Schwarze Engel
ein Mörder zu sein, der nur deshalb freigesprochen worden war, weil es ein raffinierter Strafverteidiger verstanden hatte, die Geschworenen an der Nase herumzuführen.
»Scheiße«, zischte er.
Bosch trat auf die Sitzgruppe zu und setzte sich auf die Ecke des Couchtischs, um Harris ganz nahe zu sein.
»Denken Sie scharf nach«, sagte er. »Sie waren viel mit ihm zusammen. Wer könnte es gewesen sein?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte Harris, in die Defensive gedrängt. »Warum fragen Sie nicht Pelfry, Mann?«
»Wer ist Pelfry?«
»Pelfry ist sein Laufbursche. Sein Ermittler.«
»Wissen Sie seinen vollständigen Namen?«
»Irgendwas wie Jenks, glaube ich. Oder so ähnlich.«
»Jenks?«
»Ja, Jenks. So hat Howard ihn genannt.«
Bosch spürte, wie ihn ein Finger in die Schulter pikte. Als er sich umdrehte, bedachte ihn Entrenkin mit einem Blick, der ihm zu verstehen gab, daß sie wußte, wer Pelfry war, und daß er dieser Frage nicht weiter nachzugehen brauchte. Er stand auf und sah auf Harris hinab.
»Sind Sie gestern abend, nachdem Sie sich von Elias getrennt haben, gleich hierhergekommen?«
»Ja, sicher. Warum?«
»War jemand hier bei Ihnen? Haben Sie jemanden angerufen?«
»Was soll der Scheiß? Sie wollen mir wohl schon wieder was anhängen.«
»Das ist eine reine Routineüberprüfung. Kein Grund zur Aufregung. Wir fragen jeden, wo er gewesen ist. Wo waren Sie?«
»Ich war hier, Mann. Ich war fix und fertig. Ich bin nach Hause gekommen und gleich ins Bett gegangen. Hier war niemand.«
»Okay. Was dagegen, wenn ich mir kurz Ihre Pistole ansehe?«
»Meine Fresse, ich hätte mir doch denken können, daß Sie nicht okay sind. Verdammte Scheiße.«
Er zog die Waffe aus dem Spalt des Sessels und reichte sie Bosch. Bosch behielt Harris scharf im Auge, bis die Waffe sicher in seiner Hand war. Dann untersuchte er sie und roch am Lauf. Er roch weder Öl noch verbranntes Schießpulver. Er ließ das Magazin herausschnappen und pulte die oberste Kugel heraus. Es war eine Federal, ein Stahlmantelgeschoß. Eine sehr weit verbreitete Munitionssorte und -marke, wußte Bosch, und möglicherweise dieselbe Marke, die bei den Angels-Flight-Morden verwendet worden war. Aber das würden sie erst nach den Autopsien erfahren. Er sah wieder auf Harris hinab.
»Sie wurden bereits einmal wegen einer Straftat verurteilt, Mr. Harris. Ist Ihnen klar, daß Sie sich mit dem Besitz dieser Waffe strafbar machen?«
»Nicht in meiner Wohnung, Mann. Ich brauche Schutz.«
»Tut mir leid, auch hier. Dafür könnten Sie wieder hinter Gitter kommen.«
Harris grinste ihn an. Bosch konnte sehen, daß er einen goldenen Schneidezahn mit einem eingravierten Stern hatte.
»Dann buchten Sie mich doch ein, Mann.«
Er hob die Arme, hielt ihm die Handgelenke hin, damit er ihm Handschellen anlegen konnte.
»Buchten Sie mich doch ein, wenn Sie diese Scheißstadt brennen sehen wollen, die ganze Scheißstadt!«
»Nein. Nachdem Sie uns eben geholfen haben, wollte ich eigentlich ein gutes Wort für Sie einlegen. Aber die Waffe muß ich leider einbehalten. Ich würde mich eines Verbrechens schuldig machen, wenn ich sie Ihnen ließe.«
»Bitte, wenn Sie meinen, Chet. Ich kann mir aus meinem Wagen jederzeit eine neue holen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Er sagte Chet genauso, wie manche Weißen das Wort Nigger sagen.
»Klar weiß ich, was Sie meinen.«
Sie warteten schweigend auf den Lift. Sobald sie die Kabine betreten hatten und nach unten fuhren, sagte Entrenkin: »Paßt die Waffe?«
»Es ist der gleiche Typ. Die Munition könnte die gleiche sein. Wir werden sie im Labor überprüfen lassen, aber ich bezweifle, daß er sie behalten hätte, wenn er Elias damit umgebracht hätte. So blöd ist er auch wieder nicht.«
»Was ist mit seinem Wagen? Er sagte, er könnte alles, was er bräuchte, aus seinem Wagen bekommen.«
»Damit hat er nicht sein Auto gemeint, sondern seine Clique. Seine Leute. Zusammen sind sie ein Wagen, gemeinsam fahren sie wohin. Diese Wendung stammt aus den Bezirksgefängnissen. Acht Mann in einer Zelle. Sie sagen Wagen dazu. Was ist mit Pelfry? Kennen Sie ihn?«
»Jenkins Pelfry. Er ist Privatdetektiv. Selbständig. Ich glaube, er hat sein Büro im Union Law Center in der Downtown. Viele Bürgerrechtsanwälte lassen ihn für sich arbeiten. Howard hat ihn für diesen Fall engagiert.«
»Dann müssen wir mit ihm reden. Danke auch, daß Sie es uns gesagt haben.«
In Boschs Stimme schwang Verärgerung
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