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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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das Licht ausging.
    Einfach so. Licht weg, Tiefschlaf, nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – wie die drei weisen Affen. Bloß daß die es im Gegensatz zu mir freiwillig taten. Was man jedenfalls allgemein annahm.
    Aufwachen wäre zuviel gesagt für das, was mir nach einer unbestimmbaren Zeit passierte. Ein Zwerg mit einem Hämmerchen wollte sich offenbar aus meinem Kopf herausarbeiten, und ein anderer Zwerg mußte alle Feuchtigkeit im Umkreis von Meilen konsumiert haben, denn ich hatte das, was man nur per heftigster Untertreibung Durst nennen konnte – meine Zunge schien aus Filz zu bestehen, wie ihn heimische Schuhmacher als Zwischensohle für die beliebten Stoffschuhe verwenden, die wir tragen, wenn uns keiner zusieht.
    Nach einer Weile roch ich, daß die Luft nicht mehr so gut war wie in dem Apartment, an das ich mich erinnerte. Auch das, worauf ich lag, schien nicht die Couch zu sein, die ich dort gesehen hatte. Meine Hände, die vermittels einer dieser modernen Plasteschlingen auf den Rücken gefesselt waren, ertasteten Stein, der kalt war. Auch ein bißchen feucht. Keller?
    Die Augen schienen zu funktionieren. Aber sie waren so gut wie nutzlos, denn es herrschte die Sorte Finsternis, die kleine Mädchen dazu bringt, sich an ihre Mütter zu schmiegen. Größere manchmal auch, wenngleich es da nicht unbedingt Mütter sein mußten.
    Es dauerte ungefähr so lange, wie ein Karatefilm im Fernsehen läuft, einschließlich Reklame, bis plötzlich ein Schlüssel irgendwo in einem Schloß gedreht wurde, das noch aus der Zeit vor der Erfindung des Schmierfetts stammen mußte. Und dann traf mich die Helligkeit einer Atomexplosion, so daß ich meine Augen unwillkürlich wieder schloß. Bis mir jemand einen Fußtritt in die Seite verpaßte und eine Männerstimme mich auf Kantonesisch anbrüllte, ich solle gefälligst nicht den Bewußtlosen spielen, sonst würde man mir meine beiden Familienjuwelen zu essen geben, und zwar in Sojasoße.
    Als ich etwas krächzend herausbrachte, mir wäre ein Schuß Chili dazu recht, bekam ich prompt den nächsten Tritt.
    Der Vertreter des Begrüßungskomitees war ein Kerl, der ungefähr so aussah wie der Bösewicht vom Dienst in den ersten James-Bond-Filmen. Ich hatte mir manchmal so einen Streifen angesehen, um mich so recht grün und blau zu lachen.
    Die Sache, in der ich gegenwärtig steckte, war nicht mehr zum Lachen – sie war todernst. Das begriff ich, sobald mein Kopf wieder voll arbeitete. Ich lag in einem Kellergelaß mit massiver Tür. Kein Fenster. An der Decke eine grelle Lampe. Bewegen konnte ich mich nicht, denn auch meine Beine waren an den Fußgelenken mit einer dieser Plasteschlingen gefesselt. Außer einem Eimer, der in einer Ecke stand, war der Raum leer.
    Der Kerl, der gekommen war, um zu sehen, ob ich schon ansprechbar war, schien aus Hongkong zu stammen, wenn man nach seiner Sprechweise urteilte. Ich hatte ihn nie gesehen. Sonderlich feinfühlend war er nicht, denn als er mich jetzt wieder ansprach, schickte er einen weiteren Tritt voraus. Langsam begann ich mir Sorgen um meine Rippen zu machen. Und ich verfluchte mich heimlich, weil ich es unterlassen hatte, Bobby Hsiang wenigstens aufmerksam zu machen, daß ich mir die Wohnung des toten Killers ansehen wollte.
    Zu spät. Mein Handy, das spürte ich, war, abgesehen davon, daß ich es jetzt auch gar nicht hätte benutzen können, überhaupt nicht mehr in meiner Tasche.
    Â»Du bist der Detektiv?«
    Â»Ja«, krächzte ich. Es hörte sich an, als würde jemand Sperrholz sägten.
    Der Typ überlegte eine Weile. Als ich schon den nächsten Tritt erwartete, drehte er sich um und verließ den Raum. Es dauerte einige Minuten, dann war er mit einer Flasche Wasser zurück. Er tippte mit der Schuhspitze auf meinen Mund, daß ich fürchtete, meine Plomben könnten sich lockern.
    Â»Aufmachen!«
    Als ich es tat, goß er mir die Hälfte des Inhalts der Flasche in den Rachen.
    Â»Schlucken!«
    Ich versuchte das, ohne dabei zu ersticken. Es gelang mir sogar. Der Typ war zufrieden. Goß mir den Rest des Flascheninhalts über den Kopf. Grinste dabei. Hörte dann auf zu grinsen und fragte abermals: »Detektiv? Lim Tok?«
    Â»Das bin ich.« Diesmal klang es besser.
    Er machte eine bedeutungsvolle Pause. Zeigte mir seine Hände. Ich war beeindruckt.

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