Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Steinen und diesen Kristall, und dann schickte ihm plötzlich der Zahn Wellen flüssigen Feuers ins Hirn, und er haßte nur noch den Zahn. Der Haß trieb ihn an, ohne daß Giron noch wußte, wozu. Ohne Willen, den Abstand von einem Zentrum hinter sich, das einmal wichtig gewesen war, zu vergrößern und einen anderen Abstand vor sich zu verringern, spürte er dumpfen, ein wenig süßen Geruch nach etwas Lebendigem, Seltenem, das er glaubte erkunden zu müssen, dann vergaß er auch das, als neuartiges Ticken an seine Ohren drang. Viel später und schon gleichgültig erkannte er das Atemventil als dessen Ursprung, das sich kaum mehr rührte, und ebenso gleichgültig sah er den langen, rotverklebten Riß im Bein seiner Montur und daß sich der Riß in der Haut seines Schenkels fortsetzte. Dann überquerte er eine Spur rotverschmierter Steine, ohne zu wissen, warum, er kroch nur und zählte, ohne zu wissen, was. Der Rest war leere, bilderlose, rosafarbene Zeit.
Giron lag schief im Fluß. Seine Montur war grau, wie von Schimmel bedeckt, und ein dunklerer Streifen markierte die Schnittlinie des Wasserspiegels, durchnäßter Reif. Aus dem Riß im Hosenbein entwich ein Teil der Atemluft in Form blubbernder Blasen, deren Hüllen an der Oberfläche des Wassers zu winzigen Tröpfchen zerfielen. In den kurzen, von der Automatik erzeugten Perioden geringen Unterdrucks saugte der Innenraum des Anzugs jedesmal etwas Wasser an. Schließlich erreichte das Wasser den Mund des Mannes, den er offenhielt, und lief hinein. Das Wasser war kalt. Giron verschluckte sich. Davon wachte er auf.
25.
Rahel Bruceau erblickte das Wägelchen mit dem Geschirr, den Tuben und Büchsen bei einer der Lukennischen am Ende des Korridors. Die Ladung des Wagens leuchtete in der anregenden Farbigkeit von Eloxal, und das begann sie zu reizen. Sie betrachtete das Angebot, wählte mit wissenschaftlicher Sorgfalt eine der Thermotuben, drückte ein gutes Stück cremefarbener Paste auf einen Finger, schlenkerte den Finger ein bißchen, weil die Paste heiß war, steckte ihn in den Mund und zog ihn bedächtig wieder heraus, wobei sie die Augen schloß. Als sie sie öffnete, traf ihr Blick mitten in den grünen, vorwurfsvollen Judys. »Frühvogel springt höher«, sagte Rahel eilfertig und mit entwaffnendem Lächeln, daß man ihre schiefen Zähne sah, »heute gibt’s Frühstück zur Frühstückszeit, der Himmel wird schon grün, in einer halben Stunde kommt die Sonne, so ein Zufall.«
»Du hast Paste am Kinn«, sagte Judy.
»Er frißt mehr und stirbt eher, den Frühvogel mein ich, Judy. Wie siehst du aus?« Rahel trat an Judy heran, strich ihr ein paar Strähnen aus der Stirn und nahm den roten Schopf zwischen die Hände. Sie musterte das blasse Gesicht, den gehetzten Ausdruck und die Partien ermüdeter Haut um die Augen und beugte Judys Kopf mit medizinischer Entschiedenheit. Dann bohrte sie ihre Nase in die Schulter der Frau und sagte: »Du riechst nach Minze, mon Dieu, wie ein abgefärbtes Hemd.« Judy antwortete nicht.
»Ihr treibt Nebendinge. Lampoo nutzt dich aus.«
»Er arbeitet. Man muß arbeiten. Ich mache nicht mehr als er.«
»Was denn?«
Judy hatte kein Talent für krumme Wege. Sie kniff einfach die Lippen zu.
Rahel lachte. Sie zupfte ein bißchen an Judys weißwollener Kombination herum und sagte: »Egal, was du anziehst, immer sieht’s wie Karo aus.«
Judy sagte widerstrebend: »Wir analysieren Aminosäuren.«
»Ich weiß.«
»Von Colis. Und von Orlows Material. Von den schwarzen Pfennigen.«
»Ich weiß.«
»Und messen Syntheseraten.«
»Du machst das. Du!« Judy blickte an Rahel vorbei.
»Und er?«
»Du glaubst, er sagt mir das?« erwiderte Judy scharf und unglücklich.
»Du bist gut genug, um es selber zu wissen. Ich weiß, wie gut du bist.« Rahel sprach ruhig, ihr Lachen und ihr Liebreiz waren gelassenem Ernst und kühler Schönheit gewichen. »Du sollst nicht reden. Er verlangt, daß du schweigst, und du hast es ihm versprochen, nicht wahr?« sagte sie. »Du sitzt in der Klemme, du schrecklich rechtschaffenes Unikum. Du sitzt in der Zwickmühle. Du hast die Wahl, deine Karos zu verraten oder mich. Endlich könntest du deine Karos loswerden, wenn ich dich fragte, was Lampoo tut.« Rahel wischte mit aufgebogenem Finger einen Klecks Paste von der Wagenplatte, der beim Schlenkern dort hingeraten war. »Aber ich frage dich nicht mehr.«
Röte stieg aus dem
Weitere Kostenlose Bücher