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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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zu tauchen, um zu schreien.
    Hinter dem Pool verlief die Hecke, die den Garten hinter dem Haus umgab. Sie war drei Meter hoch und hielt unerwünschte Blicke ab. Bosch erkannte die Hecke von den Bildern wieder, die er in Charlottes Website gesehen hatte.
    Er schloß das Fenster. Regen machte ihn immer traurig. Und das konnte er heute nicht brauchen. Ihm spukte bereits der Geist Frankie Sheehans im Kopf herum, er hatte eine kaputte Ehe, über die nachzudenken er keine Zeit hatte, und schließlich verfolgten ihn auch noch die Gedanken an das kleine Mädchen mit dem verlorenen Blick.
    Er nahm eine Hand aus der Tasche, um die Tür des Kleiderschranks zu öffnen. Die Sachen des Mädchens waren noch da. Bunte Kleider auf weißen Plastikbügeln. Er sah sie durch, bis er das weiße Kleid mit den Signalwimpeln fand. Auch daran erinnerte er sich von der Website.
    Er kehrte auf den Gang zurück und sah in die anderen Zimmer. In einem Raum, der nach einem Gästezimmer aussah, erkannte Bosch den Raum von den Fotos im Internet wieder. Hier war Stacey Kincaid mißbraucht und dabei gefilmt worden. Bosch blieb nicht lange. Weiter den Gang hinunter waren ein Bad, das Elternschlafzimmer und ein Schlafzimmer, das als Bibliothek und Arbeitszimmer gedient hatte.
    Bosch kehrte ins Wohnzimmer zurück. Kate Kincaid erweckte nicht den Eindruck, als hätte sie sich bewegt. Er nahm seinen Aktenkoffer hoch und ging zu ihr in den Raum.
    »Ich bin vom Regen ein wenig naß, Mrs. Kincaid. Darf ich mich trotzdem setzen?«
    »Sicher. Und Sie wollten doch Kate zu mir sagen.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich es, glaube ich, vorerst lieber noch bei einem förmlicheren Mrs. Kincaid belassen.«
    »Ganz wie Sie meinen, Detective.«
    Er war wütend auf sie, wütend auf das, was in diesem Haus passiert war und wie das Geheimnis weggesperrt worden war. Er hatte auf seinem Rundgang genug gesehen, um bestätigt zu finden, wovon Kizmin Rider schon am Abend zuvor felsenfest überzeugt gewesen war.
    Er setzte sich auf einen der abgedeckten Sessel gegenüber der Couch und legte den Aktenkoffer auf seine Knie. Er öffnete ihn so, daß Kate Kincaid von da, wo sie saß, nicht hineinsehen konnte, und begann darin zu kramen.
    »Haben Sie etwas Interessantes in Staceys Zimmer gefunden?«
    Bosch hielt inne und sah sie über den Aktenkoffer hinweg kurz an.
    »Eigentlich nicht. Ich wollte mir nur einen Eindruck von dem Raum verschaffen. Er wurde vermutlich gründlich durchsucht, so daß es dort für mich schwerlich noch etwas zu finden gäbe. Mochte Stacey den Pool?«
    Er machte sich wieder in seinem Aktenkoffer zu schaffen, während Mrs. Kincaid ihm erzählte, was für eine gute Schwimmerin ihre Tochter gewesen war. Eigentlich tat Bosch gar nichts. Er spielte nur eine Rolle, die er schon den ganzen Morgen in Gedanken einstudiert hatte.
    »Sie konnte hochkommen und noch mal runtertauchen, ohne Luft holen zu müssen«, sagte Kate Kincaid.
    Bosch schloß den Aktenkoffer und sah sie an. Die Erinnerung an ihre Tochter brachte ein Lächeln auf ihre Lippen. Auch Bosch lächelte, aber ohne Wärme.
    »Mrs. Kincaid, wie schreibt man Unschuld?«
    »Wie bitte?«
    »Das Wort. Unschuld. Wie schreiben Sie es?«
    »Soll das etwas mit Stacey zu tun haben? Das verstehe ich nicht. Warum wollen Sie –«
    »Tun Sie mir doch diesen kleinen Gefallen. Bitte. Buchstabieren Sie das Wort.«
    »Ich war in Rechtschreibung noch nie sehr gut. Wegen Stacey hatte ich immer ein Wörterbuch in der Handtasche, wenn sie mich mal nach einem Wort fragte. Sie wissen schon, eins dieser kleinen, die –«
    »Bitte. Versuchen Sie es.«
    Sie dachte nach. Die Hilflosigkeit war ihr deutlich anzusehen.
    »U-n-s-c-h, ich weiß, es wird mit s-c-h geschrieben, u-l-t.«
    Sie sah ihn an und zog fragend die Augenbrauen hoch. Bosch schüttelte den Kopf und öffnete seinen Aktenkoffer wieder.
    »Fast. Aber mit einem weichen D am Ende.«
    »Sehen Sie? Ich hab’s Ihnen doch gesagt.«
    Sie lächelte ihn an. Er nahm etwas aus dem Aktenkoffer, klappte ihn wieder zu und stellte ihn auf den Boden. Dann stand er auf und ging zur Couch. Er reichte ihr eine Sichthülle. Darin war einer der anonymen Briefe, die sie Howard Elias geschickt hatte.
    »Sehen Sie sich das mal an«, sagte er. »Hier haben Sie es auch falsch geschrieben.«
    Sie starrte lange auf den Brief und holte dann tief Luft. Sie sprach, ohne zu Bosch aufzublicken.
    »Wahrscheinlich hätte ich in meinem kleinen Wörterbuch nachsehen sollen. Aber ich hatte

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