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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Zimmers ablesen: hellgrüne Ziffern, die unter dem Fernsehbildschirm leuchteten. Ich spähte hinüber. Fast Mitternacht. Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte, sagte sie:
    »Tut mir leid, dass ich um diese Zeit anrufe. Ich habe gerade erst meinen Anrufbeantworter abgehört. Ich bin in letzter Zeit sehr eingespannt – mein Mann ist krank.«
    »Nein«, sagte ich, »das macht nichts. Danke, dass Sie zurückrufen.«
    »Keine Ursache. Wo stecken Sie denn?«
    Ich zögerte.
    »Ich bin in Whitkirk.«
    »Tatsächlich? Das macht es vermutlich noch einfacher. Aber es ist schon spät, und ich bin sehr müde. Könnten wir uns morgen treffen? Sagen wir um zwölf?«
    »Ginge es eventuell etwas früher?«
    »Tut mir leid. Ich habe andere Verpflichtungen.« Sie gab mir erst gar keine Gelegenheit zu protestieren. »Warten Sie. Es gibt ein Café an der Strandpromenade. The Fisherman’s Catch. Es ist ziemlich gut. Da sollten wir uns treffen.«
    The Fisherman’s Catch. Es war kein Stift in der Nähe; ich versuchte, es mir zu merken.
    »An der Promenade«, wiederholte ich. »In Ordnung.«
    »Müssten Sie problemlos finden. Wo wohnen Sie?«
    Wieder zögerte ich.
    »Im Southerton.«
    »Ah ja«, antwortete sie. »Wo sonst. Also, von da ist es nur ein Stück. Wirklich nicht weit.«
    Wo sonst. Weil sich all die Ereignisse irgendwie um dieses Hotel zu konzentrieren schienen. Und ihrem Ton nach war sich Barbara dessen bewusst.
    »Also dann um zwölf«, sagte ich.
    »Gut. Ich freue mich drauf. Und – Neil? Sie erwähnten, dass Sie über Ihren Vater reden wollten, also gebe ich Ihnen in der Zwischenzeit einen gut gemeinten Rat. Sprechen Sie mit niemand anderem, bevor wir uns getroffen haben.«
    Ich antwortete nicht.
    »Schon gar nicht mit der Polizei«, fügte sie hinzu.
    Und dann legte sie auf.

16
    H annah stand in der Küche ihres Vaters und trank einen Becher Kaffee. Das Schiebefenster war offen und gewährte einen quadratischen Ausblick in die Nacht, während sich in der geschlossenen Fensterhälfte das bernsteinfarbene Licht im Zimmer und sie selber spiegelten. Irgendwo im hinteren Bereich des Gartens konnte sie ein nächtliches Muster aus Laub erkennen.
    Sie blätterte wieder einmal im Fotoalbum, das offen auf der Arbeitsplatte lag. Sie rechtfertigte sich dafür mit der Überlegung, dass sie vielleicht irgendwo auf diesen Seiten eine Bestätigung finden würde, einen Hinweis, dass ihr Vater nie der Mann gewesen war, für den sie ihn gehalten hatte, sondern, wie sie nun befürchten musste, ein Mörder. Vielleicht entdeckte sie ein Blitzen in seinen Augen oder einen Fleck auf einer Hemdmanschette. Natürlich war das lächerlich – andererseits war es nicht weniger absurd anzunehmen, es hätte überhaupt nie ein Anzeichen gegeben und die beiden Seiten von Colin Price seien so verschieden wie die zwei Seiten einer Münze.
    Das war die Rechtfertigung. Natürlich wusste sie, dass sie in Wahrheit immer noch verzweifelt nach diesem Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit suchte und alles daransetzte, sich den Vater zurückzuholen, wie sie ihn in Erinnerung behalten wollte. Seltsamerweise tröstete sie das Blättern in den Fotos jetzt, nachdem sie zumindest einen Teil der Wahrheit gelüftet hatte, mehr als in den Tagen davor. Denn irgendwie half es, Klarheit zu haben. Egal, wie monströs etwas ist, es wird noch um einiges schlimmer, wenn es dem Betroffenen unsichtbar im Rücken lauert.
    Hannah legte die Hände um die halb leere Kaffeetasse. Eines hatte sich nicht geändert: Unter all den Fotos war es immer das zweite, zu dem sie zurückblätterte, dasjenige, auf dem ihr Vater sie kurz nach der Geburt in den Armen hielt. Ort und Zeit seiner Entstehung blieb im Dunkel der Vergangenheit verborgen; es fing einen Moment ein, in dem sie da gewesen war, ohne sich je daran erinnern zu können. Zugleich konnte sie die Tatsache nicht leugnen, dass eine unsichtbare, sprunghafte und vertrackte Linie das Bild von diesem Baby über all die anderen Momentaufnahmen von ihr im Album mit der Hannah aus Fleisch und Blut verband, die hier und jetzt in diesem Zimmer stand.
    Das ist immerhin etwas, dachte sie. Diese Linie ist wichtig. Es ist tröstlich, sich wie an einem Strick durch sein Leben zurückzuhangeln und zu wissen, dass es da irgendwo einen Zusammenhang mit der Person gibt, die man ist.
    Vor allem aber zeugte das Bild vor ihren Augen eindeutig davon, wie viel sie ihrem Vater bedeutet hatte. Ein paar Seiten weiter ließ er ihr Fahrrad los, damit sie

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