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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. M. Kornbluth
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Geschwindigkeit von fünf Meilen per Stunde glitt die Rampe dahin. Verständnislos schaute er zu den beiden Schnellstreifen hinüber, wagte jedoch nicht, einen von ihnen zu betreten, seit einem Monat hatte er fast ununterbrochen getrunken. Spränge er, dann würde er sicher stürzen und dabei die Flasche zerbrechen.
    Die Fünfmeilenrampe verließ er am Riveredge, und niemand stieg mit ihm zusammen aus. Riveredge war ein Gewirr von Frachtstraßen, die kreuz und quer in mehreren Stockwerken über das Lagerhausviertel führten.
    Unter gurgelnden Öl-, Frisch- und Abwasserrohren, um riesige Lagerhallen und Öltanks herum suchte er sich seinen Weg. In Riveredge war es nie dunkel, und immer herrschte hier Geschäftigkeit. Vierundzwanzig Stunden täglich genügten nicht, den Bedarf von Manhattan heranzuführen und die erzeugten Waren und den Unrat wegzuschaffen. In taghell erleuchteten Glaskäfigen überwachten und leiteten die Transportingenieure den Güterverkehr. Einsatzmannschaften rasten aus den Notstationen, um hier eine schadhafte Weiche, dort eine abgesunkene Platte zu ersetzen oder die an einer zu scharfen Kurve hängengebliebenen Nylonballen zu entwirren.
    Er fand die Notstation 26, zog seine Jacke über die Flasche, schwankte hinein und war betrunken genug, um vorgeben zu können, er sei nüchtern. »Hi«, sagte er heiser zum Vormann. »Bin in die Feiern geraten.«
    »Die haben wir bis hierher gehört«, antwortete der Vormann und musterte ihn eindringlich. »Sag mal, alles in Ordnung mit dir, Max?«
    Die Frage machte ihn wütend. »Na, klar; hab nur ein paar geschmettert. Du meinst wohl, ich bin betrunken, was?«
    »Jesus«, sagte der Vormann müde. »Schau mal, Max, ich kann dich doch heute nicht hinausschicken. Du könntest ja umgebracht werden. Ich versuch doch nur vernünftig zu sein, und du solltest es auch sein. Was kratzt dich denn eigentlich, Junge? Gegen ein paar Drinks hat doch kein Mensch was. Aber wenn du getrunken hast, dann wirst du so gemein, daß ich's nicht ertrage, und keiner hier kann's ertragen.«
    Wyman wollte mit einem Fluch auf ihn losgehen, doch da fing jemand den einen Arm, ein anderer den zweiten. Es waren Dooley und Weintraub, seine Schichtkollegen, und beide sahen recht unglücklich und besorgt drein.
    »Ihr lausigen Ratten!« knirschte Wyman. »Einem in den Rücken fallen ...« Er begann zu weinen, und dann war er mit einem Mal im Stehen eingeschlafen. Dooley und Weintraub legten ihn auf den Boden.
    »Ist er denn immer so?« fragte der Vormann und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war erst seit zwei Wochen bei der Station 26 tätig.
    Dooley zuckte die Achseln. »So ungefähr. Vor drei Monaten ist er zu uns gekommen und hat gesagt, er sei Nothilfemann in Buffalo bei den Frachthöfen gewesen. Mit der Arbeit kennt er sich recht gut aus, aber einen so verrückten Kerl wie ihn hab' ich noch nie gesehen. Nie hat er ein freundliches Wort für einen anderen, niemals lacht er. Immer nur trinken, trinken. Und diesmal hat er sich anscheinend ganz vollaufen lassen.«
    »Ich glaube, er ist das, was man früher einen Alkoholiker nannte«, warf Weintraub ein.
    »Was ist denn das schon wieder?« fragte der Vormann.
    »Ich hab' gelesen, daß es solche Leute vor der Syndikatszeit gegeben hat. Damals war ja alles anders. Immer ist auf einem herumgepickt worden, und einer hat immer gegen alle anderen gekämpft. Vom ständigen Kampf wurden die Leute dann so müde, daß sie's nicht ertragen konnten, und deshalb tranken sie. Natürlich hatten sie ein schlechtes Gewissen, aber je schlechter das Gewissen wurde, desto mehr tranken sie. Ja, das hab' ich gelesen«, bekräftigte er abschließend.
    »Ja, damals muß es ja ziemlich schlecht ausgesehen haben«, meinte der Vormann. »Sind denn diese Alkoholiker drüber weggekommen?«
    »Das weiß ich nicht«, gab Weintraub zu. »Soweit hab' ich noch nicht gelesen.«
    »Hm. Ich glaub', ich werf ihn besser 'raus.« Der Vormann studierte die Gesichter der beiden anderen, um deren Reaktion kennenzulernen. Beide Männer sahen erleichtert drein. »Ja. Ich schmeiß ihn 'raus. Er kann zum Syndikat gehen um Arbeit. Hier nützt er uns nichts. Stellt ein bißchen Suppe auf, die er essen kann, wenn er aufwacht.« Der Vormann war ein Mensch von durchschnittlicher Güte und hoffte, Suppe möge helfen.
    Aber um halb vier, nachdem zwei Notrufe unmittelbar aufeinandergefolgt waren, stellten sie fest, das Wyman die Station verlassen hatte, ohne ein Wort zu

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