Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
und rechts die Straße entlang. Weit und breit nichts – keine parkenden Autos. Nach seinen jüngsten Aktivitäten hatte er damit gerechnet, den Polizisten bei seiner lächerlichen Wache zu sehen. Im Lauf des letzten Jahres ist er immer einmal wieder aufgetaucht. Ganz bestimmt doch heute Abend?
Wahrhaftig Fehlanzeige.
Poole ist enttäuscht. Er ist eigens zu diesem Anlass ohne seinen Stock herausgekommen. Was für eine Verschwendung.
In diesen Tagen ist es sein einziges – oder zumindest größtes – Vergnügen, DS Michael Sullivan zu quälen. Poole ist nicht mehr der Jüngste, und er muss viel mehr auf der Hut sein. Nur selten eröffnen sich Möglichkeiten. Nach der Sache in seiner Heimatstadt und seiner anschließenden Freiheitsstrafe haben sie ihn hierher in diese schmuddelige Bruchbude verpflanzt, eine Wohnung, in der er sich ständig beobachtet und zugleich irgendwie mickrig und abgeschoben fühlt. Für die Behörden ist er ein Perverser; sie haben ihn in das nächstbeste Loch gesteckt und sein Leben durchleuchtet, und da ihm echte Vergnügen weitestgehend versagt bleiben, muss er sich die meiste Zeit anderweitig unterhalten. Den Polizisten zu plagen ist zu seiner Lieblingsbeschäftigung geworden.
Er überquert langsam und ein wenig schwerfällig die Straße.
Er denkt an das kleine Mädchen, das er auf der Promenade gesehen hat, und wie hilflos und verloren die Kleine schien. In Wahrheit hat er sie als Erster entdeckt – seine Aktivitäten haben zwar nachgelassen, seine Instinkte aber sind noch hellwach. Da er immer noch über die Sinne und Erfahrungen eines Raubtiers verfügt, hat Clark Poole den Jungvogel, der aus dem Nest gefallen ist, sofort erkannt. In einer vernünftigen Welt hätten sie die Kleine einfach ihm anvertraut. Er hätte sich wie um Anna Hanson gut um sie gekümmert.
In diesem Fall allerdings musste er mit ansehen, wie sie weggeführt wurde.
Poole wird zu so vielem gezwungen. Den Polizisten zu schikanieren, ihm seinerseits Dinge aufzuzwingen, genügt beinahe, um die dunklen Triebe in ihm zu befriedigen – doch er hat auch physische Bedürfnisse. Da es ihm versagt bleibt, sich so zum Ausdruck zu bringen, wie er gerne möchte, sucht er sich in einer einsamen Nacht wie dieser eben anderweitig Trost.
Als er die Straße überquert hat, sieht sich Poole noch einmal um. Es ist sehr still. Das einzige Geräusch, das zu hören ist, kommt vom leichten Nachtwind. Für einen Moment scheint ihm das gelbe Licht der Straßenlaterne auf den gekrümmten Rücken, dann tritt er durch das alte Tor zum Park und verschwindet in seinen schwarzgrünen Tiefen.
Der Faverton Park ist ruhig und klein und macht der Polizei entsprechend wenig Mühe. In der Mitte steht ein Musikpavillon, an dem sich Teenager zum Trinken treffen. Nachts sind sie fast unsichtbar, nur schwarze Gestalten in der Dunkelheit, aber man hört oft ihre Stimmen und das Klirren von Flaschen, die zerbrochen werden, durch den Park. Von den anderen schattenhaften Gestalten allerdings hört man nichts – von Männern, manche mit Hund, manche ohne, die dem asphaltierten Pfad rings um die bewaldete Ecke des Parks mit ihrem Gebüsch und Unterholz folgen, einem Stück Wildwuchs, das sich wie ein Rostfleck in eine Metallplatte frisst.
Auf diesem Gelände, lediglich in der Nachbarschaft des heruntergekommenen Wohnkomplexes, verursacht keine der beiden Gruppen ernste Probleme, schon gar nicht mitten in der Nacht, und so führt die Polizei im Park nur gelegentliche Razzien durch. Sie reagiert damit auf die Ängste der Bürger, die Dinge könnten aus dem Ruder laufen, und selten auf konkrete Handgreiflichkeiten. Ansonsten überlässt sie die Gegend ihrem Schicksal. Jedermann weiß, dass sie sich mit wesentlich schwereren Verbrechen befassen muss.
Sullivan hat das Team organisiert, das den Park vor einer Stunde durchkämmt und die Jugendlichen wie die Männer mit sanftem Druck hinausbefördert hat. Ein Polizeitransporter hat sich auf dem Parkplatz am anderen Ende postiert, um dort weitere Besucher vom Betreten des Geländes abzuhalten. Diesmal wurde die Razzia allerdings im Interesse der Öffentlichkeit organisiert. Sie sollte dafür sorgen, dass jetzt, als Clark Poole seinen Spaziergang auf dem Weg rund um den Park beginnt, das ganze Terrain so menschenleer wie möglich ist.
In Schwarz gekleidet, folgt Sullivan Poole in einiger Entfernung und im Schutz der Bäume am Wegesrand, so dass er ihn nicht entdecken kann. Gelegentlich hält der alte
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