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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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die Zeit knapp wurde. Ich griff nach dem Kissenbezug mit der Metallsäge, trat in den Flur und machte hinter mir die Tür zu.
    Rechts von mir ging es in ein enges Treppenhaus. Die Treppe im Weinkeller führte wahrscheinlich in die Küche, aber wo es hier hinging, war mir völlig unklar.
    Wie jeder Boden und jede Treppenstufe im Haus war alles so makellos, als wäre es erst gestern fertiggestellt worden. Keinerlei Knarren verriet mich, während ich zum Erdgeschoss hinaufstieg. Von dort aus wollte ich weiter nach oben, wo der Junge eingesperrt war.
    Als ich das Erdgeschoss jedoch erreicht hatte, hörte ich über mir schwere Schritte. Erschrocken öffnete ich die Tür des Treppenhauses, schlüpfte hinaus und flitzte durch die riesige Diele zu einer anderen Tür, durch die ich wahrscheinlich auf eine Wiese im Pleistozän gelangte, wo eine Mastodonherde darauf wartete, mich zu Mus zu zerstampfen.
    Es war eine Garderobe.
    Nach deren Größe zu urteilen – an den Stangen hingen Kleiderbügel für mindestens zweihundert Mäntel – hatte Constantine Cloyce vorgehabt, Roseland zu dem gesellschaftlichen Treffpunkt der Gegend zu machen. Anfangs war das vielleicht auch so gewesen, aber wohl nicht sehr lange.
    Draußen in der Diele wurde eine Tür so heftig aufgestoßen, dass ich hörte, wie sie an den Stopper krachte. Schritte klatschten auf den Marmorboden.
    Eine zweite Tür ging fast so gewaltsam auf wie die erste, ich hörte weitere Schritte und die Stimme von Mrs. Tameed: »Im Obergeschoss riecht es nach Ozon.«
    Die Stimme von Paulie Sempiterno, der offenbar durch die Vordertür hereingestürmt war, erwiderte: »Das hab ich schon gerochen, als ich ein Stück weit weg war.«
    »Dann ist es nicht lokalisiert.«
    »Das wissen wir noch nicht mit Sicherheit.«
    » Ich schon«, erklärte Mrs. Tameed.
    »Vielleicht sind es bloß ein paar Wellen.«
    »Nein, es ist endlich die volle Flut«, sagte Mrs. Tameed und würzte diese Bemerkung noch mit einem Kraftausdruck, den ich lieber nicht wiedergebe.
    »Aber die haben wir schon Jahre nicht mehr gehabt«, sagte Sempiterno.
    Plötzlich roch auch ich Ozon.
    Die zwei in der Diele rochen es offensichtlich ebenfalls, denn sie blafften mehrere Schimpfwörter, wobei sie sich nach jedem abwechselten, als ginge es um einen Wettbewerb im Fluchen.
    Die Schritte der beiden entfernten sich im Dauerlauf, scheinbar in unterschiedliche Richtungen. Diesmal flog keine Tür krachend auf oder zu.
    Was mit der vollen Flut gemeint war, wusste ich nicht, da wir mindestens eine Meile vom Ozean entfernt waren. Aber egal, was es bedeutete, der Versuch, sich davor in einer Garderobe zu verstecken, war wahrscheinlich ein tödlicher Fehler.
    Nachdem ich eine halbe Minute gewartet hatte, bis die Luft rein war, wagte ich mich in die Diele. Rasch ging ich weiter zur Vordertür, um durch das schmale Fenster daneben zu spähen und festzustellen, ob Sempiterno da draußen lauerte. Das tat er nicht.
    Während ich noch überlegte, ob ich mich wieder ins Treppenhaus wagen sollte, dessen Tür offen stand, hörte ich hastige Schritte herunterkommen. »Carlo! Rasch, Carlo!«, brüllte die Stimme von Mrs. Tameed, hörbar in Panik.
    Ein offener Türbogen trennte die Diele vom Salon, aus dessen entferntem Teil sich Sempiternos Stimme meldete, momentan – aber nicht mehr lange – außer Sicht: »Hier, hier! Ich komme!«
    Carlo?
    In der erotischen Komödie eines britischen Stückeschreibers hätte sich eine urkomische Szene abgespielt, wenn wir allesamt in der Diele aufeinandergetroffen wären. Die entsetzten Stimmen der beiden ließen jedoch ahnen, dass gleich etwas Bedeutsames geschah. Etwas, das mir mehr über Roseland verraten würde, als ich bisher erfahren hatte, und definitiv mehr, als ich wissen durfte.
    Ich beschloss, nicht bis zum Ende dieses Akts zu bleiben, trat ins Freie und zog die Tür hinter mir zu.
    Unter dem Säulenvorbau des Hauses stand auf dem Fahrweg, der hier einen Ring bildete, das geländegängige Gartenmobil mit den breiten Reifen, mit dem Paulie Sempiterno draußen unterwegs war.
    Ich schlenderte zu dem Fahrzeug, nicht um es zu kapern, sondern um so zu tun, als würde ich es bewundern, falls Sempiterno aus dem Haus gestürzt kam. Daraus schloss er hoffentlich, dass ich nicht gerade eben im Haus gewesen war und mitbekommen hatte, was er und Mrs. Tameed sich zugerufen hatten.
    Der Ozongeruch war nicht stark genug, um in der Nase zu brennen. Ich wusste jedoch nur zu gut, was ihm bisher gefolgt

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