Schwarze Blüte, sanfter Tod
klappte, wie es so oft geklappt hatte, früher, wenn wir beide als Polizisten eine ähnliche Situation zu meistern gehabt hatten.
»Lassen Sie mich hinter meinen Schreibtisch«, forderte ich Djang Hsün auf.
Er war ein entschlossener Vollzugsmann, aber wie die meisten skrupellosen Killer war er ohne Phantasie, wenn es sich nicht gerade um eine Waffe handelte. Für ihn gab es nur die Revolvermündung und den Abzug. Er schob Wu vor sich her und machte mir Platz. Obwohl er mich miÃtrauisch im Auge behielt, merkte er nicht, daà er sich Schritt für Schritt mit dem Rücken zur Tür manövrierte, während Wu mich mit vibrierender Stimme anflehte: »Mister ... Lim Tok ... tun Sie bitte, was der Mann sagt ... er ist ...«
»Maul halten!« bellte Djang Hsün. Sein Revolver schlug kurz gegen Wus Schläfe.
»Augenblick nur ...«, hielt ich Djang Hsün hin.
Ich nahm hinter ihm in der Tür bereits eine Bewegung wahr und gab mir Mühe, meinen Blick nicht dorthin gehen zu lassen. Männer wie dieser Killer hatten zwar keine Phantasie, aber sie hatten Instinkt! Ich klimperte mit meinem Schlüssel und trat vor einen kleinen, in die Wand hinter dem Schreibtisch eingelassenen Safe. Um den Killer abzulenken und in Sicherheit zu wiegen, plapperte ich los: »Mister, ich schlieÃe den Safe auf, der Kittel ist da drin, aber es ist keine Waffe eingeschlossen, wenn Sie das fürchten sollten ... ich sage das nur, damit Sie nicht denken, ich will Sie überraschen ... ich gebe Ihnen den Kittel ... und Sie können ganz sicher sein, daà alles in Ordnung ist ... keine Tricks ...« Himmel, war Bobby immer noch nicht in der Lage, einzugreifen?
Djang Hsün wedelte mit dem Revolver herum, wie um mich zu warnen, aber er kam zu sonst nichts mehr. Bobby Hsiang hatte so seine Methoden, einen Mann mit einem Revolver in der Hand von hinten auszuschalten.
Er sprang auf ihn zu und hieb mit einem irgendwo im Flur aufgelesenen Stück des alten Treppengeländers, das gerade im ganzen Haus erneuert wurde, den Revolver aus seiner Hand. Das unförmige Ding flog in meine Richtung, und ich tauchte danach. Um es in Anschlag zu bringen, benutzte ich vorsichtshalber beide Hände. Ich hörte Bobby noch knurren: »Nicht mit dem Ding! Die Krankenhausbehandlung muà der Steuerzahler berappen!«
Dann passsierte mir gegenüber zweierlei. Während er noch knurrte, hieb Bobby Djang Hsün ein Ding über den Schädel, an dem ein Mathematikprofessor glatt gestorben wäre. Aber Djang Hsün hatte mit Mathematik nichts zu tun gehabt, und er verfügte über einen härteren Schädel als Professoren: Er kippte einfach um.
Zugleich mit ihm Wu, bei dem es mich wunderte, daà er überhaupt so lange durchgehalten hatte.
»Ãbrigens ...«, sagte Bobby, nachdem er dem Vollstrecker die Handschellen angelegt hatte und seine drauÃen wartenden Mitstreiter sich zum Abtransport einfanden. Er sprach muffelnd, wie immer, wenn er zwischen den Lippen den Rest einer erkalteten Bastos kleben hatte. »Die Finger von dem Herrn da hatten tatsächlich Kontakt mit dem Stetoskop im Kittel ...«
Ich atmete tief durch und war froh, daà Gentleman Bobby mir nicht die Naivität vorhielt, mit der ich in Djangs Falle gelaufen war. Wenigstens nicht jetzt, weil Bewährungshelfer Wu langsam wieder zu sich kam ...
Als mich Bobby für den nächsten Abend einlud, ihn zum Zelt des Peking-Opern-Ensembles Tienchao drüben im Kowloon Park zu begleiten, hatten wir einen Wortwechsel, den Leute mit dürftigen Kenntnissen über unsere lange Freundschaft garantiert als Streit charakterisiert hätten.
Es fing damit an, daà Bobby mir zumutete: »Du hast diesen Auftrag von Ai Wu gehabt, das verpflichtet dich dazu, die Sache zum Ende zu führen.«
»Langsam!« bat ich mir aus. »Für mich ist der Fall abgeschlossen. Ai Wu ist tot. Der Hauptverdächtige an seinem Mord sitzt bei euch. Wird demnächst vor Gericht stehen. Was sollte ich da wohl noch zu Ende führen?«
»Du wirst es merken, wenn du mitkommst!«
»Dir, mein lieber Freund, fehlen ein paar Latten im Zaun! Oder? Soll ich da hingehen, nur um mich vom Chef der Truppe wieder einmal als ungebetener Gast behandeln zu lassen?«
Er sagte: »Dieser Keng Do-lin ist doch ein interessanter Mensch! Abgesehen davon, daà wir ihn im Verdacht haben, Anstifter von Verbrechen zu sein und
Weitere Kostenlose Bücher