Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Pamela“, sagte Bruno. „Ich wollte fragen, was ihr von Bills
Idee haltet, mich in den Stadtrat zu holen. Er hat's mir gegenüber nur kurz angedeutet
und dann gleich ausposaunt. Du wärst viel geeigneter für diesen Posten,
Bruno.“
„Kommt für mich nicht in Frage, und ich glaube, er weiß das“, entgegnete
Bruno, als Pamela die dampfende Kasserolle aus dem Ofen holte. Er sog die
herrlichen Aromen von Knoblauch, Huhn und Zitrone in sich auf. „Ich bin Angestellter
des Bürgermeisters und somit auch des Stadtrates, und als Angestellter kann ich
nicht gleichzeitig Mitglied sein. Das ist rechtlich nicht drin. Aber du,
Pamela, wärst eine echte Bereicherung.“
„Obwohl ich immer noch von allen als die verrückte Engländerin
bezeichnet werde?“ Sie stellte die Kasserolle mitten auf den Tisch.
„Das ist doch längst vorbei“, widersprach Bruno. „Solche Spitznamen
kriegt hier auf dem Land erst einmal jeder, der von außerhalb zuzieht und noch
nicht so richtig einzuschätzen ist. Aber inzwischen kennen dich alle als
Pamela.“
„Würde ein Sitz im Stadtrat viel zusätzliche Arbeit mit sich bringen?“,
fragte sie.
„Er tritt für gewöhnlich einmal in der Woche zusammen, häufiger nur
dann, wenn über den Haushalt beraten wird“, antwortete Bruno. „Aber natürlich
muss man sich um seine Wähler kümmern, und das wären in deinem Fall die zugezogenen
Ausländer, von denen etliche Probleme mit der Sprache haben. Es könnte durchaus
sein, dass du als unbezahlte Dolmetscherin fungieren und den Leuten dabei helfen
musst, sich im Dickicht unserer französischen Bürokratie zurechtzufinden.“
„Immerhin ist es durchaus schmeichelhaft, dass Bill dich vorgeschlagen
hat“, sagte Fabiola, als Bruno den Wein ausschenkte.
Pamela wirkte ein wenig zerstreut, denn anstatt wie sonst herzhaft
zuzulangen, pickte sie lustlos an ihrem Essen herum. Dafür trank sie so viel
Wein wie die beiden anderen zusammen. Nach dem Hähnchen nahm sich Bruno eine
dünne Scheibe vom tomme d'Audrix, der von
Stephane kreierten Käsespezialität der Region, wozu er sich einen letzten
Schluck Wein schmecken ließ. Dann stand er mit der Bemerkung, rechtzeitig zu
Bett gehen zu wollen, weil er morgen einen schweren Tag vor sich habe, auf und
tat so, als bemerkte er Pamelas enttäuschtes Gesicht nicht.
„Nehmen Sie's nicht krumm“, sagte Fabiola, als sie ihn zum Landrover
brachte. „Sie ist ein bisschen durcheinander, weil eine Bekannte aus Le
Buisson Sie, Bruno, gestern Abend mit irgendeiner alten Freundin am Bahnhof
gesehen hat. Sie wissen ja, wie schnell sich so etwas herumspricht.“
In seinem dunklen Schlafzimmer ließ sich Bruno die Szene auf dem Bahnhof
noch einmal durch den Kopf gehen. Weil die Zeit drängte, hatte er Isabelle nur
ein Küsschen auf die Wange geben können, ehe sie in den wartenden Zug gestürzt
war. Ja, er empfand immer noch viel Zärtlichkeit für sie, aber dass es mit
ihrer Romanze aus war, hatte sie beim vorletzten Abschied sehr deutlich
gemacht. Lächelnd erinnerte sich Bruno an ihren Anblick, wenn sie neben ihm in
seinem Bett gelegen hatte, an den Duft, den sie auf den Kissen zurückgelassen,
und daran, dass sie statt eines Morgenmantels gern eines seiner Hemden
getragen hatte.
Er öffnete die Augen und schaute durchs Fenster auf den schwarzen
Waldrand. Was ihm an der Winterzeit am wenigsten gefiel, war das späte
Hellwerden und dass er aufstehen musste, wenn es noch dunkel war. Immerhin
hatte er es warm im Haus. Die dicken Steinmauern hielten die Wärme im Haus, die
der Holzofen ausstrahlte. Bruno stieg aus dem Bett und öffnete die Tür, um Gigi
hereinzulassen, der ihn überschwenglich begrüßte. Dann schaltete er Radio
Perigord ein und machte seine Morgengymnastik, eine alte Gewohnheit aus seiner
Militärzeit. In den Nachrichten war als zweite Meldung zu hören, dass in
Bergerac ein asiatischer Supermarkt gebrannt hatte. Es wurde immer schlimmer.
Er setzte Kaffee auf und toastete die Baguettereste vom Vortag. Um keine
Zeit zu verlieren, begann er mit der Vorbereitung für den Leichenschmaus zum
Andenken an Hercule. Gigi wurde ganz nervös, als Bruno die Rehkeule holte, die
am Deckenbalken der Küche hing. Er schnitt einen Teil der Fettschicht ab,
würfelte sie und gab die lardons in eine
Pfanne, um sie auf dem Gasherd anzubraten. Dann löste er sechs Schalotten aus
dem Zopf, der von der Decke herabhing, und machte sich daran, sie zu häuten.
Das Brot war jetzt getoastet. Gigi bekam einen Teil
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