Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
mal ein Kongress, bei dem viele glaubten, dass es der letzte seiner Art vor Harmagedon sei. Damit eigentlich doch auch eine Möglichkeit für die in der Hierarchie hochstehenden Brüder, sich selbst als bescheidene, demütige und bruderliebende Nachfolger Jesu zu qualifizieren, bevor das Urteil Gottes zu erwarten war.
Aber die Realität stand auch dieses Mal wieder im Gegensatz zu hehren Bekundungen von brüderlicher Gleichheit. Und das fing schon bei der Unterkunft an:
„Während die „körperlich schwer arbeitenden Brüder auf dem Boden in Massenlagern schliefen, ... wohnten die Bezirks- und Kreisdiener in der Villa am Dutzendteich, welche von der Gesellschaft gemietet war, mit ihren Frauen in schönen Einzelzimmern mit Betten“. 169
Und damit nicht genug. Der aus den U.S.A. angereiste damalige Präsident der WTG, Nathan H. Knorr, ließ sich sogar im Grandhotel der Stadt Nürnberg, einem First-Class-Hotel, unterbringen. 170 Diese, für den betreffenden „leitenden“ Bruder angenehme Gewohnheit, auf Reisen in Fünf-Sterne Hotels zu logieren, hat sich in der Wachtturmgesellschaft offenbar bis in unsere Zeit erhalten:
„Als ein neueres Beispiel für diese Extravaganz kann der 29 April 1996, ein Montag, dienen. Der über 1,90 Meter große Präsident der ZJ, Milton G. Henschel (der seit dem 30. Dezember 1992 in ihrer Hierarchie den höchsten Platz einnimmt) und Walter Farneti (Zweigkoordinator der ZJ in Italien) kamen mit ihren Frauen zu einem angeblichen „Hirtenbesuch“ in Malta an (Der Besuch endete am 3. Mai 1996).
Wenn ein ausländischer Vertreter der ZJ die Insel besucht, wird er normalerweise bei einem der örtlichen Versammlungsglieder untergebracht. Das ist in Übereinstimmung mit dem biblischen Vorbild aus 2. Könige 4:10, wo die sunamitische Frau zu ihrem Mann sagt: „Lass uns bitte ein kleines Dachgemach an die Mauer machen und dorthin ein Ruhebett und einen Tisch und einen Stuhl und einen Leuchter für ihn stellen; und es soll geschehen, dass er, wann immer er zu uns hereinkommt, dort einkehren kann“ (
Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift
).
Doch im Gegensatz zu dem, was die ZJ-Führer ihre Anhänger lehren („ein einfaches Leben führen“), beschloss Henschel, im neu erbauten Fünfsterneluxushotel auf der Insel zu nächtigen, dem Corinthia San Gorg Hotel . Die Standardpreise pro Tag in maltesischen Lire gehen von LM 80.00 bis LM 120.00 (etwa DM 380,-- bis DM 570,--).
Dies war nicht der erste Besuch Henschels auf Malta. Schon vier Jahre zuvor, vom 27. bis 30. April 1992 wohnte Henschel in einem anderen Fünfsternehotel, dem HILTON INTERNATIONAL HOTEL.“ 171
Was den internationalen Kongress in Nürnberg 1955 betrifft, machte diese besondere Form einer unterschiedlichen Behandlung von Brüdern bei der Logis keinesfalls Halt. Dazu berichtet ein als freiwilliger Helfer aus der damaligen Sowjetischen Besatzungszone angereister Bruder aus eigener Erfahrung unter der Überschrift „Wie man mit mittellosen Brüdern in brüderlicher Liebe umgeht“:
“Mittellos ging ich als einziger Bruder aus der DDR als Handwerker zum Aufbau nach Nürnberg. Die Gesellschaft warnte uns, Geld aus der DDR mitzunehmen, um keine Schwierigkeiten zu haben wegen Devisenvergehen, und ich handelte danach.
Da ich aber doch etwas Geld in der Aufbauzeit benötigte, um mir einmal was kaufen zu können, bat ich die 2 leitenden Kongressdiener, welche nach Wiesbaden ins Bethel fuhren, doch dort mal anzufragen, ob ich nicht 50 Mark erhalten könne, welche ich dann nach dem jeweiligen Kurs wieder zurückzahlen wollte.
Sie fragten in Wiesbaden angeblich Bruder Frost (Anm. Verfasser.: Leiter des deutschen Zweiges der
Zeugen Jehovas
von 1945 bis
1955
)
, der es aber ablehnte.
Nach dieser Ablehnung fragte ich die leitenden Brüder vom Kongress, weil ich ja mittellos war, ob sie nicht früh bei der Betrachtung des Tagestextes oder beim Mittagessen meine Lage den hier anwesenden Brüdern mitteilen können, dass ich um ihre Hilfe bitte.
Es möchte ungefähr so gesagt werden, damit sie es recht verstehen:
Wir haben hier beim Aufbau einen Bruder aus dem Osten bei uns. Er hat die Anweisung der Leitung beachtet und hat kein Ostgeld mitgebracht. Er ist nicht in der Lage, sich etwas zusätzlich zu kaufen und bittet die Brüder und Schwestern hier, ihm behilflich zu sein.
Auch diese Bitte wurde abgelehnt von den Dienern ohne Erbarmen. Sie selbst verfügten ja über Geld und kannten keine Not. Ich bin sicher, wenn es bekannt
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