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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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sagen, denn alle übrigen wußten, daß der alte Mann noch etwas in Reserve hatte.
    »Nein, das geht nicht, Sir!« rief Charles. »Sie haben doch Lügendetektoren und Drogen und solche Sachen ...« Falcaro lächelte ihn wohlwollend an, so daß es ihm die Stimme verschlug und er nur noch auf die Mißbilligung der anderen wartete. Das rätselhafte Mädchen runzelte die Brauen. Verdammt noch mal, dachte Charles und wäre lieber statt in einem Sessel in der Erde versunken.
    »Der junge Mann spricht die Wahrheit«, sagte Falcaro, »und das ist uns allen ja auch bekannt. Was dann, wenn wir eine Möglichkeit haben, die Drogen und Lügendetektoren zu umgehen? Welcher von euch tollkühnen Burschen würde freiwillig in die Todesfalle gehen, indem er die Regierung ausspioniert und uns berichtet, was er erfährt?«
    Charles stand auf. Alle Schwäche und Verlegenheit war von ihm abgefallen, denn er hielt es für notwendig, eine große Szene hinzulegen. »Ich werde gehen, Sir«, erklärte er ruhig.
    »Guter Junge«, meinte Edward Falcaro wohlwollend. »Die junge Dame hier wird sich um dich kümmern.«
    Charles ging langsam zum Kopfende des Tisches und dachte daran, daß er eine gute Figur machen müsse. Onkel Frank ruinierte aber seinen großartigen Abgang damit, daß er ihn am Ärmel packte, als er an seinem Platz vorbeiging.
    »Na, viel Glück denn, Charles«, flüsterte Onkel Frank. »Und um Himmels willen, paß doch besser auf dich auf. Hast du denn nicht begriffen, daß der alte Teufel von Anfang an darauf losging?«
    »Leb wohl, Onkel Frank«, sagte Charles. Er ging weiter, fühlte sich plötzlich aber gar nicht mehr wohl. Die junge Dame stand auf und öffnete ihm die Tür. Sie war graziös und geschmeidig wie eine Katze, und er hatte das fatale Gefühl, daß er der Kanarienvogel sei.

 
5.
     
    Max Wyman schob sich durch eine so dichte, lärmende Menge, wie er sie noch nie erlebt hatte. Atomlampen verbreiteten ein Licht, das heller war als Tageslicht, und sie strahlten von hundertstöckigen Gebäuden. Quer über den Scratch Sheet Square bewegte sich eine fünfundzwanzig Meter hohe Leuchtschrift: 31. DEZEMBER ... COPS MELDEN ZWEI MILLIONEN NEW YORKER AUF DER STRASSE, UM DAS NEUE JAHR ZU BEGRÜSSEN ... FALCARO WITZELT IM FERNSEHEN: ICH DACHTE, WIR WÜRDEN ES NIE MEHR SCHAFFEN ... 23.59 ... 24 UHR ... 1. JANUAR ... EIN GUTES NEUES JAHR!
    Das Geschrei der Menge wurde immer frenetischer. Max Wyman hielt sich den Kopf, um diesen Wahnsinn auszuschließen. Ein Dutzend junger Burschen, gegen die er gedrückt wurde, rissen einem Mädchen die Kleider vom Leib. Alle lachten, und die Abwehr des Mädchens war nur ein übermütiges Scheinmanöver. Es war eine der sehr milden New Yorker Winternächte. Wyman sah die weiße Haut, und er wußte nicht, daß seine Augen vor Zorn funkelten, daß er wütende Flüche schrie. Niemand hörte auf ihn.
    Jemand drückte ihm eine Flasche in die Hand; er griff danach und ließ den Alkohol in großen Schlucken die Kehle hinabrinnen. Dann wurde ihm die Flasche von einem anderen entrissen, und eine unförmig fette Frau begann ihn zu seinem Entsetzen abzuküssen. Ein lachender, weißhaariger Mann riß sie endlich von ihm weg, um sie seinerseits abzuküssen.
    Dann fingen zwei Mädchen damit an, ihm die Kleider vom Leib zu reißen, und sie johlten übermütig dazu, weil sie es für einen besonders gelungenen Gag hielten. Aber ganz unvermittelt hörten sie damit auf, als sie sahen, daß er vor Wut kochte. Eine plötzliche Strömung der Menge trennte ihn von den Mädchen, und eine andere Flasche wurde ihm in die Hand gedrückt. Er nahm sie, trank aber nicht, sondern schob sie unter seinen Gürtel. Seine Hand lag schützend darauf, als er sich an den Rand des röhrenden Mobs treiben ließ.
    DIE FÜHRER DES SYNDIKATS BEGRÜSSEN DAS NEUE JAHR ... TAYLOR PREIST DAS JAHRHUNDERT DER FREIHEIT ...
    Wyman wurde gegen ein Mädchen gedrängt, das ihn erst freundlich anlächelte, ihn dann genauer anschaute und schrie: »Weg! Laß mich los!« Mit beiden Fäusten trommelte sie auf seine Brust. Jetzt konnte man schon einzelne Stimmen unterscheiden, wenn auch die Menge noch immer sehr dicht war. Sie schrie noch immer und schlug auf ihn ein, aber plötzlich wurden sie auf die Rampe am Scratch Sheet Square geschoben. Das Mädchen landete auf dem nach Norden führenden Streifen und verschwand in der Menge.
    Wyman rieb sich mechanisch am Ohr, stapfte zur Rampe, die nach Osten führte, und ließ sich auf eine Bank fallen. Mit einer

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