinsam: Alle Ereignisse stehen im Zusammenhang mit dem zum Schlüsseljahr gemachten Jahr 1914.
Eine zweifelhafte Berufung
Wie nicht anders zu erwarten war, geschah im Laufe dieses Jahres nichts von herausragender theokratischer Bedeutung. Das Ende des Systems ließ weiterhin auf sich warten und 1914 erhielt allenfalls wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs eine eher traurige historische, als eine herausragende theokratische Bedeutung.
Wie sollte die Wachtturmgesellschaft in ihrer Lehre darauf reagieren? Was war zu tun, um die angeschlagene Glaubwürdigkeit wenigstens bei der eigenen Gefolgschaft zu retten?
Russell hielt bereits eine Lösung parat. Er hatte sie im Ansatz bereits bei seiner Ansprache verkündet. Diese Erklärung sich ihm nach den Erfahrungen mit der nicht eingetretenen sichtbaren Rückkehr des Erlösers geradezu angeboten.
Auch das neuerlich erwartete und nicht merkbar eingetretene Ereignis der Machtübernahme im Himmel musste mit der bereits bewährten Methode in den transzendentalen Bereich der Unsichtbarkeit gerückt werden.
Und das vorhergesagte „Ende der Königreiche dieser Welt“ würde dagegen einfach auf der Zeitachse bis auf Weiteres in die Zukunft verschoben werden.
Gedacht, getan. Folgerichtig und konsequent wurde die ursprüngliche Lehre von der Übernahme der Regierungsgewalt auf der Erde durch Jesus Christus auf diese Weise angepasst und in einer Weise korrigiert, die Russell vor dem offenen Eingeständnis seines Irrtums bewahrte.
Nach neuerer Lesart war seine mündliche Mitteilung an die Bethelfamilie in Brooklyn so zu verstehen, dass das Königreich Gottes in diesem Jahr tatsächlich zunächst „nur“ im Himmel aufgerichtet und Jesus dort als himmlischer König inthronisiert worden war. Seine Herrschaft über die bewohnte Erde würde der Sohn Gottes erst später antreten.
Und damit ließ es die WTG noch nicht genug sein. Um der ganzen Angelegenheit noch eine zusätzliche, für sie selbst äußerst vorteilhafte Pointierung zu verleihen, wurde dieses Ereignis mit der bereits erwähnten, ebenfalls mit menschlichen Sinnen nicht wahrnehmbaren Inspektion ihrer Organisation durch
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