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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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begrüßte, war er hocherfreut. Und er vertraute mir grinsend an: »Guter Mann, dieser Ba Tran.«
    Â»Sie kennen ihn?«
    Etwas leiser, aber mit demselben Grinsen sagte er: »Natürlich. In London bezog ich von ihm nachgemachte Terrakotta-Figuren aus uralten Kaisergräbern. Die englischen Sammler waren völlig verrückt danach!«
    Er hob sein Sektglas und prostete Mister Ba Tran zu, der ihn offenbar gerade erst entdeckt hatte. »Blendend nachgemacht übrigens!«
    Ich bekam am nächsten Tag nicht nur von der Bank die Nachricht, daß Geld eingegangen war, sondern auch einen neuen Auftrag. Ehescheidungssache. Als ich abends auf meiner Dschunke ankam, war Pipi schon da und empfing mich mit einem etwas nach Knoblauch schmeckenden Kuß und der Nachricht von Jerome Blondel, ich solle so schnell wie möglich ins April Moon kommen, die Bardame hätte sich meinen Heiratsantrag überlegt und stehe positiv dazu.
    Der Bursche kannte Pipi nicht. Aber die kannte manche von den Typen, mit denen ich Umgang pflegte. Es war schwer, sie mit solchen Tricks aufzuregen. Louis Mountbatten Fung, der Vorgänger Blondels im Island Guardian hatte sich ihr einmal am Telefon als der Mann vorgestellt, der eine Frau geehelicht habe, die zwei Kinder von mir aufzog. Ich sollte gefälligst meine Alimente bezahlen. Sie hatte zwischengefragt, ob es sich um die Zwillinge handle, die gaga wären, die solle er lieber wieder in den Mutterleib zurückkriechen lassen. Da war selbst Fung die Luft weggeblieben.
    Im April Moon saß Blondel an seinem üblichen Platz, war erheblich angetrunken und schrieb, wie er sagte, an einer Kritik über einen der langweiligsten Filme der Welt, dessen Regisseur soeben einen Oscar bekommen hatte. Er hielt mir zwei Fotos und eine Lupe hin. Das eine Bild zeigte Mr. Ba Tran während seiner Begrüßungsrede in der Galerie Opal, gerade als er so eindrucksvoll seine Hand in Richtung der Zuhörer ausstreckte. Das zweite zeigte seine Hand, aus der ersten Aufnahme herausvergrößert. Ich erkannte auch mit bloßem Auge den auf dem Mittelfinger tätowierten Fisch. Nur für die drei Punkte brauchte ich die Lupe.
    Â»Exzellent!« sagte ich zu Blondel. »Was soll ich jetzt machen? Ihn erschießen?«
    Er kicherte: »Gestern ist ein Herr bei unserem Verleger gewesen und hat ihm geraten, den Island Guardian an ihn zu verkaufen! Kommt Ihnen das bekannt vor?«
    Ich gab ihm die Fotos zurück. Fing denn die ganze Geschichte noch einmal von vorn an? Wenn ja, dann ohne mich!
    Zu der Barkellnerin, die mir einen Kaffee hinstellte, sagte ich: »Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte Ihnen tatsächlich einen Heiratsantrag gemacht ...«
    Sie blickte von mir zu Blondel und von dem wieder zu mir. Ratlos. Dann erkundigte sie sich in dem Tonfall, in dem man mit ziemlich kleinen Kindern spricht: »Vielleicht doch lieber einen japanischen Whisky, der Herr?«
    Ich trank ihn nach dem Kaffee.

Der Tod kam aus Shanghai
    Ich habe lange Zeit geglaubt, die überwältigende Belanglosigkeit der bei uns in Hongkong produzierten Spielfilme könnte ihrer Verbreitung vielleicht hinderlich sein – ich mußte einsehen, daß ich mich irrte.
    Offenbar hat sich mit den Jahren ein Rückgang im Geschmack anderswo in der Welt eingestellt, und deshalb gelten die in Hongkong gemachten Karate-Opern, die Tsching-Tschang-Klamotten und selbst die erbärmlichsten Historienschinken heute dort als Publikumsrenner.
    Mit anderswo meine ich Westeuropa. Nordamerika war ja schon immer ein Abnehmer für Hongkonger Zelluloid, ähnlich wie Länder im Südpazifik – aber dort gibt es überall viele chinesische Einwanderer mit sozusagen abartigem Heimatgefühl, das manche Nostalgie nennen.
    Egal ob bei Shaw oder bei Chou hergestellt, egal ob Mu Lan mit onduliertem Haupthaar präsentierend oder Dschingis Khan mit hervorstehenden Eckzähnen, egal ob mit Stunts von Jackie Chan gewürzt, mit dem Charme der etwas älter gewordenen Ann Hui als Bordellchefin oder Gong Li als wehrhafter Hot-Pants-Tante, die trotz blutender Tomatenketchup-Wunden gußeiserne Gullydeckel durch die feindverseuchte Gegend schmeißt – Hongkongs Zelluloid hat nach Bangkok und Djakarta, nach New York und San Francisco nun auch Berlins intelligente Zuschauer erobert, ebenso wie die in Paris, Wien ...
    Die Erleuchtung war mir nicht schlagartig gekommen, wie weiland Buddha, als der

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