Schwarze Heimkehr
Quittung: Chemische Reinigung Jiffy Tyme. Sie befand sich am Biscayne Boulevard. Warum kam ihm das vertraut vor?
Croaker fuhr zusammen, weil er etwas gehört hatte ein leises Geräusch aus dem Wohnzimmer. Er schlich zur Wand des Schlafzimmers, um durch die offene Tür einen besseren Blick in den Flur zu haben.
Bis zur ersten Biegung war der Flur verwaist, und weiter reichte sein Blick nicht.
Er verließ das Schlafzimmer und ging durch den Flur. Direkt vor der Biegung hielt er inne.
»Ich kann sie nicht sehen«‚ sagte eine Stimme. »Aber ich sehe Ihren Schatten.«
Die Stimme klang vertraut.
Langsam und vorsichtig betrat Croaker das Wohnzimmer. Der schlanke Mann mit den bernsteinfarbenen Augen saß mit übereinander geschlagenen Beinen auf einem der weißen, gepolsterten Stühle.
»Ist wohl Schicksal, daß wir uns ständig über den Weg laufen, Antonio«, sagte Croaker.
»Und dann noch in den unpassendsten Augenblicken.« Bonitas Arme ruhten bequem auf den gepolsterten Lehnen. »Darf ich fragen, aus welchem Grund sie hier sind?«
Croaker beobachtete ihn mit gespannter Aufmerksamkeit. »Wollen sie damit sagen, daß sie das nicht wissen?«
»Ich will es aus Ihrem Mund hören.« Der Blick von Antonios bernsteinfarbenen Augen wanderte von den Fenstern zu den Gemälden an der Wand, dann zu dem perfekt gedeckten Eßtisch, bevor er wieder Croaker fixierte. »
Que hermosa tu b
o
ca!
« Was für einen wunderschönen Mund sie haben.
»Sie haben meine Frage nie beantworten, sagte Croaker.
Der schmale, attraktive Kopf bewegte sich nicht. »Welche Frage?«
»Es ging um Rosa. Sie haben mir erzählt, daß sie sie geliebt hätten, aber das ist unmöglich. Sie haben sie getötet und ihr den Kopf abgehauen, als wäre sie ein Tier gewesen.«
Der Mann mit den bernsteinfarbenen Augen schwieg lange, aber Croaker hatte den Eindruck, daß sich in seinem Inneren etwas zusammenbraute. Es war wie das Nachlassen der Spannung, das das Gehör in der Ruhe vor dem Ausbruch eines fürchterlichen Wirbelsturms wahrnimmt.
»Nein«, sagte Bonita ganz plötzlich. »Ich habe Rosa umgebracht.«
Er stand auf und kam langsam und lässig auf Croaker zu geschlendert. So erkennst du einen Mann, hatte Stone Tree Croaker einst erzählt. Er kann seinen Namen oder seine Identität ändern oder sich sogar einer Gesichtsoperation unterziehen, aber sein Gang wird ihn immer verraten. Genau wie die Fingerabdrücke einen Mann von einer Million anderer Männer unterscheiden. Der Gang eines Mannes verändert sich nie. Selbst wenn er sich ein Bein gebrochen hat, paßt sich sein Körper an, und die Besonderheiten seines ehemaligen Ganges kommen wieder zum Vorschein.
Es war nicht Antonio, sondern Heitor. Croaker kannte Antonios flüssigen, harmonischen Gang. Der Gang dieses Mannes war völlig anders - eckig und durch abgehackte, ungeduldige Bewegungen charakterisiert.
»Ich habe mich gefragt, was mein Bruder vor hatte«‚ sagte Heitor. »Es entspricht nicht seinem Stil, Anekdoten aus der Schulzeit zu erzählen, oder? Nein.« Er war so nah, daß Croaker seinen animalischen Geruch wahrnehmen konnte. Dieser Mann hatte vor den Schranken der Zivilisation keinerlei Respekt. »Und die Geschichte von Rosa Milagros’ Tod ist diejenige, die am allerwenigsten erzählt werden sollte.« Er sprach leise und schleppend, als hätte er Valium genommen. »Es beunruhigt mich zutiefst, daß er immer noch an Rosa denkt. Er hat erzählt, er habe sie geliebt. Und das Ihnen‚«
»Er hat mir erzählt, er sei verdammt«‚ sagte Croaker mit einiger Anstrengung. »Ich glaube, daß sie beide verdammt sind.« Er wandte sich um und ging durch das Wohnzimmer auf die Schiebetür zu. Durch das Glas sah er, wie sich das Sonnenlicht auf dem Wasser des Swimmingpools spiegelte. Er konnte gerade noch den Kopf des Plastikalligators sehen, der die Sorgen dieser Welt nicht kannte. Es war gut, daß er nicht wußte, daß die Sonne seine Plastikhaut mit jeder Minute mehr zerstörte. Die Luft würde nur allzu schnell aus seinem Körper weichen, und bald würde er in der Mülltonne enden.
Croaker spürte, daß Heitor direkt hinter ihm stand, und das war gut. Er wollte nicht, daß Bonita in die Nähe des Schlafzimmers kam.
»Einst habe ich geträumt, ich wäre verdammt«‚ sagte Heitor, als befänden sich Croaker und er mitten in einer Unterhaltung.
Croaker blieb vor der Schiebetür stehen und beobachtete Heitors Spiegelbild im Glas, während Bonita sprach.
»In diesem Traum schritt ich über
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