Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
durften die Massai sich niederlassen, nachdem sie aus der Serengeti vertrieben wurden. Ihre Rinder fanden im Krater Salz und Wasser. Zwei Jahre nach der Umsiedlung der Massai wurde Tanganyika unabhängig.
In dem neuen Staat, der sich nach der Vereinigung mit Sansibar in Tansania umbenannte, war damals die Macht der weißen WWF-Funktionäre groß. Sie kontrollierten die Nationalparks und damit auch die Geldströme, die von den internationalen Naturschutzorganisationen und den westlichen Staaten nach Afrika flossen, um die Nationalparks zu schützen. Die Naturschutzlobby übte beharrlich Druck auf die Regierung des Landes aus, um den Massai auch das neue Siedlungsgebiet wegzunehmen: Das Ngorongoro-Schutzgebiet sei überweidet, und die Massai verbrauchten zu viel Wasser. Die Naturschützer erreichten ihr Ziel, und die Massai wurden 1974 zum zweiten Mal vertrieben.
Die Regierung schickte Militär in den Ngorongoro, die Soldaten trieben die Menschen aus den Hütten und brannten diese vor den Augen der Bewohner nieder.19 Sie öffneten auch die Kraals in den Dörfern und trieben das Vieh aus dem Krater. Wenn die Kühe instinktiv zurückkehrten, wurden sie erschossen. Massai, die sich der Vertreibung widersetzten, wurden niedergeknüppelt und ins Gefängnis geworfen.
Nachdem die Lehmhütten der Massai verschwunden waren, übernahmen Tourismus-Unternehmen die Regie und legten im Krater große Zeltlager an, in denen Tausende von Touristen campen durften. Veranstalter wie der Sierra Club boten den Gästen aus Europa und den USA Luxuszelte mit richtigen Federbetten, Duschen und eisgekühltem Bier an. Das Eis dafür wurde von Generatoren produziert, die den Krater Tag und Nacht mit ihrem Lärm erfüllten. Von Wasserknappheit war keine Rede mehr.
Erst 1992 setzte die Regierung ein Campingverbot auf dem Grund des Kraters durch. Ein Sieg für die Verwaltung des Naturschutzparkes Ngorongoro, der sich jedoch als Pyrrhussieg erweisen sollte. Denn bald tauchte ein mächtiger Investor auf, der mitten im Naturschutzgebiet ein Luxushotel bauen wollte, direkt am Kraterrand. Die Verwaltung des Naturparks lehnte den Plan ab, aber der Präsident des Landes gab den Befehl, eine Sondergenehmigung zu erteilen, denn der Investor war nicht irgendwer, sondern ein »Freund« des Landes: der pakistanische Milliardär, seine Hoheit Prinz Karim Aga Khan IV., Mitglied des WWF-Clubs der 1001 und Neffe von WWF-Vizepräsident Prinz Sarrudin Aga Khan.
Die Verwaltung des Schutzgebietes musste sich beugen. Ein ökologisches Desaster war zu befürchten, denn nach der feierlichen Eröffnung der Serena-Safari-Lodge im Jahr 1996 ging es mit dem Safari-Tourismus erst richtig los. Für 630 Dollar die Nacht kann man in der Hauptsaison im Luxushotel mitten in der Wildnis recht komfortabel wohnen. Täglich donnern seitdem 150 Jeeps pro Tag in den Krater – zum Foto-Shooting auf wilde Tiere. Nach der aufregenden Safari gibt es am Kraterrand den Nachmittagstee mit Showeinlage: Massai-Krieger in ihren roten Umhängen tanzen vor den Ökotouristen, und das Hotel bietet Ausflüge in »traditionelle Massai-Dörfer« an. Aus den Hirten sind Bettler geworden, die von den Almosen der Tourismusindustrie leben.
Das Hotel des Aga Khan und das später gebaute Nachbarhotel Ngorongoro Sopa verbrauchen enorme Mengen an Wasser. Weil sie das Süßwasser aus dem Krater pumpen, dringt immer mehr Salzwasser aus dem Ngorongoro-Salzsee in das Grundwasser ein. Als Folge der Versalzung sterben die Wälder im Krater. Aber die Touristen brauchen sich keine Sorgen zu machen, denn für die Krise werden wieder einmal die Massai verantwortlich gemacht, obwohl sie den Krater nur noch einmal am Tag betreten dürfen, damit ihre Rinder Salz und Wasser aufnehmen können. Schon wird über eine dritte Vertreibung des Massai-Volkes diskutiert. In der Nähe des Hotels des Aga Khan erhebt sich am Kraterrand eine Pyramide aus Natursteinen. Hier liegen die sterblichen Überreste von Prof. Bernhard Grzimek und die seines Sohnes Michael. Ihr Geist lebt noch.
Leichen im Keller
Dringt ein Unbefugter in das innere Reich des WWF ein, zahlt er dafür einen hohen Preis – so wie der britische Journalist Kevin Dowling, der 1990 in den Besitz interner WWF-Unterlagen gelangte, darunter auch der Mitgliederliste des Clubs der 1001. Dafür musste der Journalist, der sich als Naturfilmer einen Namen gemacht hatte, teuer bezahlen. Sein Film über das Innenleben des WWF mit dem Titel Das Geheimnis des Nashorns
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