Schwarze Engel
Ihnen wegen Howard Elias ein paar Fragen stellen, das ist alles.«
Falls Harris etwas zu ihr sagte, hörte es Bosch nicht. Der Türöffner summte, und Edgar zog die Tür auf. Entrenkin hängte den Hörer auf, und alle gingen nach drinnen.
»Der Kerl ist ein Verbrecher«, sagte Edgar. »Ich verstehe nicht, warum wir ihn wie einen Heiligen behandeln sollen.«
Jetzt bedachte Entrenkin Edgar mit einem tadelnden Blick.
»So werden Sie ihn aber behandeln, Detective Edgar.«
Edgar war durch ihren Ton genügend eingeschüchtert.
Als Harris die Tür seines Apartments im dritten Stock öffnete, hatte er eine Waffe in der Hand.
»Also, das hier ist meine Wohnung«, verkündete er. »Nicht, daß ich jemand bedrohen will, aber ich brauche diese Waffe zu meinem persönlichen Schutz. Sonst kommen Sie mir hier nicht rein, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Bosch sah die anderen an, bekam nichts gesendet, und sah wieder Harris an. Er versuchte seine Wut zu bezähmen. Trotz allem, was ihm Entrenkin vorhin gesagt hatte, bestanden für ihn kaum Zweifel, daß Harris der Mörder eines kleinen Mädchens war. Aber er wußte, im Moment zählte nur das laufende Ermittlungsverfahren. Um aus dem Mann herauszubekommen, was er wußte, mußte er seinen Widerwillen gegen ihn hinunterschlucken.
»Meinetwegen«, sagte er. »Aber Sie behalten die Waffe schön unten und an Ihrer Seite. Sobald Sie das Ding auf einen von uns richten, gibt es Ärger. Sind wir uns da klar?«
»Und wie klar wir uns da sind.«
Harris trat zurück und deutete mit der Waffe auf das Wohnzimmer.
»Nicht vergessen«, sagte Bosch streng. »Das Schießeisen immer schön unten behalten.«
Harris ließ die Waffe an seiner Seite hinabsinken, und sie traten alle ein. Die Wohnung war mit gemieteten Möbeln eingerichtet – eine dick gepolsterte Couch und passende Sessel in Hellblau, einfache Tische und Regale in billigem Furnier. An den Wänden Drucke mit Landschaften, ein Wohnzimmerschrank mit einem Fernseher. Es liefen gerade Nachrichten.
»Bitte, nehmen Sie Platz.«
Harris setzte sich in einen der großen Sessel und rutschte so weit nach unten, daß die Lehne höher war als sein Kopf, was ihm den Anschein verlieh, als säße er auf einem Thron. Bosch ging zum Fernseher und schaltete ihn aus, dann stellte er alle Anwesenden vor und zeigte seine Dienstmarke.
»Typisch«, brummte Harris. »Das Kommando führt natürlich der Weiße.«
Bosch ignorierte die Bemerkung.
»Ich nehme an, Sie wissen, daß Howard Elias gestern nacht ermordet wurde?« begann er.
»Klar weiß ich es. Ich hocke hier schon den ganzen Tag rum und kriege nichts anderes zu sehen.«
»Warum haben Sie dann gesagt, Sie würden nicht ohne Ihren Anwalt mit uns reden, wenn Sie doch wußten, Ihr Anwalt ist tot?«
»Weil ich mehr als einen Anwalt habe, Sie Blödmann. Ich habe auch einen Strafverteidiger, und ich habe einen Anwalt zu meinem Privatvergnügen. Jedenfalls habe ich Anwälte, machen Sie sich da mal keine Sorgen. Und ich werde einen neuen kriegen, der Howies Platz einnimmt. Ich werde auch einen brauchen, Mann, vor allem, wenn sie in South Central ordentlich Zoff machen. Ich kriege meine eigenen Krawalle, genau wie Rodney. Ich komme noch ganz groß raus.«
Bosch hatte Mühe, Harris’ Gedankengang zu folgen, aber er verstand genug, um zu merken, daß Harris auf einem Machttrip war, der auf Kosten der Black Community, seiner eigenen Leute, ging.
»Also, dann lassen Sie uns über Ihren verstorbenen Anwalt sprechen, über Howard Elias. Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Gestern abend, aber das wissen Sie ja schon – habe ich recht, Chet?«
»Bis wann genau?«
»Bis wir zur Tür rausgegangen sind, verdammte Scheiße noch mal. Soll das ein Verhör sein, oder was, Mann?«
»Ich versuche nur herauszufinden, wer Elias umgebracht hat.«
»Sie natürlich! Wer denn sonst? Ihre Leute haben ihn gekillt.«
»Also, das ist zumindest eine Möglichkeit. Das ist, was wir herausfinden wollen.«
Harris lachte, als wäre vollkommen absurd, was Bosch gesagt hatte.
»Klar, Mann, sicher. Die gequirlte Scheiße können Sie sonst jemand erzählen.«
»Wann haben Sie sich getrennt? Sie und Howard Elias.«
»Als er zu sich nach Hause ist und ich zu mir.«
»Und das war wann?«
»Keine Ahnung, Chet. Viertel vor elf, elf vielleicht. Ich habe keine Uhr. Wenn ich wissen will, wie spät es ist, sagen es mir die Leute. In den Nachrichten hieß es, er wurde um elf abgeknallt, also sind wir Viertel vor
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