Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Komplimenten, während sich der Hund die Schnauze an Brunos Schenkel
rieb. Wenn er doch Frauen nur ebenso gut verstehen könnte wie seinen Hund!
Aber vorher musste er sich wohl selbst verstehen lernen und Klarheit
darüber gewinnen, was er eigentlich wollte. Was erwartete oder erhoffte er von
Pamela? Sie hatte deutlich gemacht, dass ihr an einer festen Beziehung nicht
gelegen war und dass sie unabhängig bleiben wollte. Bruno hatte nie
irgendetwas anderes in Aussicht gestellt, glaubte aber absehen zu können, dass
er mit ihr als Frau auf Dauer durchaus zufrieden sein würde. Sie war aufmerksam
und freundlich, und die kühle, selbstbewusste Miene, die sie öffentlich zur
Schau trug, verwandelte sich auf atemberaubende Weise, wenn sie und er
ungestört waren. Besonders reizvoll fand er auch ihre englische Art. Zwar
sprach sie fast perfekt Französisch, aber es wurde doch immer wieder deutlich,
dass beide aus unterschiedlichen Quellen schöpften.
Pamela fragte ihn oft nach der Bedeutung von Straßennamen, die er
einfach als gegeben hinnahm. Warum hieß diese Straße 1 8.Juni und jene 8. Mai? Was hatte es mit der Dix-huit
Brumaire auf sich oder mit dem 21. April? Ihm
waren all diese Daten gewissermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, und die
Geschichten, die dahinterstanden, gehörten wohl oder übel zur französischen
Identität, so die Bartholomäusnacht und die Voie Sacree von Verdun,
das Horn von Roland, mit dem er zur Schlacht von Roncesvalles rief, oder die
Belagerung von La Rochelle, die Sonne von Austerlitz und Leon Blums Front
Populaire. Er konnte ihr zwar erklären, worum es ging, ihr aber nicht
vermitteln, welche Empfindungen und Assoziationen dabei mitschwangen oder
warum fast alle Franzosen ein Faible für Akkordeonmusik oder andouillettes hatten.
Aber gerade das machte wohl, wie er glaubte, einen Teil ihres Charmes
aus, dieser Reiz exotischer Fremdheit und das Versprechen auf Abenteuer, für
die er einen ausgeprägten Sinn hatte. Trotzdem, wenn es ihm vor allem darum gegangen
wäre, hätte er ein Leben an der Seite Isabelles in Paris und im Einsatz für den
Brigadier sehr viel attraktiver finden müssen, als es der Fall war. Isabelle
war so wunderbar aufregend und animierend, dass er ihr oft nacheifern wollte.
Aber nicht immer. Er atmete die kühle Nachtluft ein, nahm einen ersten
Widerschein der Morgendämmerung wahr, noch ehe es im Osten hell wurde, und
wusste, dass er diese Wälder, sein Zuhause und Saint-Denis liebte und nie
darauf verzichten könnte.
Auf dem Umweg über den langgezogenen Hügelrücken kehrte er nach Hause
zurück, eigentümlich zufrieden mit dem Ausgang seines Selbstgesprächs und der
neuerlich gewonnenen Einsicht, dass weder Isabelle noch Pamela, obwohl er
sich zu beiden hingezogen fühlte, ihm all das bieten konnten, worauf es ihm
letztlich ankam. Er liebte Isabelle, würde sich aber mit der Art, wie sie ihre
berufliche Laufbahn verfolgte, nicht anfreunden können. Und er liebte Pamela
und das Landleben, das sie führte, hier, in diesem Winkel Frankreichs, in dem
sie sich so wohl fühlte, dass sie dafür ihre Heimat aufgegeben hatte. Sie wäre
die richtige Frau für eine feste Beziehung. Doch darauf wollte sie sich nicht
einlassen, und er, wie er sich ehrlich eingestehen musste, im Grunde auch
nicht - noch nicht.
Als er aufblickte, sah er sein kleines Haus, das sich schwarz vom
Sternenhimmel abhob, mit dem Dach, für das er bereits Umbaupläne ausgearbeitet
hatte. Mit einem Gaubenfenster wollte er im ungenutzten Dachboden ein zusätzliches
Schlafzimmer einrichten. Warum eigentlich, wenn nicht doch der Wunsch da wäre,
irgendwann eine Familie zu haben, Kinder, die in diesem Zimmer schlafen und
Gigi oder seinen Nachfolger heimlich mit nach oben nehmen würden, damit er
ihnen das Bett wärmte? Kinder, denen er dieses Haus, das er ausgebaut hatte,
und das Grundstück mit dem Garten würde vererben können.
Hercule hatte sich sehr großzügig gezeigt, war aber bestimmt traurig
gewesen, als er in Ermangelung eines Erben aus der eigenen Familie dieses
Testament formuliert und all sein irdisches Gut Freunden und der Wohlfahrt
vermacht hatte. Bruno würde es sehr vermissen, mit Hercule durch diese Wälder
zu streifen und nach den Fliegen Ausschau zu halten, die mit ihrem Tanz
verrieten, wo Trüffeln im Boden zu finden waren. Er würde die Art vermissen,
mit der Hercule mit Hunden umgegangen war, insbesondere mit Gigi, dem er
beigebracht hatte, Trüffeln aufzustöbern und die Stelle
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