Schwarze Engel
–«
»Tut mir leid. Das habe ich ganz vergessen.«
Bosch stellte seinen Aktenkoffer auf den Schreibtisch und öffnete ihn. Er nahm die Beweismitteltüten mit der Brieftasche und der Uhr heraus.
»Ich hatte die Sachen bereits eingesteckt, als Sie heute morgen angerückt sind. Ich dachte nicht mehr daran und ging einfach mit den Sachen weg. Möchten Sie, daß ich alles dahin zurücklege, wo ich es gefunden habe?«
»Nein. Ich will nur eine Erklärung. Und ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen die, die Sie mir gerade gegeben haben, abnehme.«
Darauf sahen sie sich eine Weile schweigend an.
»War das alles, worüber Sie mit mir sprechen wollten?« fragte Bosch schließlich.
Sie wandte sich wieder dem Schreibtisch und der Akte zu, die sie durchgesehen hatte.
»Ich dachte, unser Verhältnis wäre besser.«
»Hören Sie.« Bosch klappte den Aktenkoffer zu. »Sie haben Ihre Geheimnisse. Da müssen Sie mir auch meine lassen. Das Ganze läuft darauf hinaus, daß Howard Elias nicht beraubt wurde. Wir machen also auf dieser Basis weiter. Okay?«
»Wenn Sie damit sagen wollen, an diesem Ermittlungsverfahren waren Leute beteiligt, die Beweismaterial zu manipulieren versucht haben, dann –«
»Ich sage gar nichts.«
Er sah Ärger in ihren Augen aufleuchten.
»So jemand hat bei der Polizei nichts zu suchen. Das wissen Sie ganz genau.«
»Diesen Strauß sollten wir vielleicht lieber bei einer anderen Gelegenheit ausfechten. Ich habe im Moment Wichtigeres –«
»Sie wissen, es gibt Leute, die denken, es gibt nichts Wichtigeres als eine Polizei, bei der die Integrität ihrer Mitglieder außer Frage steht.«
»Hört sich an, als hielten Sie eine Pressekonferenz ab, Inspector. Ich werde jetzt diese Akten mitnehmen. Die nächste Ladung hole ich später.«
Er machte sich daran, ins Vorzimmer zurückzukehren.
»Ich dachte nur, Sie wären anders«, sagte sie. »Mehr nicht.«
Er blickte sich zu ihr um.
»Sie können nicht wissen, ob ich anders bin, weil Sie absolut nichts über mich wissen. Wir unterhalten uns später.«
»Da fehlt noch etwas.«
Bosch blieb stehen und drehte sich um.
»Was?«
»Howard Elias machte sich über alles Notizen. Er hatte ständig einen kleinen Spiralblock einstecken oder auf seinem Schreibtisch liegen. Sein letzter Notizblock fehlt. Wissen Sie, wo er ist?«
Bosch ging an den Schreibtisch zurück, öffnete seinen Aktenkoffer, nahm das Notizbuch heraus und warf es auf den Schreibtisch.
»Sie werden mir zwar nicht glauben, aber ich hatte es ebenfalls bereits eingesteckt, als Sie angerückt sind und uns rausgeworfen haben.«
»Ich glaube Ihnen durchaus. Haben Sie es gelesen?«
»Teile davon. Ebenfalls, bevor Sie aufgetaucht sind.«
Sie sah ihn kurz an.
»Ich werde es durchsehen, und wenn es in Ordnung ist, bekommen Sie es heute noch zurück. Danke, daß Sie es zurückgegeben haben.«
»Bitte.«
Bis Bosch ins Philippe’s the Original kam, hatten die anderen bereits mit dem Essen begonnen. Sie saßen an einem der langen Tische im Hinterzimmer, wo sie unter sich waren. Er beschloß, erst das Dienstliche zu erledigen, bevor er sich in einer der Schlangen vor der Theke anstellte, um sich etwas zu holen.
»Wie ging’s?« fragte Rider, als er über die Bank stieg und sich neben sie setzte.
»Also, ich glaube, ich war eindeutig ein bißchen zu blaß für Irvings Geschmack.«
»Das kann er sich an den Hut stecken«, brummte Edgar. »Für so einen Scheiß gebe ich mich nicht her.«
»Ich auch nicht«, sagte Rider.
»Wovon reden Sie eigentlich?« wollte Chastain wissen.
»Rassenbeziehungen«, sagte Rider. »Typisch, daß Sie das nicht schnallen.«
»Hey, ich –«
»Schon gut«, ging Bosch dazwischen. »Sprechen wir über den Fall, ja? Sie fangen an, Chastain. Sind Sie mit dem Wohnhaus fertig?«
»Ja, wir sind fertig. Nichts.«
»Außer daß wir was über die Frau rausgefunden haben«, sagte Fuentes.
»Ach ja, stimmt.«
»Welche Frau?«
»Das andere Opfer. Catalina Perez. Augenblick.«
Chastain nahm einen Block von der Bank. Er blätterte auf die zweite Seite und überflog die Notizen.
»Apartment neun-null-neun. Perez hat dort saubergemacht. Jeden Freitagabend. Von dort ist sie also gekommen.«
»Aber sie fuhr doch hoch«, sagte Bosch. »Hat sie nicht bis elf gearbeitet?«
»Nein, das ist es ja. Sie arbeitet immer von sechs bis halb elf, dann fährt sie mit Angels Flight zur Bushaltestelle runter und nimmt den Bus nach Hause. Nur muß sie diesmal auf der Fahrt nach unten in
Weitere Kostenlose Bücher