Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
für den PRÄSIDENTEN, und nichts war für den PRÄSIDENTEN zu gut.“
Wenn auch einzelne Angaben in dem Brief in ihrer Darstellung überzeichnet sein könnten, da der Verfasser des Briefes sich zum Zeitpunkt seiner Abfassung im Streit mit Rutherford befand, sind die Vorwürfe, insbesondere soweit sie dessen Neigung zum Alkohol, die Villa Beth Sarim und seine beiden Luxuskarossen betreffen, zweifellos zutreffend.
Diese Anschuldigungen bringen die WTG auch heute noch in Erklärungsnöte. Vor allem, wenn man ihr den bescheidenen Lebensstil ihres großen Vorbilds Jesus Christus vor Augen hält, der nicht einmal ein Kopfkissen sein eigen nannte.
Es ist verständlich, dass die Wachtturmgesellschaft ihre früheren und derzeitigen Führungspersönlichkeiten stets in den positivsten Farben und Beschreibungen darstellt und materialistisches Fehlverhalten oder Skandale mit dem beschwichtigenden Hinweis auf menschliche Unvollkommenheiten abzutun versucht.
Aber darum geht es nur am Rande. Schließlich sind wir ja alle unvollkommen und fehlerhaft. Viel bedeutsamer erscheint die Frage nach der christlichen Vorbildfunktion dieser leitenden Brüder oder zumindest ihrem erkennbaren und sichtbaren Bemühen darum.
Sollte sich die eigene Führung nicht verpflichtet fühlen, dem biblischen Rat, den „Fußstapfen von Jesus genau nachzufolgen“ 164 in ihrem Leben zu beherzigen und damit ihrer Vorbildrolle gegenüber den einfachen Verkündigern gerecht zu werden? Wäre es mit den biblischen Lehren der Evangelien vereinbar, dass Jesus, hätte er heute gelebt, in der ersten Klasse reisen und seine Anhänger auf die dritte Klasse verweisen würde? Wohl kaum.
Hätte man sich zu Zeiten eines Judge Rutherford vorstellen können, dass dieser auch tatsächlich dem Beispiel seines vorgeblichen Vorbilds Jesus Christus nachfolgt und anderen Brüdern, vielleicht nur symbolisch, in demütiger Haltung die Füße wäscht? Damit seine Liebe zum Nächsten und seine Demut demonstriert?
Ein Beispiel gibt, zu dessen Nachahmung in der Bibel sogar ausdrücklich aufgefordert wird? 165
Aber das wäre für eine Persönlichkeit wie die von Richter Rutherford ganz offenkundig eine nicht zumutbare Forderung. Ihm wurde zu seinen Lebzeiten sogar nachgesagt, dass er selbst keine einzige Stunde im Predigtdienst auf der Straße, den er von allen anderen forderte, verbracht hatte.
Leider hat bei den Zeugen selten jemand Anstoß an diesen Widersprüchen und derartig schlechten Vorbildern im christlichen Sinne genommen und sich entsprechend zu Wort gemeldet.
Welcher Kontrast zwischen einem Präsidenten Rutherford, der in Luxuskarossen durch die Lande reist und den Armen unter den Zeugen Jehovas, die er als Kolporteure für einen Hungerlohn für die Gesellschaft arbeiten ließ:
„Ein Kontrast vor allem gegenüber den Pionieren, die oft triefend vor Nässe und zitternd vor Kälte an den Herbst- oder Winterabenden nach vollbrachtem Dienst mit ihren klapprigen Fahrrädern in ihre meist armseligen und kalten Behausungen zurückkehren. Auch hierin also ein abgrundtiefer Kontrast zwischen Theorie und Praxis, zwischen Anspruch und Wirklichkeit!“ 166
Die Tendenz zum großzügigen Umgang mit Spesengeldern beschränkte sich keinesfalls auf die ersten Führer der WTG. Sie setzte sich auch zu Zeiten des zweiten Nachfolgers von Russell im Präsidentenamt, Nathan Homer Knorr (1905-1977), so fort.
„WTG-Präsident Knorr war auch sonst einen standesgemäßen Lebensstil gewohnt. Zu seinem Penthouse - der Dachterrassenwohnung über dem Hauptquartier - führte ein nur von ihm selbst benutzter Fahrstuhl, und der allein dem Präsidenten zur Verfügung stehende Straßenkreuzer war mit einer gekühlten Bar — griffbereit vom Rücksitz her - ausgestattet.“ 167
Von brüderlicher Gleichheit konnte daher offenbar auch in der Amtszeit von Präsident Knorr kaum die Rede sein. Ganz im Gegenteil. Dieser durchgängigen Form von Ungleichbehandlung analog zum hierarchischen Status des „Dieners“ scheint entgegen biblischen Geboten 168 ein gewisses System zugrunde zu liegen.
Ein Beispiel aus dem Nachkriegsdeutschland kann als weiterer Beleg für diese Feststellung dienen. Dabei geht es um einen internationalen Kongress der Zeugen Jehovas, der auf dem geschichtsträchtigen Boden von Nürnberg im Jahr 1955 abgehalten wurde. Eben auf jenem Grund und Boden, auf dem der deutsche Diktator Adolf Hitler einst die „Auslöschung der Brut der Zeugen Jehovas“ proklamiert hatte.
Und wieder
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