Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Brauen zusammen, schon irritiert. Er schwieg, als wisse er die Antwort nicht. Dann dehnte er die Abszisse des Diagramms, so daß es sich deutlicher als Aufzeichnung von Schwingungen zu erkennen gab.
»Frequenzmodulierte Wellen«, stellte Jermakow daraufhin fest.
Orlow schwieg noch immer. Der Reif an den Boxen, dem abseits liegenden Helm, den Handschuhen und am Mann taute, man hörte Tropfen herabfallen.
»Ultrakurzwellenbereich?«
Rote Markierungspunkte sprangen auf einen der Kurvenzüge. »Das ist die Leistung unseres Senders während des letzten Planrapports«, sagte Orlow. »Irgendein Ausschnitt von fünfzig oder sechzig Mikrosekunden Dauer. Ich rief den Text aus dem Speicher ab. Vor einer halben Stunde.«
»Der Sender arbeitet?«
»Oh, ich denke, das ist bekannt. Tschuk sagte… Er hat niemals etwas anderes behauptet.«
»Aber der Spruch geht nicht ab. Das ist erwiesen. Diese Frequenzen lassen sich empfangen? Wirklich? Wo? Wie?«
»Draußen. Im freien Raum unmittelbar neben dem Antennenhorn. Aber es sind noch diese anderen Frequenzen da. Das andere Band.«
Hierauf studierte Jermakow die zweite, unmarkierte Figur.
»Ich fand diese Frequenzen an bestimmten Orten in den paar Kubikmetern Raum zwischen Antennenhorn und Paraboloid«, erklärte Orlow. Und dann sagte er: »Man findet sie… unter einer bestimmten Bedingung.«
»Unter welcher?«
»Daß man… die Absicht anerkennt.«
Jermakows Züge blieben ausdruckslos. »Du könntest das endlich lassen, Boris«, sagte er ungenau. »Ich bin nicht mehr jung genug, um auf die Weise Bescheid zu wissen, wie ihr es erwartet.« Er fügte hinzu: »Die hiesige Atmosphäre ist frei von Information im Radiowellenbereich. Das ist seit fünfundzwanzig Jahren bekannt und bewiesen. Jetzt auf einmal ist das nicht mehr wahr? Mit welchem Grund plötzlich? Es gibt keinen.«
»Es gibt einen sehr einfachen Grund. Uns selbst. Daß wir hier sind.«
»Eine Hypothese.«
»Es ist nicht üblich, daß Hypothesen elektromagnetische Wellen erzeugen«, erwiderte Orlow sofort und feindselig, »jedenfalls keine solchen. Diese hier entsprechen genau den unseren. Sie sind den unseren reziprok. Sie sind derartig genau gerichtet, daß sie in dem bißchen Raum zwischen Reflektor und Paraboloid auf die Frequenzen unseres Senders treffen. Es entstehen Schwebungen. Unser Paraboloid schleudert Schwebungen zur BEAGLE. Praktisch nichts. Wir senden Rauschen!« Er sprach schneller, wies mit Fingern auf Einzelheiten der Kurvenzüge, aus Furcht, daß ihn Jermakow nicht verstehe, er geriet ins Stottern.
Jermakow ließ von den Bildern ab, während Orlow zu reden fortfuhr, stand auf, ohne Mühsal zu verbergen, und machte sich auf den Weg, hin und her, die wenigen Schritte, die die Enge zuließ. In der einen Richtung ging er auf die Puppen zu, in der anderen auf die BECKMESSER-Uhr, er gab nicht zu erkennen, ob er die Dinge sah. Er ging diesen Weg wie eine Maschine mit endlosem Programm und schien an weit Abliegendes zu denken.
Endlich hielt der Leutnant im Gehen inne, fuhr mit der Hand unter die Gläser der Brille und an den empfindlichen Augenlidern entlang. »Es ist gut, Boris«, sagte er mit beschwichtigender Geste, »ich habe dich verstanden. Ich habe das alles sehr genau verstanden. Da sind diese schwarzen…, nun, nennen wir sie Antennen, dort, jenseits des Flusses. Und da ist diese Absicht…, etwas auszutakten…, zu verhindern…, daß wir irgend etwas hinausschicken… Sie ziehen es vor, den Empfang zu verweigern. Auch den unserer Funksprüche, die nicht an sie gerichtet sind und die sie auf diese erstaunliche Weise zu ersticken vermögen.«
Er setzte sich Orlow gegenüber vor die Schirme, wo der Stuhl noch stand, den er verlassen hatte, spreizte und krümmte eine Hand, betrachtete sie und zog dann mit dem Finger eine der Wasserpfützen auf dem Rechnerpanel zu Figuren auseinander, die wie zusammenprallende Pfeile aussahen.
»Unsere Frequenzen, wie ich sehe, und ihre reziproken Frequenzen sind gegeneinander versetzt in der Zeit. Um fünfzehn oder zwanzig Mikrosekunden. Diese… Schwarzen, so nehmen wir an, können nicht schneller auf die für sie unvorhersehbaren Modulationen reagieren, die wir dem Band aufprägen. Ihre Auffassungsgabe ist ungewöhnlich schnell. Aber – so soll ich’s doch verstehen, nicht wahr? – sie ist nicht schnell genug. Die fünfzehn Mikrosekunden sind unsere Chance, eine Nachricht darin
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