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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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am Ellbogen und führte sie durch die Seitengasse und dann über die Washington Avenue zum Thunderbird. Er öffnete ihr die Tür, und sie stiegen ein.
    »Also.« Er nickte. »Sie haben mit Rachel zusammen Drogen genommen?«
    »Wir haben auch jede Menge andere Dinge miteinander getan.« Sie hatte jetzt wieder diesen trotzigen Gesichtsausdruck.
    »Sie haben den Stoff besorgt.«
    Sie nickte. »Ich habe versucht, ihr klarzumachen, daß entweder ich ihr den Stoff besorge oder irgendein dreckiger Ganove, der sie abzockt. Es lag zuviel bösartiges Karma in der Luft.«
    »Sie hat zuviel von dem Zeug genommen, Gideon. Und das könnte sie jetzt das Leben kosten.«
    »Sehen Sie, ich Jesus, sie war süchtig. Aber ich habe den Stoff persönlich ausgesucht, den wir zusammen genommen haben.«
    »Diesmal haben sie Mist gebaut.«
    Sie zeigte mit dem Zeigefinger auf ihn. »Sie haben immer noch diese Einstellung, oder?«
    »Was für eine Einstellung?«
    »Daß ich Ihre reine kleine unschuldige Nichte verdorben hätte.«
    Sie saßen da und starrten sich aus nächster Nähe an, beide angespannt. Wir sind wie wilde Hunde, die aufeinander losgehen wollen, dachte er verzweifelt. Was stimmt hier nicht?
    Und dann begriff er, was los war. In diesem Kleinkrieg ging es beiden Seiten um dasselbe um Rachel.
    »Hören Sie, Gideon. Ich sorge mich um Rachel und weiß, daß das bei Ihnen genauso ist. Ich bin sicher, daß sie ihr helfen wollen.«
    »Sie haben keine Ahnung, was ich will.«
    »Ich nehme an, sie werden von den gleichen Gefühlen getrieben, die alle berühren.« Er hatte das Falsche gesagt und wußte es, bevor er den Satz beendet hatte.
    Gideon imitierte den rauhen Klang eines Horns. »Brrr! Falsch, Onkel Bulle.« Ihr Tonfall hatte jetzt den etwas herablassenden Schwung des Moderators einer Game Show. »Und jetzt haben sie keine Fragen mehr parat, die sie der Ausgeflippten stellen können. Ihre Zeit ist abgelaufen, und sie sind ausgebrannt. Wir müssen sie bitten, daß sie verflucht noch mal aus unserem Gesichtskreis verschwinden.«
    »Gideon, ich brauche Ihre Hilfe. Ich weiß, daß Rachel irgendwo ein Tagebuch haben muß. Ich habe ihr Zimmer durchsucht und konnte es nicht finden.«
    Sie streckte die Hand aus und schaltete den Kassettenrekorder ein. Die nächste Trotzreaktion. »Was werden wir denn jetzt hören«, spottete sie. »Barry Manilow?« Aber als sie Nancy Sinatra ›These Boots Are Made For Walking‹ singen hörte, änderte sich ihr Gesichtsausdruck.
    Sie warf ihm schnell einen Blick zu und öffnete dann das Handschuhfach, aus dem ein Haufen Kassetten fielen: Everly Brothers, Ian & Dean, Irma Thomas, Leslie Gore, das komplette Euvre. Gideon sichtete die veritable Sammlung von Popmusik aus den sechziger Jahren, als befände sie sich in einer Schatzkammer.
    Dann blickte sie ihn plötzlich an, und als sie sprach, hatte ihre Stimme einen anderen Tonfall angenommen. »Stehen sie wirklich auf diese Musik?« Ein Anzeichen von Versöhnung.
    »Sie ist meine Leidenschaft.«
    »Bei mir ist es nicht anders.« Sie nickte. »Verdammt überraschend.«
    Ihr merkwürdiges und widerspenstiges Benehmen verschwand jetzt, und die wahre Persönlichkeit, die darunter verborgen gewesen war, kam zum Vorschein. In diesem Augenblick zerbrach Croakers Zorn wie Mondlicht auf dem Wasser. »Glauben sie mir, Gideon, ich finde nicht, daß sie total ausgeflippt sind.«
    »Jesus, ich wollte, ich könnte Ihnen glauben.«
    »Das kannst du.«
    Sie blickte auf die Kassetten hinab und ging sie der Reihe nach durch. »Ich hoffe es«, sagte sie endlich. »Wir stehen Rachel beide nahe.«
    Sie hatte also auch den Eindruck gehabt, daß sie wie wilde Tiere um ein Revier gekämpft hatten.
    »Warum sind sie dann vor mir weggelaufen?«
    »›He, Schwester, sie sind verhaftet.‹« Sie imitierte seine Stimme mit beinahe unheimlicher Perfektion. »Ich habe Ihren Gesichtsausdruck gesehen. In diesem Moment war ich angeklagt, vor Gericht gestellt und verurteilt. Sie wären nicht bereit gewesen, irgend jemandem zuzuhören schon gar nicht mir.«
    Croaker schwieg, weil sie recht hatte. Er war bereit und willens gewesen, sie ohne viel Aufhebens zu verdammen. Die langen Nächte, das Kokain, die Adrenalinstöße, der andersartige Sex. Er wußte, warum sich dieses ganze schmutzige Bild in seinem Geist geformt hatte. Weil sie lesbisch war. Er spürte in der Tiefe seiner Tasche die kleine Ausbeulung, die durch den roten Gummiball mit den Seidenbändern verursacht wurde. Sie war ein gutes

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