Schwarze Engel
gegangen.«
»Hat er was von irgendwelchen Drohungen erzählt? Hatte er vor jemandem Angst?«
»Der und Angst? Daß ich nicht lache! Obwohl er wußte, daß er nicht mehr lang zu leben hatte.«
»Wie meinen Sie das?«
»Na, die Polizei meine ich damit, wen denn sonst? Er wußte, eines Tages machen sie ihn fertig. Und jetzt hat es ihn erwischt. Auf mich haben sie es bestimmt auch abgesehen. Darum setze ich mich auch ab, sobald ich meine Kohle kriege. Ihr Bullen könnt mich alle mal. Und das ist alles, was ich zu sagen habe, Chet.«
»Warum nennen Sie mich so?«
»Weil das ist, was Sie sind. Sie sind ein Chet, Chet.«
Harris’ Lächeln war eine Herausforderung. Bosch hielt seinem Blick einen Moment stand, dann wandte er sich Entrenkin zu und nickte. Jetzt übernahm sie.
»Michael, wissen Sie, wer ich bin?«
»Klar, ich habe Sie im Fernsehen gesehen. Genau wie Mr. Elias. Ich weiß, wer Sie sind.«
»Dann wissen Sie auch, daß ich keine Polizistin bin. Meine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, daß die Polizisten in dieser Stadt ehrlich sind und ihre Arbeit so tun, wie sie sollten.«
Harris lachte leise.
»Da haben Sie ja einiges zu tun.«
»Ich weiß, Michael. Aber ich bin aus dem Grund hier, um Ihnen zu sagen, daß ich für richtig halte, was diese drei Detectives vorhaben. Sie wollen die Person finden, die Howard Elias umgebracht hat, egal, ob es ein Cop war oder nicht. Und ich will ihnen dabei helfen. Auch Sie sollten uns helfen. Das sind Sie Howard schuldig. Würden Sie uns also bitte ein paar Fragen beantworten?«
Harris blickte sich im Raum um und sah dann auf die Waffe in seiner Hand. Es war eine 9 mm Smith & Wesson mit Mattlackierung. Bosch fragte sich, ob Harris auch dann damit vor ihnen herumfuchteln würde, wenn er wüßte, daß die Mordwaffe auch Kaliber 9 mm hatte. Harris steckte die Waffe in den Spalt zwischen Sitzpolster und Sessellehne.
»Okay, meinetwegen. Aber nicht mit Chet. Mit weißen Cops oder Onkel Toms rede ich nicht. Fragen Sie mich.«
Entrenkin sah Bosch an, dann wieder Harris.
»Michael, ich möchte, daß Ihnen die Detectives die Fragen stellen. Davon verstehen sie mehr als ich. Ich glaube, Sie können ihnen bedenkenlos antworten.«
Harris schüttelte den Kopf.
»Sie verstehen nicht, Lady. Warum sollte ich diesen Säcken helfen? Diese Schweine haben mich ohne jeden Grund gefoltert. Dem L-A-P-D habe ich es zu verdanken, daß ich zu vierzig Prozent mein Gehör verloren habe. Mit denen cop-eriere ich nicht. Also, wenn Sie eine Frage haben, dann stellen Sie sie.«
»Okay, Michael, wenn Sie meinen«, sagte Entrenkin. »Erzählen Sie mir, was gestern abend war. Woran haben Sie und Howard gearbeitet?«
»An meiner Aussage. Und ich kann Ihnen sagen, sie wird mir eine Menge Geld einbringen, denn das LAPD soll ruhig ordentlich dafür blechen, daß sie mir diese Sache anhängen wollten und mich dann auch noch fertiggemacht haben. Dafür sollen sie bluten.«
Bosch übernahm die Vernehmung, als hätte Harris nie gesagt, daß er nicht mit ihm sprechen würde. »Hat Ihnen das Howard erzählt?«
»Klar hat er das, Mr. Chet.«
»Hat er gesagt, er kann beweisen, daß Ihnen das Ganze angehängt werden sollte?«
»Ja, weil er wußte, wer dieses kleine weiße Mädchen wirklich umgebracht hat und dann ihre Leiche auf diesem Grundstück in der Nähe meiner Wohnung abgeladen hat. Das war nicht ich. Er wollte am Montag vor Gericht gehen und mich total realibitieren und mir zu meinem Geld verhel fen, das wollte Howard.«
Bosch wartete einen Moment. Von der nächsten Frage und Antwort hing alles ab.
»Wer?«
»Was wer?«
»Wer hat den Mord in Wirklichkeit begangen? Hat er Ihnen das gesagt?«
»Nein. Er meinte, das bräuchte ich nicht zu wissen. Meinte, so ’ne Scheiße zu wissen wäre nicht ganz ungefährlich. Aber wetten, es steht in seinen Akten! Dieses Schwein kommt nicht noch mal ungeschoren davon.«
Bosch sah Entrenkin an.
»Michael, ich habe den ganzen Tag mit der Durchsicht der Akten verbracht. Ja, es gab Hinweise darauf, daß Howard wußte, wer Stacey Kincaid ermordet hat, aber namentlich wurde der Täter nirgendwo genannt. Sind Sie sicher, er hat Ihnen gegenüber nie einen Namen erwähnt oder Ihnen sonst einen Hinweis gegeben, wer diese Person ist?«
Vorübergehend war Harris geschockt. Offensichtlich war ihm klargeworden, daß seine Chancen nicht mehr ganz so gut standen, wenn Elias den Namen des Mörders mit ins Grab genommen hatte. Dann bliebe er immer mit dem Stigma behaftet,
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