Schwarzbuch Wachtturmgesellschaft - der verborgene Januskopf (Will Cook und die Wachtturmgesellschaft) (German Edition)
sollte man dieser überhaupt eine Moral zuerkennen. Einer eigenständigen Beurteilung der Dinge ist ein guter Zeuge damit in vielerlei Hinsicht enthoben. Diese Verantwortung ist ihm abgenommen.
Die Wachtturmgesellschaft tut dies nunmehr für ihn und lässt ihn über ihre Publikationen und durch die Ältesten wissen, was ein „guter und reifer Christ“ in bestimmten Situationen tut oder unterlässt.
Ein in sublimen Botschaften 6 verkündetes Gesetz, das für ihn künftig absolut verbindlich ist und ihn damit der eigenen Gewissensforschung und Prüfung enthebt. 7 Die aufgeführten Beispiele sind normativ, d.h. sie definieren und konkretisieren den Ermessensspielraum des Einzelnen. Desjenigen, der gern ein guter Christ sein und Jehova Gottes Wohlwollen erringen oder für sich erhalten möchte.
Diese Vorgehensweise hat für die WTG zudem einen großen Vorteil. Sie ermöglicht es ihr, die Behauptung aufzustellen, dass man in keiner Weise direkt auf die Entscheidungen der mitverbundenen Christen Einfluss nehme oder diese etwa sogar diktiere.
Jeder Zeuge Jehovas handle in eigener Verantwortung stets nach seinem christlich geschulten Gewissen. Zudem habe er bereits mit der Taufe seine Zustimmung zu den Lehren, Praktiken und Geboten der WTG in freier Entscheidung gegeben.
„ Hier komme ich auf den Begriff der vorverlagerten Gewissensentscheidung zurück. Das meint die Zustimmung zu all diesen Verfahrensweisen und den Lehren der Religionsgemeinschaft, sobald man sich taufen lässt.
Glockentin und Pikl, zwei öffentliche Vertreter der Religionsgemeinschaft argumentieren, dass der Zeuge Jehovas mit den Lehren und Verfahrensweisen vertraut gemacht wurde, bevor er der Taufe zustimmte.
Damit seien all seine Entscheidungen im Sinne der Religionsgemeinschaft letztlich seine persönliche Gewissensentscheidung und könnten daher nicht der Religionsgemeinschaft angelastet werden.“ 8
Diese Behauptung klingt gut und soll es auch. Vor allem in den Ohren der kritischen Beobachter und solcher Verantwortlicher, die über den Zulassungsantrag der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts in Deutschland zu befinden haben.
Trifft sie aber auch zu?
Eine derartige Grundlage für eine verantwortungsbewusste Entscheidung ist nur gegeben, wenn der Taufkandidat vorab über alle notwendigen Informationen, die einen Bezug zu der vor ihm liegenden Entscheidung, sprich der Taufe haben, verfügt und auf alle Konsequenzen und Einschränkungen seines künftigen Lebens als Zeuge Jehovas hingewiesen worden ist.
Dies ist nach meinen Beobachtungen bei den meisten Zeugen Jehovas, mich eingeschlossen, nicht der Fall. Die kritischen Sachverhalte und Problemstellungen, die sich mit seiner Taufe verbinden und damit die ganze Tragweite dieses Akts, werden ihm erst im Laufe seiner Zeugenlaufbahn deutlich - wenn überhaupt.
Zudem kann eine Entscheidung nur dann als frei bezeichnet werden, wenn der oder die Betreffende sich für eine von mehreren Möglichkeiten ohne Androhung von Sanktionen oder irgendeiner anderen anschließenden negativen Folge entschließen kann.
Gilt das auch für die Zeugen Jehovas? Kann ein getaufter Zeuge Jehovas sich beispielsweise frei für die Annahme einer Bluttransfusion aussprechen und auch so entscheiden, wenn ihm dies ärztlicherseits angeraten wird? Oder dagegen entscheiden, dies auch für seine unmündigen Kinder und damit im schlimmsten Fall ihren Tod inkaufnehmen?
Theoretisch könnte er das, da ihm höchstwahrscheinlich kein Repräsentant der WTG in dieser Hinsicht direkte Vorschriften machen würde. Allerdings würde in dem Fall, in dem er sich für die Durchführung einer Bluttransfusion ausspricht und dies auch an sich oder seinen Kindern zulässt, die Rechnung in Form einer Sanktion, später kommen.
Er habe durch seine Handlungsweise zu erkennen gegeben, dass er kein Zeuge Jehovas mehr sein wolle und sich mit seinem Verstoß gegen das „göttliche Gebot“, sich des Bluts zu enthalten, verstoßen und sich damit quasi selbst ausgeschlossen. 9 So oder ähnlich könnte die Argumentation der WTG lauten, die diese dem Betreffenden über ihre Ältesten mitteilen lässt. Ausschluss und der damit einhergehende Verlust seiner bisherigen sozialen Kontakte, was seine wachtturmtreuen Familienmitglieder einschließen würde, wären die unmittelbare Folge. Kann man so etwas noch als eine freie Entscheidungsmöglichkeit bezeichnen?
Die Maxime für ein konfliktfreies Leben als Zeuge Jehovas lautet,
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