Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
verlaufen Metallkufen quer über die Straße mit dem Schienenstrang in der Mitte bis zu einer Öffnung in der Kaimauer, von der aus eine Steinrampe ins Meer hinunterführt. Direkt hinter dieser Öffnung lehnt Clark Poole schwerfällig am Metallgeländer an der Oberseite der Mauer. Er ist in seinen altbekannten, speckig steifen Regenmantel gehüllt und richtet den Blick auf den Eingang des Rettungsbootshauses. Beobachtet mit einem Eis in der Hand, wie die Kinder hineinmarschieren.
Pearson folgt Sullivans Blick und sieht ihn auch.
Diesmal flucht er. »Mist, verdammter.«
Sullivan nickt, während es ihm wie Schuppen von den Augen fällt. Er wurde als Kontaktperson bei dem Aufruf genannt. Seine Person hat sich in Clark Pooles Gehirn als eine Witzfigur, als ein verhasster Gegenspieler eingebrannt, als jemand, den man verspottet, wo man nur kann. Und der anonyme Anrufer. Das Bestehen auf diesem Ort zu dieser Zeit. Der Name des toten Mädchens.
Er sieht zu, wie Poole mit einer zarten Geste den Kindern an der Lebensrettungsstation zuwinkt. Die Kinder bemerken es nicht, Sullivan schon. So, wie sich bei seinem Partner neben ihm der ganze Körper anspannt, weiß er, dass Pearson es ebenfalls gesehen hat.
Poole dreht sich zu ihnen um.
Lächelt.
Und der Wind bläst – einfach so – wieder stärker. Der Lärm. Das Treiben auf der Promenade. Nur dass Pearson Sullivan jetzt die flache Hand auf die Brust gelegt hat und ihn nach hinten drückt, damit er bleibt, wo er ist. Er sieht, wie bei seinem Partner vor Selbstbeherrschung an der Kinnlade eine harte Wölbung hervortritt, während er ihn an die Befestigungsmauer drückt.
»Hör auf, Mike, Hör auf.«
Über ihnen kreischen die Möwen. Die Brandung kracht ans Ufer.
Sullivan holt tief Luft und starrt in das düstere Grau, das sich am Himmel zusammenballt, während er versucht, sich zu beruhigen. Doch es gelingt ihm nicht. Selbst ohne ihn zu sehen, weiß er, dass ein Stück die Promenade hinunter Clark Poole ihn immer noch beobachtet und, mit sich und dem, was er hier in Szene gesetzt hat, hochzufrieden, immer noch grinst.
15
A lly und ich schliefen miteinander.
Es war vor ein paar Monaten, als wir zum ersten und bislang einzigen Mal zusammen weggefahren waren. Nur für eine Nacht, um den Tag zu feiern, seitdem wir zusammen waren. Dieser Tag war etwas Besonderes, fanden wir, und so hatten wir uns in einer Hotelanlage in einem Kurort der Yorkshire Dales ein eigenes Ferienhäuschen gemietet. Es hatte drei Zimmer, alle fürstlich eingerichtet, und im Wohnzimmer gab es sogar einen echten Holzkamin. Vor dem Ferienhäuschen lag ein sonnendurchfluteter Swimmingpool und im Hauptgebäude ein gutes Restaurant – ohne jeden Zweifel das luxuriöseste Ambiente in meinem ganzen Leben.
Es war sonnig warm gewesen, wir hatten am Pool gefaulenzt und die Füße ins kühle Wasser baumeln lassen. Wir hatten zu viel Wein getrunken, wunderbar gegessen. Jetzt war es Abend, und wir hatten im gedämpften Licht des großen Schlafzimmers unseres Häuschens Sex. Abgesehen von uns beiden kam vom Surren des Ventilators über uns das einzige Geräusch. Er drehte sich flüsternd im Kreis, blies mir kühle Luft sanft den Rücken hinunter und dann ihr. Und schließlich auf unsere Köpfe, als sie, die Fersen ins Kopfkissen gegraben, rittlings auf mir saß, mir in ihrem Rücken mit einer Hand auf die Innenseite des Oberschenkels drückte und mich mit der anderen am Hinterkopf hielt, so dass ich ihr gerade in die Augen sehen musste, während ich kam.
Danach mussten wir selber über uns lachen.
Ganz schön dämlich, oder?
Aber uns wird schon nichts weiter passieren.
Ally hatte den Kopf zurückgeworfen – doch nicht aus Leidenschaft –, ich erkannte ihr gequältes, blutverschmiertes Gesicht in der Mitte einer schwarzen Blume.
Ich war mit einem Schlag hellwach und saß senkrecht.
Auf meinem Nachttisch klingelte mein Handy. Ich griff zu schnell danach, so dass ich es fast auf den Boden warf. Es war eine unbekannte Nummer, und mein Herz schlug noch heftiger. War er das? Um mir zu sagen, ich hätte sie nicht schnell genug gefunden, und so …
Ich spürte meinen Puls im Kopf, als ich das Handy ans Ohr hielt.
»Hallo?«
»Ist da Neil Dawson?«
Es war eine Frauenstimme.
»Ja.« Mit der anderen Hand wischte ich mir über die Stirn. »Ja, am Apparat.«
»Hier spricht Barbara Phillips.«
Die Gardinen im Hotelzimmer waren nächtlich schwarz, doch ich konnte die Zeit auf der anderen Seite des
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