Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
Vom Netzwerk:
ist?«
    Ãœberrascht mußte ich ihm gestehen: »Nein, wirklich nicht. Sie hatten wohl dienstfrei?«
    Â»Ich hatte«, er nickte trübsinnig, »und jetzt bin ich mit Vernehmungen beschäftigt. Meine Frau fährt mit den Nachbarn zum Angeln nach Ewa, und ich plage mich mit diesem Kroppzeug ab, das Sie da angeschleppt haben. Heute abend wird mir der Fisch, den meine Frau fangen wird, nicht mehr schmecken!«
    Â»Falls sie einen fängt«, gab ich zu bedenken.
    Er knurrte nur: »Nicht mal ein Bier, den ganzen Tag! Was denken Sie, wie die Kerle von der Dienstaufsicht sich haben, wenn sie nur irgendwo in einem Büro eine leere Büchse finden!«
    Es dauerte tatsächlich bis in den Nachmittag hinein, ehe ich meine Aussagen gemacht hatte und nach Waialae fahren konnte.
    Der große Hund würdigte mich wieder keines Blickes. Laureen weinte, wie sie damals als kleines Mädchen geweint hatte, wenn ihr jemand wehtat. Ich setzte mich neben sie auf die Couch in dem nobel ausgestatteten Zimmer, das plötzlich so trist aussah, und ich merkte, wie sie ihren Kopf an meine Schulter legte. Auch wie in der Kinderzeit, wenn ich sie über den Verlust von ein paar Murmeln hinwegtrösten mußte.
    Waikiki war nicht mehr ganz Waikiki, als ich am nächsten Vormittag auf dem Flughafen die letzten Minuten verbrachte.
    Sie waren alle da, um mich zu verabschieden: Laureen mit den rotgeweinten Augen, Kalapano, der eines der verrücktesten Hemden trug, die ich je gesehen habe, Kaana, die hübscher war als alle diese Berufswahinen, die in der Halle herumliefen, in Baströckchen, mit Hibiskus blüten überm Ohr.
    Auch Tamasaki war da, von dem ich den Eindruck hatte, er war froh, daß ich endlich abreiste. Er vertraute mir immerhin fast kollegial an, die Sache sei aufgerollt worden, weil ich mich bis zur Selbstaufgabe dafür eingesetzt hatte.
    Ich mußte unwillkürlich lächeln. Dieser alte Filou, der sich auf seinen Schinken ausruht!
    Hana Teoro kam im letzten Augenblick, hinter ihr die ganze Gruppe singender Wahinen, die üblicherweise den scheidenden Gästen die Leis umhängen.
    Sie sagte leise: »Trotzdem – danke, Mister Lim Tok ...« Das war alles, was sie herausbrachte, dann flennte auch sie, während sie mir den Blumenkranz um den Hals legte. Wenn ich an Osborn dachte, hatte ich Verständnis für jede einzelne ihrer Tränen.
    In einer anderen Ecke der Halle spielte die Heilsarmee den Hilo-Marsch, der wie eine Beerdigungsmelodie klang.
    Nun kann ich es nur unter innerem Protest ertragen, wenn alles um mich herum Tränen weint, egal wie traurig der Anlaß gewesen sein mag. Ich verschaffte mir Aufmerksamkeit und hielt das, was man eine Ansprache nennen konnte. Dankte allen. Sagte, wie schön ich Honolulu fand. Versprach, wiederzukommen, eines Tages, wenn die Sterne günstig standen oder Hongkong untergehen sollte.
    Bis sich nach und nach die Spannung löste, die Gesichter sich entkrampften, und dann, als meine Maschine auf der Anzeigetafel schon an die oberste Position gerückt war, rief ich Hana Teoro zu: »Singt mir ein Farewell, Mädchen!«
    Sie taten es. Ich habe nie gewußt, daß »Moorea Moon« von einem Dutzend liebenswerter junger Damen gesungen, so zum Heulen traurig machen kann.
    Und ich habe wohl nie zuvor, wenn ich mit einem saftigen Scheck in der Tasche auf eine Arbeit zurückblickte, ein so jämmerliches Gefühl gehabt. Sie riefen meine Maschine zum letzten Mal auf.
    Ich winkte zurück. Merkte auch, daß die unbeteiligten Leute in der Halle mich anstarrten wie den Gegenwärtigen von Zsa Zsa Gabor, der eine Gala-Verabschiedung bekommt, aus Mitleid. Hielten mich vermutlich sogar für einen dieser Leinwandhelden mit zerrüttetem Liebesleben.
    Ganz hinten sah ich Laureen winken, als ich durch die Schleuse ging.
    Ihre Lippen formten ein Wort. Ich glaube, sie rief »Aloha!«

Schwarze Blüte, sanfter Tod
    Ich hatte nur ein paar Stunden in Macao gebraucht, um das Alibi zu überprüfen, dem ein Anwalt in Hongkong nicht ganz traute. Bevor er mit seinem Klienten vor Gericht mußte, wollte er wenigstens genau wissen, ob dieser ihm nicht vielleicht doch etwas vorgeflunkert hatte. Gelegenheitsarbeit. So etwas macht man, wenn eine Flaute eintritt, die einem eigentlich ganz recht ist, wobei man nur dafür sorgen muß, daß trotzdem Geld ins Haus kommt. In die Dschunke, besser gesagt, denn ich besitze

Weitere Kostenlose Bücher